Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
Heuboden eine Stelle, an der er vor Zugluft geschützt war, wickelte sich in seinen Umhang und war nach ein paar Augenblicken eingeschlafen. Und auch ich spürte, wie mich der Schlaf meines Herrn in einen Zustand zog, in dem ich um mich herum kaum noch etwas wahrnahm. Je länger ich mit meinem Herrn unterwegs war, desto deutlicher spürte ich, wie ich begann seine Empfindungen und Bedürfnisse zu teilen. Und so wusste ich sofort, weshalb Erich wieder wach wurde.
Er erwachte, weil ihn seine volle Blase drückte. Obwohl er sich dringend erleichtern musste, konnte er sich nicht dazu aufraffen die Augen zu öffnen und sich auf den Weg nach draußen zu machen. Zum ersten Mal seit der Nacht bei den Peregrin vor einer Woche hatte er erholsamen Schlaf gefunden und er wünschte sich einfach immer weiterschlafen zu können. Nach dem Aufstehen würden ihn doch nur wieder Kälte, Hunger, Schmerzen und Gefahren erwarten. Er versuchte erfolglos seine kraftlosen Augenlider zu öffnen. Sie fühlten sich so fürchterlich schwer an und er war so müde. Aber das Stroh kitzelte ihn an der Nase und er wusste, dass seine Blase sich nicht länger hinhalten lassen würde. Also stemmte er sich hoch und erstarrte. Durch die Luke zum Heuboden konnte er erkennen, dass sich unten bei Sarn und dem Halken jemand bewegte. Das kräftige Rot seiner Kleidung ließ keinen Zweifel daran, dass es sich dabei um den Magier handelte.
Erich hielt die Luft an, aber der Magier musste das Rascheln gehört haben, denn er drehte sich zu ihm um, brummte etwas und verschwand dann aus Erichs Sichtfeld. Er konnte hören, wie die Tür zum Ziegenstall zuschlug und sich knirschende Schritte durch den Schnee entfernten.
Vorsichtig kletterte Erich die Stiege hinunter und sah sich um. Eine verbeulte Laterne spendete Licht im ansonsten dunklen Stall und die Ziegen lagen zufrieden vor sich hin kauend in einer Ecke ihrer Box. In der anderen Box lagen Sarn und der Halken. Erichs Herz machte einen kleinen Aussetzer, als er beide Männer so daliegen sah, aber dann erkannte er, dass Sarn nur eingeschlafen war. Auf einem Schemel neben ihm lagen neben einem Tiegel und sauber aufgerollten Stoffbändern ein Laib Brot, Käse, ein Krug und ein glänzendes Stück Speck.
Erich lief auf der Stelle das Wasser im Mund zusammen und er schlich sich auf Zehenspitzen zu dem Schemel, um sich ein Stück von dem Brot abzureißen, bevor er nach draußen ging, um seine Notdurft zu verrichten.
Es war inzwischen Abend geworden. Frühe Sterne und der abnehmende Mond standen am Himmel. Im obersten Fenster des Bergfrieds konnte Erich kurz ein Flackern sehen, das dann aber erlosch. Danach blieb es dunkel und die Nacht senkte sich vollends über die Ruinen der Burg. Mit zitternden Fingern steckte sich Erich das Brot in den Mund und band seine Hose auf. Um sicherzugehen nicht versehentlich eines der Siegel am Boden freizulegen, suchte er sich eine der jungen Buchen, die auch im Innenhof der Burg wuchsen und erleichterte sich an ihr. Danach kehrte er zitternd und kauend in den Stall zurück.
Das Brot schmeckte nach Korn und wenn Erich sich nicht täuschte auch nach Hopfen. Kaum hatte er den ersten Bissen hinuntergeschluckt, als sein Magen auch schon nach mehr verlangte. Er schlang auch den Rest des Brotstückchens hinunter, bevor er die Stalltür erneut öffnete, den Vorhang zurückschlug und zu Sarn und dem Halken zurückkehrte.
„ Wo warst du?“, fragte Sarn, der inzwischen wieder aufgewacht war und ein paar Mal die Augen zusammenkniff, um wieder klar sehen zu können.
„ Ich musste mal austreten.“, antwortete Erich. „Der Zauberer hat uns was zu essen gebracht.“
Sarn nickte. „Das wollte ich dich gerade fragen. Hat er was zu dir gesagt?“
„Nein. Als er gemerkt hat, dass ich wach bin, ist er gegangen.“
Sarn schnupperte am Käse und brach sich dann ein Stück vom Brot ab.
„Hat wohl keinen Sinn mehr dich davor zu warnen, dass das alles hier vergiftet sein könnte.“, brummte er und biss in die dunkle Kruste.
Erich grinste. „Nein, hat es nicht. Und selbst wenn, wäre es mir im Moment völlig egal.“
Auch Sarn lächelte und schnitt mit seinem ramponierten Messer den Käse und den Speck in Stücke. Jeweils ein Drittel legte er beiseite, damit auch für den Halken noch etwas da wäre, wenn er wieder zu sich kommen würde. Die Verbände ließ Sarn vorerst unberührt.
„ Es würde nichts bringen, wenn wir jetzt versuchen ihn zu verbinden. Im Liegen kommen wir nicht an ihn ran
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