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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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sicherheitshalber hinter mir. Wenn irgendwas passieren sollte, kehr sofort um.“
    Vorsichtig betraten wir den frisch geharkten Gartenweg. Makellos weißer Kies knirschte unter den Füßen der Hürnin und mit einem Mal war aus einer Hecke links von uns das aufgeregte Zwitschern von Spatzen zu hören. Die Vögel nahmen von uns Reißaus, schafften es aber nicht weiter fort als zuvor der Stein. Ihre kleinen Schwingen bewegten sich immer langsamer, je weiter sie sich von uns entfernten und hörten schließlich mitten in der Luft ganz auf zu schlagen. Wir blickten ihnen nach und sahen, wie der Himmel sich verdunkelte. Wie Wasser aus den Blättern eines Baumes rieselte das letzte Licht auf uns herab, dann erlosch es. Erst als wir den Weg fortsetzen, wurde es wieder heller. Wir durften nur nicht zu lange stehen bleiben.
    „Das ist unheimlich.“, sagte Erich. Sarn widersprach ihm nicht.
    Als wir unseren Weg zur Burg fortsetzten, kam auch wieder Bewegung in den Stein, den Sarn geworfen hatte und als wir unter ihm hindurchgingen fiel er zu Boden. Wohin wir uns auch bewegten, kam Bewegung in unsere unmittelbare Umgebung. In einem Radius, der immer etwas schwankte, aber nie größer wurde als ein halbes Dutzend Schritte, lief die Zeit in ihren gewohnten Bahnen, dahinter verlangsamte sie sich und blieb ganz stehen.
    Sarn und Erich durchquerten den Garten, in dem in der Zeit eingefrorene Springbrunnen im Sonnenlicht glitzerten. Auch das Licht wurde vom Zauber dieses Ortes beeinflusst. Dort wo es von den Wassertropfen gebrochen und gespiegelt wurde, war es deutlich röter als normal, an manchen Stellen wurde es auch völlig verschluckt. Und die Luft, die sie einatmeten, musste eisig sein, denn bei jedem Atemzug hinterließen sie kleine Wölkchen aus Atemluft.
    Der Garten vor der Burg sah aus wie ein nachträglicher Einfall des Architekten, denn er wollte nicht so recht zu den wuchtigen Mauern von Chonled passen und die Zierbeete wirkten unter den Schießscharten ein wenig deplatziert.
    Wir kamen an drei schweren Türen in der Mauer vorbei, die vom Garten aus nur mit Leitern zu erreichen waren, bevor wir auf ein Torhaus stießen, das trichterförmig Einlass gewährte. Eine Treppe mit einer eingelassenen Spur für Fuhrwerke führte nach oben und machte nach wenigen Schritten eine scharfe Wende. Über der Wendefläche war in der gewölbten Decke eine Öffnung eingelassen, durch die ein weiterer Raum zu sehen war.
    Sarn deutete nach oben. „Ein Angreifer, der auf diesen Weg in die Burg wollte, brauchte einen stabilen Helm.“
    Wohin Erich auch schaute, sah er Verteidigungsanlagen. Schießscharten und unregelmäßige Stufen, Fallgitter und glatt polierte Holzbohlen, die in feuchtem Zustand so rutschig sein würden, dass man sie wohl nur mit Steigeisen überwinden konnte. Aber es gab keine Spur von Kämpfen oder ausgebesserten Stellen. Chonled hatte wohl nie einer Belagerung Stand halten müssen.
    Nach einer weiteren Kehre verließen wir das Torhaus durch einen Torbogen, der den Weg hinaus in einen kleinen Innenhof freigab. Er war gerade groß genug, dass zwei Fuhrwerke aneinander vorbei fahren konnten und von einem umlaufenden Balkon aus Holz umgeben. Sarn und Erich spähten nach oben, aber nichts rührte sich. Von dort schien uns keine Gefahr zu drohen.
    Dennoch gingen wir weiter vorsichtig um uns schauend durch den Hof und in einen größeren Innenhof, der von mehrstöckigen Gebäuden eingefasst war. Wir befanden uns nun innerhalb des ersten Befestigungsrings und die grauen Steinblöcke der Mauern starrten auf uns herab wie Riesen, die lauernd die Luft anhielten. Da sich außerhalb unseres Radius noch nicht einmal die Luft bewegte, war es unnatürlich still in Chonled. Nur der Atem der Hürnin und das Knirschen ihrer Schritte auf dem Boden war zu hören. Wenn sie sich flüsternd unterhielten, mochten sich ihre Worte zwar nach allen Richtungen ausbreiten, aber selbst wenn sie die Wände erreichten, wurden sie von der gefrorenen Zeit verlangsamt und kamen nur verzerrt oder gar nicht zu uns zurück. Dafür glaubten wir mehrmals andere Stimmen zu hören, die vom Zauber dieses Ortes konserviert hier gewartet hatten, bis jemand eintraf, der sie aus ihrem Bann erlösen würde.
    Wir stiegen eine der Treppen zur Wehrmauer hinauf, um uns einen besseren Überblick zu verschaffen. Chonled war größer als wir gedacht hatten. Die gewaltigen Proportionen der Burg ließen sie aus der Weite kleiner erscheinen als sie in Wirklichkeit war. Manche

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