Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
aber er war klug genug nichts zu unternehmen. Auch wenn der Halken die Schlangenpeitsche wieder zu einem Teil seiner Armpanzerung gemacht hatte, war es keine gute Idee ihn zu verärgern oder sich gar mit ihm anzulegen. Der Halken bestand von Kopf bis Fuß aus schwarzen oder grauen Platten voller Stacheln, die aussahen als könnte er damit einen Baum umsägen. Nur an den Innenseiten seiner Arme und Beine fehlten die Spitzen. Zwischen den Platten war die Glut seines Körpers zu sehen.
Die Hürnin schienen sich schnell an ihren neuen Körper zu gewöhnen, aber die furchteinflößende Gestalt konnte nicht ohne Auswirkungen auf ihr Verhalten bleiben. In der Art und Weise wie Gilcris mit Drigg sprach, glaubte ich die ersten Auswirkungen davon zu erkennen.
„ Beantworte mir eine Frage: Warum hast du mir erlaubt die Dämonenwelt zu betreten?“
Gilcris runzelte die Stirn. „ Ich werde Verbündete brauchen. Ich weiß noch nicht wann oder wofür, aber es nützt mir nichts dich zum Feind zu haben. “
Drigg sah Gilcris mit einem seltsamen Ausdruck an. Verwunderung lag darin. Verwunderung, in die sich Respekt mischte.
„Das ist wahr.“, sagte Drigg. „Ich bin dir dafür dankbar, dass du mir eine Chance gegeben hast weiter nach meinem Meister zu suchen. Und auch wenn ich weiß, dass wir niemals Freunde sein können, hoffe ich … “
Er verstummte und auch Gilcris wusste nichts darauf zu sagen. Deshalb wechselte er das Thema. „ Ich wünschte Sarn wäre bei uns. “, sagte er „ Er wüsste was uns erwartet und was wir zu tun haben. “
„ Wir haben deinen Namen gefunden. Wir werden deine Familie finden. Und die Ahnen. “, antwortete der Halken. Er hatte keinerlei Zweifel daran, dass sich von nun an das Schicksal zu einem ruhmreichen Finale entwickeln würde und ich beneidete ihn fast um seine Naivität.
Ich beobachtete Gilcris, während er sich weiter mit den anderen Männern über die Dämonenwelt unterhielt. Seit ich ihn kennen gelernt hatte, hatte er eine rasante Entwicklung vollzogen. Auf dem Weg von seinem Dorf nach Hornhus war er vom Kind zum Jugendlichen geworden und wer ihn in seiner neuen Gestalt, gepanzert mit hörnernen Platten sah, wäre nie auf die Idee gekommen in ihm einen Jungen zu sehen, der kaum volljährig war. Aber das war er und ich fragte mich, wie schwer das Gewicht des Hürnin-Daseins auf ihm lasten mochte. Zu viel war geschehen, zu wenig davon war in ihm zu sehen. Das Leben hinterlässt seine Spuren, während wir es durchschreiten. Es formt uns wie ein Bildhauer den Stein formt. Und selbst ein guter Bildhauer weiß nie, ob nicht sein nächster Schlag mit dem Hammer auf eine verborgene Felsader trifft, die vielleicht den Stein splittern lässt. Im Gegensatz zu einem Bildhauer macht sich das Leben darüber aber keinerlei Gedanken. Es bearbeitet uns auch dann noch weiter, wenn wir bereits zerstört sind.
Als hätte er gemerkt, dass ich ihn beobachtete, wandte Gilcris den Kopf, um mich anzublicken. „ Was hast du während deines Flugs gesehen, Icher? “, wollte er wissen. Vielleicht hatte er mir diese Frage schon einmal gestellt, ohne dass ich es mitbekommen hatte.
Ich berichtete ihm, dass das Land eine ähnliche Gestalt hatte, wie ich sie aus der Menschenwelt kannte. Verändert zwar, aber im Wesentlichen mit den gleichen Landschaftsmerkmalen. Ich erzählte, dass wir das Meer in drei oder vier Tagen erreichen könnten, wenn die Hürnin weiter mit der Geschwindigkeit der laufenden Kiste reisen könnten.
„Ich habe auch die Insel gesehen.“, sagte ich. „Sie sieht aus, als hätte man sie gründlich niedergebrannt.“
Gilcris lies sich davon nicht entmutigen. „ Wahrscheinlich sind meine Eltern auf eine andere Insel weitergezogen. Oder sie verbergen sich unter der Erde. Oder sie müssen sich inzwischen nicht mehr verstecken. Wahrscheinlich ist der Krieg inzwischen aus und sie haben sich irgendwo in der Nähe niedergelassen, meinst du nicht? “
Ich verlagerte unruhig mein Gewicht und suchte nach einer diplomatischen Antwort. „Ich mache mir eher darüber Gedanken, wie viel Zeit hier inzwischen vergangen ist und wie Sudra es geschafft hat so einfach zwischen den Welten zu wechseln.“
Sudra war inzwischen fast fertig mit dem Verstauen seines Zeltes und Drigg fragte ihn, wie er in die Welt der Dämonen gekommen war und wie er sie verlassen konnte.
Der Mann zuckte mit den Schultern. „Wir Thoren sind Reisende. Wo es Wege und Türen gibt können wir reisen.“
Drigg versuchte etwas
Weitere Kostenlose Bücher