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Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6

Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6

Titel: Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Margaret; Hickman Weis
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der legendäre Tempel des Königspriesters?« fragte sie.
    Ein Schatten fuhr über das Gesicht des Magiers. Sein freundlicher Blick bekam einen Ausdruck tiefen Grams, vermischt mit Ärger.
    »Es tut mir leid«, sagte Goldmond schnell. »Ich wollte dir keinen Kummer bereiten...«
    »Nein, es ist in Ordnung«, sagte Zebulah mit einem kurzen, traurigen Lächeln. »Eigentlich tut es mir gut, mich an diese schrecklich düstere Zeit zu erinnern. Ich vergesse gern bei meinen täglichen Streifzügen, daß dies einst eine Stadt der Freude, des Kummers, des Lebens und der atemberaubendsten Dinge war. Kinder spielten in den Straßen – sie spielten auch an jenem schrecklichen Abend, als die Götter das feurige Gebirge hinunterwarfen.«
    Einen Moment lang schwieg er, dann fuhr er mit einem Seufzen fort.
    »Du fragst, wo der Tempel steht. Es gibt ihn nicht mehr. An der Stelle, wo der Königspriester gestanden und den Göttern seine hochmütigen Forderungen zugeschrien hat, ist jetzt ein dunkles Loch. Obwohl mit Meereswasser gefüllt, lebt dort nichts. Niemand kennt seine Tiefe, denn die Meer-Elfen wagen nicht, sich ihm zu nähern. Ich habe so lange in das dunkle, stehende Wasser geschaut, bis ich das Entsetzen nicht mehr ertragen konnte, und ich glaube nicht, daß diese Dunkelheit zu einem Grund führt. Das Loch ist so tief wie das Herz des Bösen.«

    Zebulah hielt in einer Straße an und sah Goldmond aufmerksam an. »Die Schuldigen wurden bestraft. Aber warum die Unschuldigen? Warum mußten sie leiden? Du trägst das Medaillon von Mishakal, der Göttin der Heilkunst. Verstehst du es? Hat die Göttin es dir erklärt?«
    Goldmond zögerte, über diese Frage verstört, da sie selbst nach der Antwort suchte. Flußwind stand neben ihr, wie immer streng und schweigend seine Gedanken verbergend.
    »Ich habe mir diese Frage oft gestellt«, stammelte Goldmond. Sie trat näher zu Flußwind, berührte seinen Arm mit ihrer Hand, als ob sie sich vergewissern wollte, daß er in der Nähe war. »Einst wurde ich in einem Traum bestraft für meine Fragen, für meinen fehlenden Glauben. Bestraft mit dem Verlust desjenigen, den ich liebe.« Flußwind legte seinen starken Arm um sie und zog sie eng an sich. »Aber immer wenn ich mich wegen meiner Fragen schäme, werde ich daran erinnert, daß es ebendiese Fragen waren, die mich zu den alten Göttern geführt haben.«
    Einen Moment lang schwieg sie. Flußwind streichelte über ihr silbergoldenes Haar, und sie sah lächelnd zu ihm hoch. »Nein«, sagte sie leise zu Zebulah, »ich kenne die Lösung dieses Rätsels nicht. Ich frage immer noch. Ich brenne immer noch vor Zorn, wenn ich die Unschuldigen leiden und die Schuldigen belohnt sehe. Aber ich weiß jetzt, daß mein Zorn wie ein Schmiedefeuer sein kann. In seiner Hitze wird der unbehandelte Erzklumpen, das heißt meine Seele, erwärmt und geformt zu dem glänzenden, stählernen Stab, der mein Glaube ist. Dieser Stab stützt mein schwaches Fleisch.«
    Zebulah musterte Goldmond schweigend, als sie mitten in den Ruinen von Istar stand, ihr silbergoldenes Haar glänzte wie das Sonnenlicht, das niemals die zerstörten Gebäude berühren würde. Die vollendete Schönheit ihres Gesichts war gezeichnet von den Erlebnissen in den dunklen Straßen, durch die sie gereist war. Jedoch beeinträchtigten diese Spuren des Leidens und der Verzweiflung keineswegs ihre Schönheit, sondern verstärkten sie nur noch. In ihren Augen lag Weisheit, jetzt bereichert
von der großen Freude ihres Wissens, daß sie in ihrem Leib ein neues Leben trug.
    Der Blick des Magiers wanderte zu dem Mann, der die Frau so sanft in seinen Armen hielt. Auch sein Gesicht trug die Spuren eines langen, qualvollen Weges. Auch wenn dieses Gesicht immer streng und gleichmütig aussehen würde, seine tiefe Liebe zu dieser Frau zeigte sich deutlich in den dunklen Augen des Mannes und in seiner sanften Berührung.
    Vielleicht habe ich einen Fehler begangen, so lange hierzubleiben, dachte Zebulah, der sich plötzlich alt und traurig fühlte. Vielleicht hätte ich helfen können, wenn ich oben geblieben wäre und meinen Zorn gebraucht hätte – so wie diese beiden  –, um Antworten zu finden. Statt dessen habe ich meinen Zorn an meiner Seele nagen lassen, bis es leichter schien, ihn hier unten zu vergessen.
    »Wir sollten nicht länger warten«, sagte Flußwind abrupt. »Caramon wird schnell auf die Idee kommen, uns zu suchen, wenn er es nicht bereits tut.«
    »Ja«, sagte Zebulah. »Wir

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