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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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stand auf dem zentralen Platz eines kleinen Dorfes. Erich konnte sehen, wie sich unter ihm weiß getünchte Lehmhütten aneinander drängten. Der Himmel war auch hier klar, aber es lag kein Schnee. Statt dessen schimmerte heller Sand zwischen den Häusern und auf dem Platz.
    Neben der Knochenfrucht konnte er eine weitere dieser grotesk verzerrten Mischwesen sehen. Hüftknochen lagen wie ein Panzer übereinander. Um das breite Maul ragten Wirbelsäulen heraus, an deren Ende teilweise zersplitterte Schädelknochen hingen. Außerdem konnte Erich eine große Anzahl von Soldaten sehen, die um die Mitte des Platzes versammelt waren. Was dort vor sich ging, war nicht zu erkennen, bis die Soldaten beiseite traten um Platz für einen Mann mit einem Ziegenhörnerhelm zu machen. Er ging zielstrebig zwischen den Soldaten hindurch und baute sich vor drei Männern auf, die in der Mitte des Platzes an jeweils einen Pfahl gefesselt dastanden. Das aufgeschichtete Holz um ihre Beine herum ließ nichts Gutes erahnen.
    Was der Behelmte sagte, war nicht zu verstehen. Das Gehör der Knochenfrucht war nicht gut genug, um mehr als dumpfe Geräusche unterscheiden zu können. Aber es war auch so deutlich genug, dass es sich sowohl um eine Aburteilung als auch um eine Urteilsvollstreckung handelte. Mit weit ausholenden Bewegungen sprach der Mann mit dem Helm zu seinen Soldaten und wies immer wieder auf die Gefangenen. Dann verstummte er und machte eine schroffe Geste in die Menge hinein. Sofort kam Bewegung in die Leute und einer der Soldaten reichte ihm eine brennende Fackel.
    Erich wollte seinen Blick abwenden, aber es gelang ihm nicht. Er konnte sich auch nicht aus dem Körper der Knochenfrucht befreien und hatte Angst davor mitansehen zu müssen, wie diese drei Männer bei lebendigen Leib verbrannten.
    Plötzlich zischte etwas durch die Luft und traf den Mann mit dem Helm am Kinn. Blut spritzte und er ließ die Fackel fallen. Die Soldaten zogen hastig ihre Waffen und begannen nach rechts aus Erichs Blickfeld zu laufen. Auch die Männer an den Pfählen blickten in diese Richtung, während Erich nach wie vor starr geradeaus vor sich hin stierte. Auf ihren Gesichtern stand Freude und Hoffnung.
    Nach einigen weiteren Sekunden erhielt die Knochenfrucht, in der Erich feststeckte, den Befehl sich ebenfalls nach rechts zu wenden und er konnte sehen, wie die Soldaten zwischen den Hütten hindurch rannten, um einige Männer zu verfolgen, die behände von Dach zu Dach sprangen. Schwerfällig setzte sich Erichs Knochenfrucht in Bewegung, erreichte dann aber schnell eine Geschwindigkeit, mit der die anderen Soldaten nicht mithalten konnten. Fast beiläufig ließ er einen grotesk langen und dünnen Arm zur Seite schnellen und wischte die oberste Lage der Ziegel weg, die das Dach eines Hauses begrenzten. Der fliehende Mann, der sich darauf befand, hatte gerade noch genug Zeit zur Seite zu springen um sich in Sicherheit zu bringen. Aber die Knochenfrucht hatte die Verfolgung aufgenommen und ließ sich nicht abschütteln. Mit Beinen lang wie die eines Weberknechts stieg sie auf das Dach und hielt Ausschau nach dem Entschwundenen. Ein Hagel aus Steinen empfing sie. Von den Dächern ringsum eröffneten weitere Kämpfer mit ihren Schleudern das Feuer, während sich der Mann, hinter dem die Knochenfrucht her war, humpelnd in einer der Hütten in Sicherheit brachte.
    Mit einem gewaltigen Sprung überwand die Knochenfrucht den Innenhof und bohrte eine ihrer vielen Gliedmaßen durch den Körper eines Angreifers, der sich nicht rechtzeitig wegducken konnte. Ohne sich weiter um ihn zu kümmern setzte sie den anderen Fliehenden nach. Da brach plötzlich ein Teil des Daches unter ihr zusammen, und die Knochenfrucht verlor den Halt. Als sie ihre Gliedmaßen streckte, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, kam eine weitere Gestalt in ihr Blickfeld, die sich aber nicht wie die anderen von ihr wegbewegte, sondern geradewegs auf sie zueilte. Erich stockte der Atem. Bei dem Neuankömmling handelte es sich um niemand anderen als Sirr. Oder Amal in ihrem Körper.
    Die Elfe hatte sich in sandfarbene Tücher gehüllt, die nur den Bereich um ihre Augen und ihre Unterarme frei ließen. Trotzdem ließ die Art, wie sie sich bewegte, keinen Zweifel daran, wer sie war. Die frei im Wind wehenden Enden des Stoffs verliehen ihr das Aussehens eines dämonischen Wesens, das einem Fleisch gewordenem Sandsturm gleich aus der Wüste gekommen war. In ihren Händen hielt sie zwei schwere

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