Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6
Drachenfürsten Ariakus gefangengenommen.«
Gilthanas’ Fäuste ballen sich, sein Gesicht erblaßt vor Wut und Angst.
Lord Verminaard war nichts, absolut nichts im Vergleich zu Lord Ariakus. Die böse Macht dieses Mannes ist gewaltig! Und er ist genauso intelligent wie grausam, denn es ist seine Strategie, nach der die Drachenarmeen vorgehen, und die sie von Sieg zu Sieg geführt hat.
Das Leiden, das wir durch seine Hände erfuhren, kann ich nicht beschreiben. Ich glaube nicht, daß ich jemals erzählen kann, was sie uns angetan haben!«
Der Elfenlord zittert heftig. Silvara will eine Hand ausstrecken, um ihn zu trösten, aber er weicht aus und fährt fort.
»Schließlich half man uns zu entkommen. Wir befanden uns in Sanction, einer entsetzlichen Stadt, die in dem Tal gebaut wurde, das von Vulkanen gebildet wird – den Fürsten des Unheils. Dieses Gebirge erhebt sich überall, der widerliche Gestank verpestet die Luft. Die Gebäude sind neu und zweckmäßig, gebaut mit dem Blut von Sklaven. In die Gebirgsseite hinein wurde ein Tempel für Takisis, die Dunkle Königin, gebaut. Die Dracheneier werden tief im Herzen der Vulkane aufbewahrt. Dort, in diesem Tempel der Dunklen Königin, begannen Silvara und ich unseren Weg.
Kann ich den Tempel anders beschreiben, als daß es ein Gebäude der Dunkelheit und der Flammen ist? Hohe Säulen, aus dem brennenden Gestein gemeißelt, erheben sich in Höhlen, die voller Schwefel sind. Auf geheimen Wegen, nur den Priestern
von Takisis bekannt, wanderten wir immer tiefer und tiefer hinein. Ihr fragt, wer uns geholfen hat? Ich kann es nicht sagen, denn ihr Leben wäre verwirkt. Ich will nur ergänzen, daß ein Gott über uns gewacht haben muß.«
Hier murmelt Silvara »Paladin, aber Gilthanas winkt mit einer Geste den Gedanken beiseite.
»Wir gerieten in die untersten Kammern, und hier fanden wir die Eier der guten Drachen. Zuerst schien es, als wäre alles in Ordnung. Ich hatte... einen Plan. Es spielt jetzt keine Rolle, aber ich sah eine Möglichkeit, wie wir die Eier wegschaffen könnten. Wie ich sagte, spielt es keine Rolle mehr. Wir gingen von Kammer zu Kammer, und die glänzenden Eier, silber-, golden- und bronzegetönte Eier lagen im Feuerschein da. Und dann . . .«
Der Elfenlord hält inne. Sein Gesicht ist inzwischen bleicher als der Tod. Ich befürchte, daß er ohnmächtig werden könnte, und bitte einen Ästheten, Wein zu bringen. Nachdem er an dem Wein genippt hat, sammelt er sich wieder und erzählt weiter. Aber sein abwesender Blick sagt mir, daß er sich an das erlebte Entsetzen erinnert. Und was Silvara betrifft – ich werde an anderer Stelle darüber schreiben.
Gilthanas fährt fort.
»Wir gerieten in eine Kammer und fanden dort... keine Eier... nichts als Schalen. . . zerstört, zerbrochen. Silvara schrie vor Wut auf, und ich befürchtete, man könnte uns entdecken. Keiner von uns wußte, was das zu bedeuten hatte, aber uns beiden gefror das Blut, und nicht einmal die Hitze der Vulkane hätte es erwärmen können.«
Gilthanas schweigt. Silvara beginnt leise zu schluchzen. Er sieht sie an, und ich sehe – zum erstenmal – Liebe und Mitgefühl in seinen Augen.
»Führt sie hinaus«, sagt er zu einem Ästheten. »Sie muß sich ausruhen.«
Die Ästheten führen sie behutsam aus dem Zimmer. Gilthanas befeuchtet seine trockenen und aufgesprungenen Lippen, dann spricht er leise weiter.
»Was dann geschah, wird mich bis über meinen Tod hinaus verfolgen. Nachts träume ich davon. Seitdem habe ich nicht mehr geschlafen. Silvara und ich standen vor der Kammer mit den zerbrochenen Eiern und starrten sie an, fragten uns . . . als wir plötzlich ein Singen aus dem flammenerleuchteten Korridor hörten.
›Magische Worte!‹ sagte Silvara.
Vorsichtig schlichen wir näher, beide waren wir verängstigt, jedoch auch merkwürdig fasziniert. Wir kamen immer näher und näher – und dann konnten wir sehen . . .«
Er schließt seine Augen und schluchzt auf. Laurana legt ihre Hand auf seinen Arm, ihre Augen sind voller Mitgefühl. Gilthanas gewinnt die Beherrschung wieder und fährt fort.
»In einem Höhlenraum am Grund des Vulkans stand ein Altar für Takisis. Ich kann nicht sagen, was seine Schnitzereien darstellen sollten, denn er war mit grünem Blut und schwarzem Schleim bedeckt und wirkte wie eine entsetzliche Verlängerung des Steins. Um den Altar waren Gestalten versammelt – dunkle Kleriker von Takisis und Magier, die die Schwarze Robe trugen.
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