Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
Gespür für das magische Kristallgefüge oder sie können in die Zukunft sehen oder mit Tieren sprechen. Man kann nie wissen, welche Talente der Pakt in einem Hürnin freilegt. “
„ Und sonst kannst du nichts tun?“
„ Ich kann mich ein Stück von euch fort bewegen, um die Gegend auszukundschaften, aber nicht sehr weit. Ich kann spüren, wenn Lebewesen in der Nähe sind, aber auch nicht immer. Ich weiß nicht, ob das schon alles ist. Wenn wir in Hornhus sind, werde ich von meinen Brüdern dort mehr erfahren. “
„ Was ist, wenn wir es nicht nach Hornhus schaffen? Oder wenn dort niemand mehr ist? Woher willst du wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und das alles so sein wird, wie du denkst?“
Man hatte mich davor gewarnt, dass dieser Moment kommen würde. Wahrscheinlich mehr als einmal. Die Wesen dieser Welt waren wankelmütig und anfällig für Zweifel. Sie konnten eine Meinung fassen und sie kurz darauf wieder verwerfen, ohne dass sich die Umstände geändert hatten. Deshalb bedurften sie beständig sanfter Führung.
„ Ihr könnt mir vertrauen, Herr. Es ist nicht mehr weit, denn wir können den schwarzen Felsblock schon sehen. Ich werde Euch wohlbehalten nach Hornhus bringen und dann ist dieser Sumpf hier nur noch eine schnell verblassende Erinnerung. Morgen früh werdet Ihr wieder den Fels von Hornhus sehen. Und Eure Hoffnung wird erneuert. Denkt daran, dass es nicht mehr weit ist bis zu eurem Volk und Euren Eltern. “
„ Aber könnten wir nicht irgendwie auf mich aufmerksam machen? Sie würden uns doch sicher entgegenkommen.“
„ Nein, Herr. Wir dürfen nicht riskieren Aufmerksamkeit auf Hornhus zu lenken.“
Das genügte fürs erste, um Erich zu beruhigen. Und als am nächsten Morgen der Regen nachließ und der schwarze Basalt von Hornhus klar und deutlich zu sehen war, mobilisierte das neue Kräfte in ihm und er schritt kräftiger aus als seit vielen Tagen. Er ließ sich noch nicht einmal davon beirren, dass die Blasen an seinen Füßen sich durch die andauernde Feuchtigkeit öffneten und zu bluten begannen.
Wir erreichten Hornhus noch am selben Nachmittag. Mit jedem Schritt war der schwarze Gesteinsblock durch den Nebel hindurch mehr und mehr in die Höhe gewachsen, bis er nun irgendwie unwirklich und zugleich schwer wie eine Gewitterwolke vor uns aufragte. Ein gewaltiger Geröllhügel bildete die Basis des in gleichmäßigen Säulen und unregelmäßigen Formen erstarrten Gesteins. Zwischen den Brocken, die teilweise die Größe eines Hauses erreichten, wuchsen kleine violette Blumen mit gelben Flecken, die ich bisher noch nirgends im Sumpf oder sonst wo gesehen hatte. Ein in den Fels gehauener Pfad wand sich in Spiralen nach oben und entzog sich nach zwei Windungen unseren Blicken.
„ Sieht nicht sehr vertrauenserweckend aus.“, murmelte Erich, aber auch wenn ich ihm zustimmen musste, stieg er ohne zu zögern die von Rissen durchzogenen Stufen nach oben. Immer wieder war der Pfad teilweise weggebrochen und Erich musste sich nah am Fels auf dem verbleibenden Sims entlang schieben oder kleinere Abbrüche durch einen Sprung überwinden. Anfangs war das nicht schlimm, denn das erste Viertel des Aufstiegs hatte nur eine geringe Steigung und der Abhang zur Seite hin war noch flach genug, das hier einzelne Büsche wachsen konnten. Wäre Erich ausgerutscht, hätte er sich auf einer garantiert sehr unangenehmen, aber nicht lebensgefährlichen Rutschpartie zurück zum Geröllfeld wiedergefunden. Aber sobald er das Geröll unter sich zurückgelassen hatte, konnte jeder Fehltritt der letzte sein. Ich kundschaftete den Weg aus und zeigte Erich die besten Trittflächen, bis auch das nicht mehr nötig war. Denn bald war der Aufstieg auch auf der östlichen Seite, die nun völlig im Schatten lag so mühelos zu bewältigen, dass keine Hilfe mehr vonnöten war. Was von unten verfallen aussah wurde hier oben, den Blicken entzogen in Ordnung gehalten.
Nur noch ein einziges Mal verharrte Erich kurz auf der Schwelle zwischen dem Licht der Abendsonne und den Schatten dahinter, um zurück über den Sumpf zu blicken, der nun wieder unter einer Decke aus Nebel verborgen lag. Er nickte, als als würde er seinem alten Leben damit stumm Lebewohl sagen wollen. Dann betrat er Hornhus über den Schutt der zerstörten Stadtmauer hinweg.
Der Krieg und die Zeit hatten von der Stadt nicht viel übrig gelassen. Was Waffengewalt nicht zerstört hatte, war vom Hobel der Zeit geschliffen worden. Nichts regte sich
Weitere Kostenlose Bücher