Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
endlich Schlaf fanden, aber sobald sie schliefen, schliefen sie ruhig und traumlos. Nur Sarn, der sein Lager direkt neben dem Halken aufgeschlagen hatte, schreckte einmal kurz hoch, weil der Ork im Schlaf etwas vor sich hinmurmelte. Es klang wie „Feuer zieh mit mir.“
Die Salbe und die sauberen Verbände, die Sarn dem Halken angelegt hatte, schienen zu helfen, denn er und Erich wurden am nächsten Tag vom ungestümen Kauen und Rülpsen des Orks geweckt. Offensichtlich hatte der Magier eine weitere Mahlzeit für sie gebracht, denn der Halken stopfte händeweise Haferflocken und Rosinen in sich hinein.
„Ich glaube man isst die mit Milch.“, brummte Sarn schlaftrunken und wischte sich einige Körner von seinem Hemd, die der Fressgier des Halken entkommen waren.
„ Hmm?“
„ Die Haferflocken. Man macht sie in eine Schüssel und gießt Milch darüber, damit sie nicht so trocken sind.“
„ Keine Milch mehr da.“, nuschelte der Halken kauend und fügte entschuldigend hinzu: „Der Halken hatte Durst.“
„ Wie geht es dir?“, wollte Sarn vom Halken wissen, während Erich versuchte den Schlaf abzuschütteln.
„ Besser. Hungrig.“
„ Das merkt man.“
Erich schüttelte seinen Umhang aus und legte ihn sich über die Schultern. Dann ging er nach draußen, um sich zu erleichtern. Es war ein kristallklarer Morgen. Die Sonne stand tief über den Baumwipfeln im Osten und auf dem Schnee und allen Gebäudeteilen schimmerte noch der Raureif der zurückliegenden Nacht.
Auf einer baufälligen Mauer in der Nähe saß eine Elster, die sich schimpfend aus dem Staub machte, als sie Erich bemerkte. Der Turm des Magiers stand indes so still und verlassen als würde dort schon seit Jahren niemand mehr wohnen.
Erich nahm einige tiefe Atemzüge der beißend kalten Luft und sah sich um. Die besten Zeiten der Burg lagen schon lange zurück. Zwischen den umliegenden Baumstämmen konnte Erich weitere Mauerreste erkennen, die von Wirtschaftsgebäuden oder den Häusern von Bediensteten stammen mussten und die schon viele Jahrzehnte dem Verfall Preis gegeben waren. Überall waren Brandspuren zu sehen.
Trotz der Zerstörung strahlte der Ort eine seltsame Ruhe aus. Der Wald hatte begonnen sich diesen Ort langsam zurückzuholen und erneut für sich zu beanspruchen. Im Schnee konnte Erich die Spuren von Mäusen sehen, die zwischen dem Stall und dem Waldrand hin- und hergehuscht waren. Unter einem Bäumchen in der Nähe lagen einige zerfressene Tannenzapfen herum und über den Baumwipfeln konnte er einen Greifvogel sehen, der langsam seine Kreise zog. Irgendetwas an dem Bäumchen kam Erich seltsam vor. Es sah anders aus als die anderen jungen Stämme um es herum. Aber bevor er es sich genauer ansehen konnte, stieg die Sonne höher und er musste sich abwenden, um nicht geblendet zu werden. Da er zu frieren begann kehrte er in den Stall zurück.
Dort war der Halken immer noch dabei alles Essbare in sich hineinzustopfen, was er in die Finger bekommen konnte. Sarn war anzumerken, dass er es kaum erwarten konnte, bis er endlich mit dem Essen fertig wurde, damit er ihn danach fragen konnte, warum er uns hier her gebracht hatte und ob das Absicht war. Erich musste sich sputen, um auch noch ein Stück Brot und etwas Butter abzubekommen, bevor es auf Nimmerwiedersehen im Rachen des Halken verschwand.
Mit einem herzhaften Rülpsen beendete der Halken schließlich sein Mahl.
„ Du hast uns hier her geführt.“, sagte Sarn. „Warum?“
„ Die Ahnen haben dem Halken einen Pfad gewiesen. Vom blutigen Feld über das dunkle Loch bis zum Turm des Feuers.“
„ Und weiter?“
„ Dann zum blauen Tor und weiter … “
„ Und weiter?“
Der Halken rieb sich ratlos den Nacken. „Sie haben Worte benutzt, die der Halken nicht verstanden hat. Der Halken soll Erich auch auf dem Rückweg begleiten. Die Ahnen sagen, dass er erst dort des Schutzes des Halkens bedarf.“
„Erst dort? Warum?“
Der Halken zuckte mit den Schultern. „Sie haben Worte benutzt, die der Halken nicht verstanden hat.“, sagte er noch einmal. „Hemo…, Hemü… “ Er zuckte mit den Schultern.
Bevor Sarn dazu kam mehr zu fragen, verschluckte sich Erich an einem Stück Brot. Er hustete es aus und schaffte es gerade noch den Rest wegzulegen, als er erneut von einer Vision zu Boden geschickt wurde.
Diesmal dauerte es eine Weile, bis sich ein klares Bild ergab und auch etwas zu hören war. Die Knochenfrucht, durch deren Augen Erich die Umgebung betrachtete,
Weitere Kostenlose Bücher