Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
Versorgungswagen, fütterte und tränkte das Pony des Truppführers und führte jede weitere garstige Aufgabe aus, die sich der Truppführer ausdenken konnte. Toede schlug ihn mindestens dreimal am Tag zu Boden, die Drakonier quälten ihn, und die Hobgoblins stahlen sein Essen. Selbst der Pferdehirsch trat nach ihm, sobald er vorbeitrottete. Der Gossenzwerg ertrug alles mit solch einem grimmigen Trotz, daß er die Sympathie der Gefährten gewann.
Sestun begann sich in der Nähe der Gefährten aufzuhalten, wenn er nicht beschäftigt war. Tanis, neugierig auf Informationen über Pax Tarkas, fragte ihn über seine Heimat aus und wie er dazu gekommen war, für den Truppführer zu arbeiten. Sestun brauchte für die Geschichte einen ganzen Tag, und die Gefährten brauchten einen weiteren Tag, um die Teile zusammenzusetzen, da er in der Mitte angefangen und mit dem Anfang geendet hatte.
Aber seine Geschichte stellte keine große Hilfe dar. Sestun lebte mit einer großen Gruppe von Gossenzwergen in den Bergen um Pax Tarkas, als Lord Verminaard und seine Drakonier
die Eisenerzminen erobert hatten, die er für die Herstellung der Waffen für seine Truppen brauchte.
»Großes Feuer – jeden Tag, jede Nacht. Schlechter Geruch.« Sestun zog die Nase kraus. »Auf Stein hämmern. Jeden Tag, jede Nacht. Ich habe guten Job in Küche« – sein Gesicht erhellte sich einen Moment – »mache heiße Suppe. Sehr heiß.« Sein Gesicht verdunkelte sich. »Suppe verschüttet. Heiße Suppe ganz schnell Rüstung erhitzt. Lord Verminaard schläft auf Rücken eine Woche.« Er seufzte.»Ich gehe mit Truppführer. Ich Freiwilliger.«
»Vielleicht können wir die Minen stillegen«, schlug Caramon vor.
»Das ist ein Gedanke«, sinnierte Tanis. »Wie viele Drakonier bewachen die Minen?«
»Zwei!« sagte Sestun und hob zehn schmutzige Finger.
Tanis seufzte und erinnerte sich, daß sie schon einmal so etwas gehört hatten.
Sestun sah hoffnungsvoll zu ihm hoch. »Es sind auch nur zwei Drachen da.«
»Zwei Drachen!« fragte Tanis ungläubig.
»Nicht mehr als zwei.«
Caramon stöhnte und setzte sich zurück. Der Krieger hatte sich seit Xak Tsaroth ernsthafte Gedanken über das Bekämpfen von Drachen gemacht. Er und Sturm waren jeder Legende über Huma nachgegangen, den einzigen bekannten Drachenkämpfer, an den sich der Ritter erinnern konnte. Unglücklicherweise hatte niemand die Legenden von Huma zuvor ernst genommen (außer den solamnischen Rittern, die dafür verspottet wurden), und viele Geschichten über Huma waren im Laufe der Zeit verzerrt worden oder in Vergessenheit gera-ten.
»Ein Ritter der Wahrheit und der Macht, der die Götter angefleht und die mächtige Drachenlanze geschmiedet hat«, murmelte Caramon jetzt und blickte zu Sturm, der auf dem strohbedeckten Boden ihres Gefängnisses schlief.
»Drachenlanze?« murmelte Fizban, der mit einem Schnarchen
erwachte. »Drachenlanze? Wer sagte etwas über die Drachenlanze?«
»Mein Bruder«, wisperte Raistlin und lächelte bitter. »Er zitiert das Hohelied. Anscheinend haben er und der Ritter eine plötzliche Vorliebe für Kindergeschichten, von denen sie nun verfolgt werden.«
»Gute Geschichte, Huma und die Drachenlanze«, sagte der alte Mann und strich über seinen Bart.
»Geschichte – ja, vielleicht ist es das.« Caramon gähnte und kratzte sich an der Brust. »Wer weiß, ob es stimmt, ob es die Drachenlanze wirklich gab, ob Huma überhaupt gelebt hat.«
»Wir wissen, daß es Drachen gibt«, murmelte Raistlin.
»Huma hat gelebt«, sagte Fizban leise. »Und die Drachenlanze gab es auch.« Das Gesicht des alten Mannes wurde traurig.
»Was?« Caramon setzte sich auf. »Kannst du sie beschreiben?«
»Natürlich!« Fizban zog verächtlich die Nase hoch.
Nun hörten alle zu. Fizban war in der Tat ein wenig verwirrt über seine Zuhörerschaft.
»Es war eine Waffe ähnlich der – nein, das stimmt nicht.Tatsächlich war sie – nein, auch nicht. Sie war eher... fast ein... eher eine – Lanze, genau! Eine Lanze!« Er nickte ernsthaft. »Und ganz gut gegen Drachen.«
»Ich mache ein Nickerchen«, knurrte Caramon.
Tanis lächelte und schüttelte den Kopf. Er lehnte sich gegen die Stangen und schloß erschöpft seine Augen. Bald waren alle außer Raistlin und Tolpan in einen unruhigen Schlaf gefallen. Der Kender, hellwach und gelangweilt, blickte hoffnungsvoll zu Raistlin. Manchmal, wenn Raistlin gute Laune hatte, erzählte er Geschichten über Magier. Aber der Magier
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