Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
hinausführten.
„Das ist der Gang, der zum Gemach von Chon führt. Dort sind Sirr und der Halken. Und die Toten. Alle Toten. Alle!“
Kern brach in Tränen aus. „Geh nicht, Sarn. Schick den Jungen, aber bleib bei mir.“
Sarn und Erich warfen sich einen stillen Blick zu, während Sarn weiterhin versuchte Kern zu beruhigen. Er war zwar verrückt, aber Sarn war nicht so dumm, dass er eine Warnung ignorieren würde. In seinem Gesicht war abzulesen, dass er um eine Entscheidung rang.
„ Kern, kannst du mir die Lage beschreiben? Kannst du das tun? Wo soll ich meine Truppen aufstellen? Wie stark ist der Feind und wo liegt er?“
Kern blickte zu Sarn auf und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Vorsichtig legte er seine Hand auf Sarns Brust und sagte: „Der Feind ist hier. Wir kommen zu spät um noch Truppen aufzustellen. Schick den Jungen, er hat als einziger eine Chance.“
Erich gefiel das überhaupt nicht und ich war auch nicht gerade begeistert von der Idee ihm etwas zuzumuten, was für Sarn zu schwierig sein sollte.
Doch schließlich hatte Sarn einen Entschluss gefasst. „Wir gehen zusammen. Kern, du bleibst hier. Wenn es wirklich so schlimm ist, wie du sagst, kommen wir wieder zu dir zurück und überlegen uns einen anderen Weg Sirr und den Halken nach draußen zu bringen.“
Kern begann zu schluchzen und schüttelte hilflos den Kopf. Aber als sich Sarn und Erich auf den Weg machten, hielt er sie nicht auf. Zitternd stieg er in den Ofen zurück.
„ Warum lassen wir sie nicht einfach wo sie sind?“, fragte Erich zögernd. „Wir könnten zusammen mit Kern weiter nach Drachall.“
Sarn wollte davon nichts wissen. Während er Schubladen und Schränke durchsuchte, sagte er mit Bestimmtheit: „Wir werden sie nicht zurücklassen. Der Ork hat einen Eid geschworen dich zu beschützen, also bist auch du ihm verpflichtet. Und die Elfe … ich will nicht, dass sie irgendein Unheil anrichtet.“ Damit war alles gesagt, was es dazu zu sagen gab.
Die Küche war der ideale Ort, um sich zu bewaffnen. Neben Fleischermessern und Beilen hingen an den Wänden schwere Rübenstampfer und Spieße. Erich entschied sich für ein stabiles Messer, während Sarn sich einen handlichen Spieß und ein Beil in den Gürtel schob. Dann gingen sie durch die Tür, die ihnen Kern gewiesen hatte. Sie hatten den Raum dahinter noch nicht richtig betreten, als Sarn, der vorausging, plötzlich seine Waffen zog und sich zum Kampf bereit machte. Erich zuckte zusammen und griff ebenfalls nach seinem Messer, aber da war nichts. Der Raum vor ihnen war bis auf ein paar Regale voller Geschirr leer.
„ Sarn, was ist denn?“, wollte Erich erschreckt wissen, aber sein Lehrmeister antwortete nicht. Statt dessen griff er die Luft an, und Erich musste mit ansehen, wie der Schwung den Grillspieß über den eingebildeten Gegner hinaus weiter trug und Sarn sich die schwere Metallstange deshalb gegen das eigene Schienbein schlug. Er wich einen Schritt zurück und schlug mit dem Beil um sich. Er traf eine Suppenschüssel und ein Schauer aus Keramiksplittern ging über Sarn nieder. Er riss beide Arme hoch, um sein Gesicht zu schützen, während weiteres Geschirr nachrutschte und auf ihn herunter prasselte. Geistesgegenwärtig packte Erich Sarn um dessen Mitte und zog ihn mit einiger Mühe in die Küche zurück, bevor er sich selbst weiteren Schaden zufügen konnte.
Es war als würde Sarn aus einem Traum erwachen.
Wild keuchend und mit weit aufgerissenen Augen blickte er um sich und suchte die Angreifer, die er gerade eben noch gesehen hatte. Dann erkannte er, dass alles nur Illusion und Einbildung gewesen war und ließ seine Waffen fallen.
„ Was ist passiert?“, wollte er wissen und kniete sich dann stöhnend hin, um sein schmerzendes Schienbein zu massieren. Blut breitete sich auf seinem Hosenbein aus. Auch an den Unterarmen hatte er ein paar kleinere Schnitte von den Porzellanscherben.
„ Du hast plötzlich deine Waffen gezogen und damit in die Luft geschlagen. Ich habe dich wieder zurück gezerrt, bevor du dich weiter verletzen kannst. Was hast du gesehen?“
Sarn wischte sich mit zitternden Händen den Schweiß vom Gesicht.
„Alte Feinde. Generäle und Krieger, die ich vor langer Zeit im Kampf getötet habe.“ Plötzlich verstand er. „Ich habe die Toten gesehen! Meine Toten! Diejenigen, die durch meine Hand gestorben sind. Chon hat sein Ziel also erreicht. Er hat eine Tür zu den Toten gefunden.“
Er warf Kern einen schnellen
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