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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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brennenden Krater erreichten. Es stank durchdringend nach faulen Eiern und vom Krater weg in alle Richtungen zogen sich schmale Spalten, die mit einer gelben Substanz überkrustet waren, so als wollten sie sich über die Bilder lustig machen, die junge Hürnin von der Sonne malten.
    „ Riecht fast wie zu Hause.“, beschwerte sich Sirr naserümpfend.
    Sarn teilte die Reste ihres Proviants neu auf, aber Erich konnte nichts essen. Er trank ein paar Schlucke Wasser, aber auch das war beinahe schon zu viel für seinen Magen.
    „Blutegel könnten helfen. Sie befreien den Körper von schwarzen Säften.“, schlug der Halken vor, nachdem sie sich für die Nacht vorbereitet hatten. Sarn schlief bereits und Sirr hatte die erste Wache übernommen.
    Erich winkte müde ab. „Lieber nicht. Schon beim Gedanken daran wird mir noch schlechter.“
    Der Halken wirkte enttäuscht, zuckte aber mit den Schultern.
    „ Dann wird der Halken heute Nacht deine Wache übernehmen.“
    Erich war damit nicht einverstanden. „Ich bin zwar geschwächt, aber ich kann wach bleiben und meine Augen und Ohren funktionieren so gut wie zuvor.“
    Der Halken kaute auf seiner Unterlippe herum. Ein deutliches Zeichen, dass er noch etwas auf dem Herzen hatte, aber nicht wusste, wie er es sagen sollte.
    „ Lass den Halken dennoch deine Wache übernehmen. Heute Nacht werden die Ahnen kommen. Sie sind im Schlaf viel deutlicher zu sehen.“
    „ Was soll das heißen? Woher weißt du das?“
    „ Der Halken hat es erfahren. Du und der verrückte Alte seid gestern kurz in ihrem Reich gewesen, auch wenn ihr euch nicht mehr daran erinnern könnt. Heute werden sie unsere Welt betreten, um zu sagen, an was wir uns erinnern sollen. Lass den Halken deine Wache übernehmen.“
    Erich seufzte. „Meinetwegen. Aber dafür werde ich eine von deinen übernehmen, wenn es mir wieder besser geht.“
    Der Halken nickte und brachte so etwas Ähnliches wie ein Lächeln zu Stande. „Und falls sich deine Gedanken klären: Der Halken hat seine Blutegel immer bereit.“
    „ Danke.“, sagte Erich wenig enthusiastisch und wünschte dem Halken eine gute Nacht. Der Ork ging zu Sirr, um sie von der geänderten Wacheinteilung zu informieren und legte sich danach schlafen.
    Erich hatte das Gefühl nur kurz eingenickt zu sein, als er von einem Geräusch geweckt wurde. Als er sich schlaftrunken aufrichtete und sich umschaute, sah er den Halken ganz in seiner Nähe, der angespannt in Richtung Feuerkrater spähte. Als er bemerkte, dass Erich wach war, hielt er seinen Zeigefinger an die Lippen. Erich drehte seinen Kopf, um zu sehen, was der Halken im Krater sah, konnte zunächst aber nichts erkennen. Dann verdichtete sich aus den Rauchfahnen ein Umriss, der schnell feste Gestalt annahm.
    Erich stockte der Atem. Er kannte den jungen Mann, der sich aus der Kratermitte zielstrebig auf den Rand zuarbeitete. Zwar hatte er ihn noch nie aus dieser Perspektive gesehen, aber es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass dieser junge Mann ihm selbst wie ein Ei dem anderen glich.
    Nein, das war so nicht richtig. In den Schock sich selbst in einiger Entfernung zu sehen mischte sich die Überraschung darüber, dass es auch deutliche Unterschiede gab. Die Haare des zweiten Erich waren länger, seine Kleidung eine andere und in der Hand hielt er eine langstielige Axt, die voller Scharten und Kratzer war. Außerdem lag ein Ausdruck auf dem Gesicht des Anderen, den ich bei Erich noch nie gesehen hatte. Ein Ausdruck von Sorge, Entschlossenheit und vielleicht Trauer.
    Mit einem kraftvollen Sprung erreichte der andere Erich den Rand des Kraters und kam direkt auf meinen Herrn zu. Instinktiv stellte ich mich dem unheimlichen Wesen in den Weg und wurde beiseite geschoben wie ein Grashalm von einer Sturmböe. Als ich wieder wusste, wo ich eigentlich war, hatte sich der andere Erich bereits zu meinem Herrn hinunter gebeugt, um ihm leise etwas zu sagen. Dann sprang er auf und war mit ein paar schnellen Schritten in der Dunkelheit im Nordosten verschwunden.
    Erich war kreidebleich im Gesicht, während der Halken vor Stolz oder Ehrfurcht Tränen in den Augen hatte. Aufgeregt umarmte er meinen Herrn ungestüm.
    „Nicht nur im Traum! Die Ahnen … Sie sind in materieller Gestalt zu euch gekommen! Was haben sie gesagt? Was haben sie gesagt?“, fragte er aufgeregt.
    Von den Geräuschen war Sirr wach geworden und warf Erich und dem Halken einen misstrauischen Blick zu. Als sie sich davon überzeugt hatte, dass keine

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