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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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bestimmten Details zuzuwenden, konnte Erich die Himmelsrichtungen nicht bestimmen und auch nicht nach charakteristischen Gipfeln Ausschau halten. Und die Lumpen, in welche die Arbeiter gekleidet waren, gaben keinen Hinweis auf ihre Herkunft.
    Sarn verfolgte Erichs Visionen weiterhin mit Sorge aber auch mit einer Priese Neugier.
    „Es sieht ganz danach aus, als würde der Scharif mit einem Konflikt rechnen, der länger dauert. Er verlegt seine Truppen, lässt Befestigungen errichten und verstärkt Festungen. Das bedeutet, dass er keine neuen Gebiete erobern, sondern sich gegen Angreifer von außen verteidigen will.“
    „ Siroco und die Peregrin haben ihm wohl einen gewaltigen Schrecken eingejagt.“, stellte Erich fest, aber Sarn schüttelte den Kopf.
    „ Ich glaube nicht, dass er diesen ganzen Aufwand nur wegen der Wanderfalken betreibt. Er kennt Siroco und die Stärke seiner Streitmacht. Das hier sieht mir ganz danach aus, dass der Scharif mit einem ebenbürtigen Gegner rechnet.“
    „ Ein anderer Dämon? Dieser Peifor?“, fragte Erich.
    „ Wahrscheinlich. Zumindest gibt es nach der Aufteilung von Sunterak keine andere ernst zu nehmende Macht mehr, von der ich wüsste.“
    Es dauerte nicht lange, bis wir mehr erfuhren. Eine weitere Vision schleuderte Erich in den Körper einer Knochenfrucht, die Teil einer Delegation sein musste, die schon einige Zeit unterwegs war. Allein an der Vegetation um ihn herum erkannte Erich, dass sich das, was er sah, weit entfernt abspielte. Die Knochenfrucht, in deren Körper er steckte und mindestens zwanzig andere hatten sich zwischen hoch aufragenden Säulen versammelt und warteten.
    Hier war nichts vom Winter zu spüren. Die Sonne brannte von einem wolkenlosen Himmel auf sie herab und nur einige Seidenfahnen, die zwischen den Säulen aufgespannt waren, spendeten ein wenig Schatten. Nicht weit von ihnen entfernt stand ein prächtiges Gebäude, das von makellos weiß leuchtenden Säulen umringt war. Langgestreckte Wasserflächen spiegelten die Pracht von unten her zurück und als die Knochenfrucht den Blick hob, konnte Erich einen Turm erkennen, der aus der Mitte der Anlage aufragte. Ihm stockte der Atem. Wie eine Orchideenblüte schraubte sich des Bauwerk Stockwerk für Stockwerk in den Himmel, immer wieder unterteilt durch Gesimse, Balustraden und ornamentale Friese, die es schwer machten die tatsächliche Höhe des Turms abzuschätzen. Was Erich aber mit einem Blick sagen konnte war, dass dieser Turm das höchste Gebäude sein musste, das er jemals gesehen hatte.
    Von den vorgelagerten Säulenhallen führte eine mit weißem Stein gepflasterte Prachtstraße zum Turm. Etwas bewegte sich auf dieser Straße, das vom Standpunkt der Knochenfrucht aber von einer Säule verdeckt wurde. Erich wechselte den Körper und erkannte eine Prozession weiß gekleideter Männer, die ihre Haare bis auf einen schmalen Streifen an der Oberseite ihres Kopfes abrasiert hatten. Auch die Haare waren weiß wie Schnee. Sie wurden von einem Standartenträger mit weißem Kinnbart angeführt und trugen eine Sänfte, auf der ein flacher Gegenstand befestigt war. Als sie näher kamen, erkannte Erich, dass es sich um ein Bild handelte, genauer gesagt um eine gerahmte weiße Leinwand.
    Bis die Prozession ganz zu ihnen herangekommen war hatte Erich Gelegenheit sich die Männer genauer anzusehen. Sie waren allem Anschein nach unbewaffnet und würdigten die Scharifoi keines Blickes. Unter den weiten Gewändern zeichneten sich wohlgenährte Körper ab und ihre Augen waren mit weißer Schminke umrandet, was ihrem Blick etwas irritierend Fremdes gab. Auch ihre Fingernägel waren weiß bemalt. Wenn sie den Blick hoben, dann meist zum silber glänzenden Rahmen mit der Leinwand. Als sie einige Schritte vor den Scharifoi anhielten und sich synchron verneigten, traten mehrere Männer mit Ziegenhörnerhelmen zwischen den Scharifoi hervor und erwiderten den Gruß mit einem Kopfnicken. Offensichtlich legten die Männer des Scharif nicht viel Wert auf diese Begegnung, denn in ihren Gesichtern stand unverhohlene Verachtung. Erich konnte nicht verstehen, welche Worte zwischen den Männern gewechselt wurden, aber die Unterhaltung schien ohnehin zu keinem Ergebnis zu führen. Während die Männer des Scharif gestenreich ihren Standpunkt klar zu machen versuchten, stand die weiße Delegation einfach nur da ohne darauf zu reagieren. Aber mit einem Mal erstarrten die Männer und richteten ihre Aufmerksamkeit auf das Bild. Einer

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