Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
ein winziger Regentropfen in das fürchterliche Schweigen fiel, »daß wir nicht uns, sondern die Drachen bekämpfen sollen.«
Keiner rührte sich. Keiner sprach. Dann gab es einen Aufprall.
Gnosch war ohnmächtig geworden.
Das Schweigen brach – fast so zerschmetternd wie das Zerspringen der Kugel. Fürst Gunther und die Stimme stürzten gleichzeitig auf Tolpan zu. Einer hielt den Kender an der linken, der andere an der rechten Schulter fest.
»Was hast du getan?« Fürst Gunthers Gesicht war aschgrau, seine Augen wild, als er den Kender mit zitternden Händen ergriff.
»Du hast den Tod über uns gebracht!« Die Finger der Stimme gruben sich in Tolpans Fleisch wie die Klauen eines Raubvogels. »Du hast unsere einzige Hoffnung zerstört!«
»Und dafür wird er der erste sein, der stirbt!«
Porthios stand mit seinem glitzernden Schwert in der Hand über dem niedergekauerten Kender. Der Kender duckte sich zwischen dem Elfenkönig und dem Ritter, sein kleines Gesicht war blaß, seine Miene trotzig. Er hatte gewußt, daß für dieses Verbrechen der Tod die Strafe sein würde.
Tanis wird über mein Handeln unglücklich sein, dachte Tolpan traurig.Aber zumindest wird er erfahren, daß ich mutig gestorben bin.
»Nun, nun, nun...«, sagte eine verschlafene Stimme. »Niemand wird sterben! Zumindest nicht im Moment. Hör auf, mit dem Schwert herumzufuchteln, Porthios! Du könntest jemanden verletzen.«
Tolpan lugte zwischen den vielen Armen und den glänzenden Rüstungen hindurch und sah Fizban, der gähnend über den Körper des Gnomen stieg und auf sie zutrottete. Elfen und Menschen machten ihm den Weg frei, als ob eine unsichtbare Macht sie dazu zwingen würde.
Porthios wirbelte zu Fizban herum. Er war so wütend, daß ihm der Speichel über die Lippen lief und seine Worte kaum zu verstehen waren.
»Hüte dich, alter Mann, oder dir wird es genauso ergehen!« »Ich sagte, hör auf, mit dem Schwert herumzufuchteln«, schnappte Fizban wütend und deutete auf die Waffe.
Porthios ließ die Waffe mit einem wilden Schrei fallen. Er umklammerte seine brennende Hand und starrte erstaunt auf das Schwert – aus dem Knauf waren Dornen gewachsen! Fizban stellte sich neben den Elfenlord und musterte ihn wütend.
»Du bist ein feiner junger Mann, aber man hätte dich ein wenig mehr Respekt vor Älteren lehren sollen. Ich habe dir gesagt, daß du das Schwert weglegen sollst, und das war mein Ernst! Vielleicht glaubst du mir beim nächsten Mal!« Fizbans unheilvoller Blick wanderte zu der Stimme. »Und du, Solostaran, warst vor ungefähr zweihundert Jahren ein guter Mann. Hast es geschafft, drei feine Kinder aufzuziehen – ich sagte, drei feine Kinder. Erzähl mir nicht so einen Unsinn, daß du keine Tochter hast. Du hast eine, und sie ist ein gutes Mädchen. Mehr Verstand als ihr Vater. Muß nach ihrer Mutter kommen. Wo war ich stehengeblieben? O ja. Und du hast auch Tanis, den Halb-Elfen, großgezogen. Du weißt, Solostaran, mit diesen vier jungen Leuten könnten wir diese Welt noch retten.
Jetzt sollen sich alle hinsetzen. Ja, du auch, Fürst Gunther.
Komm schon, Solostaran, ich helfe dir. Wir alten Männer sollten zusammenhalten. Zu schade, daß du so ein verdammter Narr bist.«
In seinen Bart murmelnd, führte Fizban den erstaunten Elfen zu seinem Platz. Porthios, dessen Gesicht vor Schmerzen verzogen war, taumelte mit Hilfe seiner Krieger zu seinem Sitz.
Langsam setzten sich die versammelten Elfen und Ritter hin und murmelten vor sich hin – alle warfen düstere Blicke auf die zerschmetterte Kugel der Drachen, die neben dem Weißstein lag.
Fizban half der Stimme auf seinen Stuhl, warf Lord Quinath einen finsteren Blick zu, der gedacht hatte, etwas sagen zu müssen, aber dann schnell entschied, den Mund zu halten. Zufrieden ging der alte Magier zum Weißstein zurück, wo Tolpan benommen und verwirrt stand.
»Du«, Fizban sah den Kender an, als ob er ihn noch nie gesehen hätte, »gehst zu dem armen Burschen.« Er zeigte mit einer Hand zum Gnomen, der immer noch ohnmächtig war.
Mit zitternden Knien ging Tolpan langsam zu Gnosch, kniete sich neben ihn, erfreut, etwas anderes als diese wütenden Gesichter zu sehen.
»Gnosch«, flüsterte er schwach und streichelte den Gnomen an der Wange, »es tut mir leid. Wirklich. Ich meine, wegen deiner Lebensaufgabe und der Seele deines Vaters und alles.Aber es schien nichts anderes möglich zu sein.«
Fizban drehte sich langsam um und musterte die versammelte Gruppe,
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