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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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hier. Kein Wind, keine Vögel und auch keine Insekten. Und die einzige Vegetation bestand aus bleichen Flechten und braunem Moos.
    Nur ein größeres Gebäude stand noch in der Stadt und von seinen gezackten Mauerflächen wurde blutrot das Licht der Abendsonne zurückgeworfen. Die Mauern standen um die zerschlagene und verwitterte Statue von Sigwar Drachentöter, dem letzten König der Hürnin, herum. Man hatte der massigen Steinsäule nach der Eroberung von Hornhus den Kopf abgebrochen, weil man sie nicht umstürzen konnte, aber die Witterung hatte dem Stein ein neues Gesicht geschenkt. Dort wo der Herr der Hürnin einst seine Hände auf die Parierstange seines Schwertes gestützt hatte, waren nun Augenbrauen zu erkennen. Die Klinge bildete jetzt eine scharf geschnittene Nase und die Falten seines Gewandes waren zu Augen und Wangen geworden. Erich betrachtete das schmale aus Stein geformte Gesicht, das in der Sonne glühte eine ganze Weile wie gebannt und ich störte ihn nicht dabei, obwohl ich die Schatten sah, die lautlos unter die Bögen der Eingänge geglitten waren um uns zu umringen. Auch Erich hatte sie gesehen. Aber er ließ sich von ihnen nicht aus der Ruhe bringen. Nicht hier. Nicht jetzt. Schließlich war er endlich zu Hause angekommen und dieser Triumph gehörte ihm ganz allein.
    Gemessenen Schrittes stieg er über den Schuttberg vor der Statue hinunter zu den Kriegern, die dort auf ihn warteten. Es waren fünf an der Zahl. Ihre Horndämonen waren nirgends zu sehen, obwohl sie in der Nähe sein mussten. Horndämonen entfernten sich nie weit von ihren Herren. Würden sie es tun, könnten sie nicht lange überleben.
    "Sei gegrüßt, Hörnerner!", sagte einer der Krieger und deutete eine Verbeugung vor dem Jungen an. Er trug eine Rüstung mit Fellbesatz, wie sie bei den Nomadenstämmen im Süden üblich war. Sein schwarzes Haar war kurz geschnitten und zeigte an den Schläfen die ersten Spuren von Grau.
    "Ich bin Chulak. Du wirst meinen Anweisungen folgen, bis du vor den Rat gerufen wirst."
    Erich blickte den Krieger eingehend an, konnte aber nichts vertrautes in ihm erkennen. Wenn er gehofft hatte, als erstes von seinem Vater begrüßt zu werden, wurde er enttäuscht. Auch unter Chulaks Gefährten suchte er vergeblich nach Familienähnlichkeiten, auch wenn sie unterschiedlicher nicht hätten sein können. Einer der Wachmänner trug den feinen mit Halbedelsteinen besetzten Panzer der Elfen, ein anderer das verstärkte Leder der Orks und ein weiterer ein altes Kettenhemd, das aus dem Kernland des Menschenreiches stammen musste. Der fünfte hingegen, der abseits stand, trug keine Rüstung und auch keine sichtbare Waffe. Er war in ein locker fallendes Wams gekleidet und sein Kopf war von einer Kapuze bedeckt. Dennoch waren deutlich die Narben zu erkennen, die sich quer über sein Gesicht zogen, ganz so als hätte er ein entsetzliches Feuer überlebt.
    „Mein Name ist Erich.“, sagte mein Herr mit bebender Stimme.
    „ Das bestimmt der Rat.“, erwiderte Chulak schroff und machte sich auf den Weg durch die Ruinen. „Bis dahin wird man dich Hürnin nennen.“
    Erich folgte Chulak wortlos zu einem verrotteten Turm, der nur noch von Moos und Efeu aufrecht gehalten wurde. Eskortiert von den anderen stieg er eine enge, verborgene Wendeltreppe hinab und gelangte nach wenigen Windungen in einen feuchten Keller. Geröll zeigte an, wo früher einmal Gänge aus dem Raum weggeführt hatten aber inzwischen eingestürzt waren. Chulak ging ans Ende der Treppe und machte etwas, das ich nicht erkennen konnte, aber kurz darauf glitt rumpelnd ein Teil der Wand zur Seite und machte den Weg zu einer weiteren Flucht von Stufen frei. Eine knisternde Fackel war in einer Halterung an der Wand befestigt und füllte den Gang mit mehr Rauch als Licht. Chulak ergriff die Fackel und führte die anderen in den steil abfallenden Gang hinein. Hätte ich ein Herz besessen, hätte es bestimmt vor Aufregung wie wild geschlagen. Denn obwohl ich viel vom unterirdischen Hornhus zu wissen glaubte, konnte ich mir die Stadt nicht vorstellen. Ich hatte Lehrer gehabt, aber sie hatten ebenso viel verschwiegen, wie sie an Wissen weitergegeben hatten. Oder bildete ich sie mir nur ein, um eine Erklärung für das Wissen zu haben das ich besaß? Wenn ich Lehrer gehabt hatte, wie hießen sie dann? Ich wusste es nicht aber im Moment war es mir auch egal. Denn nach Hornhus zu kommen war auch für mich aufregend.
    Die Treppe endete auf einer Brüstung und ich

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