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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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verstehen, was da gesprochen wurde, denn die Worte waren altertümlich und der Dialekt rau und undeutlich artikuliert. Zudem Erichs Herz bei jedem weiteren Satz vor Schreck so laut, dass er kaum hören konnten, was gesprochen wurde.
    Erich war froh, als sie endlich wieder ans Tageslicht kamen und auch Sarn stieß einen erleichterten Seufzer aus.
    Wir befanden uns nun in einer großen Küche. Ein weiter offener Kamin erlaubte es ganze Schweine oder Kälber über dem offenen Feuer zu rösten und die Decke war von beiden Seiten angeschrägt, so dass der Rauch aus den vielen kleineren Kochstellen, die überall im Raum verteilt waren, durch zwei hohe Fenster an jeder Seite abziehen konnte.
    „Und dann die Möhren.“, hörten sie jemanden mit dumpfer Stimme sagen, so als säße er in einem Fass. „Es müssen unbedingt Möhren mit in die Tomatensauce, sonst bekommt sie nicht den richtigen Geschmack.“
    „ Kern!“ Sarn lief um einen Backofen herum und öffnete die Ofenklappe. „Kern, was machst du denn da drin? Wo sind Sirr und der Halken? Aber komm erstmal da raus!“
    Erich war Sarn gefolgt und beobachtete, wie Kern heftig den Kopf schüttelte und sich noch fester gegen die gewölbte Rückwand des Ofens drückte.
    „Nein, ich komm nicht raus. Sag der Hexe, dass ich noch dürr bin wie ein trockener Zweig.“
    Sarn versuchte Kern mit einem Lächeln aus dem Ofen hervorzulocken.
    „Kern, sei nicht albern, hier gibt es keine Hexen.“
    Der Alte ließ sich davon nicht überzeugen. „Aber der da hat ihren Umhang an.“
    Verwundert blickte Erich an sich herab. Tatsächlich war er in den Umhang gewickelt, den er von Ba und Ja bekommen hatte. Und man könnte die beiden auch als Hexen bezeichnen.
    „ Er wird den Umhang ausziehen, wenn du versprichst da rauszukommen und zu erzählen, wo Sirr und der Halken sind.“
    Mit einer Kopfbewegung forderte er Erich dazu auf den Umhang abzulegen und streckte dann seine Hand in den Ofen hinein. „Sachte, sachte. Komm ich helfe dir, Kern. Ja, nimm meine Hand. So ist es gut.“
    Während Erich den Umhang sorgfältig zusammenlegte, kletterte Kern aus dem Ofen. Er sah so aus, wie man sich einen verrückten Alten vorstellte. Jetzt, da er von oben bis unten mit altem Mehl oder Asche bedeckt war, nur noch um so mehr. Seine dünnen weißen Haare standen nach alle Seiten hin von seinem Kopf ab, sein Blick wanderte ziellos im Raum umher und die Finger seiner rechten Hand zuckten. Erst als Sarn ihn in die Arme nahm, beruhigte er sich wieder. Von diesem Anblick seltsam berührt stand Erich neben den beiden. Er fragte sich, warum ihm dieses Bild so nahe ging, bis sich Kern plötzlich von Sarn löste, um Erich zu umarmen. Es war lange her, dass ihn jemand umarmt hatte. Wohltuend flutete die Berührung durch seinen Körper und er schlang seine Arme um den alten Gärtner.
    „ Sie haben dir den Schnürsenkel gestohlen.“, sagte Kern mitleidsvoll und klopfte ihm tröstend auf den Rücken. Verwundert blickte Erich zu Sarn, aber der zuckte nur mit den Schultern. „Mach dir nichts draus. Auch andere Schuhe haben schöne Senkel.“
    „ Kern, wo sind Sirr und der Halken?“
    Kern ließ Erich los und klopfte sich den Staub von seiner Kleidung. Nachdem er nun keine Angst mehr vor Hexen zu haben schien, warf sich auch Erich den Umhang wieder um die Schultern, denn mit nacktem Oberkörper begann er zu frieren.
    „Sirr und der Halken sind bei den Toten.“, antwortete Kern flüsternd und sah sich misstrauisch nach allen Seiten um.
    „ Kern. Versuch dich zusammenzureißen und einmal in deinem Leben einen verständlichen Satz zu sagen. Sind sie tot? Wo sind sie? Kannst du uns zu ihnen bringen?“
    Kern schüttelte entsetzt den Kopf und versuchte wieder in den Backofen zu flüchten. Aber Sarn hielt ihn fest.
    „Nein, da will ich nicht hin, zu viele Tote. Zu viele Stimmen. Die reden mit mir!“
    Kern legte sich die geballten Fäuste auf die Ohren und presste seine Augen fest zusammen.
    „Schon gut, Kern, ganz ruhig, alles in Ordnung, du musst uns nicht zu ihnen bringen. Sag uns einfach, wo wir sie finden können.“
    Vorsichtig öffnete Kern eines seiner Augen und blinzelte Sarn an.
    „Es ist zu gefährlich. Der Junge kann gehen, aber nicht wir beide. Wir haben zu viele getötet.“
    Sarn packte Kern bei den Schultern.
    „Was soll das heißen? Sagst du mir jetzt endlich was los ist, oder muss ich erst wütend werden?!“
    Mit zitterndem Finger deutete Kern auf eine der Türen, die aus der Küche

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