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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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behandelte ihn nicht besonders zimperlich. Wenn Erich in seinem Haus war, wurde er von Chulaks Söhnen gehänselt und mit ihren Dämonen hatte ich auch nicht recht viel mehr Glück. Aber die meiste Zeit war Erich zum Glück allein oder mit Sarn zusammen, der seine Geduld mit unablässigen Fragen nach seinem Dorf, seinen Zieheltern und der Reise nach Hornhus auf die Probe stellte. Jetzt da Erich wusste, dass seine wirklichen Eltern nicht hier waren, wollte er weniger denn je an seine Adoptiveltern und ihr Dorf denken. Er schien nach dieser Enttäuschung überhaupt das Interesse an fast allem verloren zu haben.
    Nur Hornhus schaffte es irgendwie seine Aufmerksamkeit zu erregen. Er nahm die wenigen Begegnungen, die man ihm mit der Stadt und ihren Bewohnern gestattete in sich auf wie ein Schwamm und war neugierig was es noch alles zu sehen gab. Einige Tage brachte er im Haus unter den Apfelbäumen zu und lernte so schnell einen Teil der Welt auf engstem Raum kennen. Denn nicht nur die von Menschen erzogenen, sondern auch alle anderen Hürnin gingen hier ein und aus, weil es das größte Geburtshaus in der Stadt war und damit Dreh- und Angelpunkt aller Neuigkeiten und Geschäfte. Es waren auch noch andere Kinder dort, die erst vor kurzem ihren Weg zurück nach Hause gefunden hatten, aber eine Sache unterschied sie von Erich: Sie hatten Verwandte unter den Hürnin, Erich nicht. Sie gehörten zu jemandem, Erich nicht. Sie wussten um ihre Stellung unter den Hürnin, Erich nicht. Es war nicht so, dass man ihn völlig allein gelassen hätte, im Gegenteil, nach und nach wollte jeder, der die jungen Hürnin besuchen kam, einmal einen Blick auf den Sonderling werfen, aber es gab niemanden, der sich mit ihm auf die bevorstehende Aufnahme in die Gesellschaft freute, oder Freundschaft mit ihm schloss. Er hatte den Status eines Sonderlings, den es nun mal in jeder größeren Gesellschaft geben musste, aber mehr auch nicht. Es war nicht viel anders als im Dorf, mit dem Unterschied, dass er sich hier seinen Stand erst erarbeiten musste. Er bemühte sich darum, sich die Namen all der Leute zu merken, die jeden Tag ins Haus unter den Apfelbäumen kamen, aber meist sah er die Männer und Frauen, die mit ihm sprachen für längere Zeit nicht wieder und vergaß sie schnell wieder.
    „ Mach dir keine Gedanken darüber.“, sagte Sarn, nachdem wieder einmal ein Besucher vorbeigekommen war, um sich Erich anzusehen, nachdem er seinem Sohn etwas zu essen vorbeigebracht hatte. Erich hatte voller Neid mit angesehen, wie die beiden sich verabschiedeten. „Es waren nicht deine Eltern, die dich heil nach Hornhus gebracht haben, sondern deine Hoffnung sie wiederzusehen. Wo Hoffnung wachsen kann, da wachsen auch Mut und Selbstvertrauen.“
    Erich konnte das nicht trösten und mich auch nicht. Ich dachte sorgenvoll an den Tag an dem der Blaue Rat über ihn entscheiden würde. Ich wusste nicht, was passieren könnte, wenn er vor dem Rat nicht bestand, aber ich wusste, dass es weder ihm noch mir gefallen würde.
    Erich sagte ich natürlich nichts davon, um ihn nicht zu beunruhigen, aber mit jedem Tag, der verstrich, nahm seine Unruhe zu. Chulak hatte ihm untersagt, das Haus der Menschen zu verlassen und dunkelhäutige Wachen vor den Eingängen, bei denen es sich um Orks handeln musste, sorgten dafür, dass Erich dieses Gebot auch einhielt. Auch im weitläufigen Geburtshaus selbst gab es nur wenige Räume, zu denen er Zutritt hatte, so dass er sich meist auf einem der umlaufenden Balkone, von denen man die ganze Stadt sehen konnte, oder im Apfelhain auf dem Dach aufhielt und dem geistig zurückgebliebenen, glatzköpfigen Gärtner bei der Arbeit zusah. Meist beobachtete er aber nur stundenlang das wechselvolle Spiel des Lichts auf der Stadt. Wir sprachen viel miteinander in diesen Tagen. Von seinem Dorf, von den Menschen, die er gekannt hatte und die ihm wichtig gewesen waren und von seiner Hoffnung, dass er seine wirklichen Eltern vielleicht doch bald wiedersehen würde. Es machte mich stolz, dass er mit Sarn nicht darüber reden wollte, mit mir aber schon.
    Ich erfuhr viel über meinen Herrn, hatte es aber immer noch nicht geschafft, auch nur ein einziges Wort mit einem der anderen Horndämonen zu wechseln. Inzwischen bestand kein Zweifel mehr daran, dass sie Erich und mir aus dem Weg gingen.
    Als er eines Abends nach dem schwachsinnigen Gärtner im Apfelhain fragte, verriet ihm Chulak in knappen Worten, dass er Kern genannt wurde und in seiner Jugend

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