Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
Baumes verlieh. Erst weit draußen über dem Meer wirkte, was auch immer den Fluss in der Luft hielt, nicht mehr und in hunderten von kleinen Wasserfällen stürzten die Fluten hinunter in den Ozean. Es war ein Anblick, der so überwältigend war, dass er sogar Gilcris für einige Zeit zu fesseln vermochte, bevor er erneut zum Aufbruch drängte.
Als wir das Ufer des östlichen Meeres erreichten, drängte sich mir erneut die Frage nach einem Boot auf, aber als Sudra einige Handgriffe an seinem Gefährt vornahm und es danach ohne zu zögern ins Wasser steuerte, war auch mir klar, dass es ihn nicht nur über Land sondern auch über das Wasser bringen konnte. Die Beinchen des Apparats klappten sich zu ihrer vollen Länge aus und wurden so zu Rudern. Gilcris und die anderen wateten durch das Wasser und sprangen auf, während Hund ihnen paddelnd folgte. Ich fragte mich, ob er schwimmend mit den anderen mithalten konnte.
Die Hürnin und Drigg schienen hier weder Wasser noch Nahrung zu brauchen, aber während Gilcris und der Halken in den vergangenen Nächten unruhig versuchten mit Scheingefechten die Zeit totzuschlagen, mussten wir anderen schlafen und versuchen zumindest unseren Durst zu stillen. Ich hatte seit unserer Ankunft nichts gegessen, empfand aber auch keinen Hunger. Lange würde das nicht mehr so bleiben, da war ich mir sicher.
Gilcris hatte vorgeschlagen nachts die Steuerung von Sudras Gefährt zu übernehmen, aber der hatte abgelehnt. Offenbar ließ sich die Maschine nur von ihm selbst steuern. Zähneknirschend hatte Gilcris sich damit abgefunden.
Es kam nach einigen Tagen in meiner Welt nur noch sehr selten vor, dass ich von meinem Herrn als Erich dachte und auch immer seltener, dass er für mich mein Herr war. Ich würde bei ihm bleiben so lange er mich brauchte, aber seit ich nicht mehr an ihn gebunden war, hatte sich mir plötzlich die Frage gestellt, was ich tun würde, nachdem Gilcris seine Familie wiedergefunden hatte. Ich überlegte mir immer öfter, ob nicht auch auf mich irgendwo eine Familie wartete, ob nicht auch ich noch einen anderen Namen hatte.
Ich dachte darüber nach, während ich mit klopfendem Herzen zur Insel hinüberflog. Ich sah eine in Mitleidenschaft gezogene Festung mit seltsamen Türmen und einer Statue und als ich meine Runde fast vollendet hatte, kam ich für einen Augenblick in einen Blickwinkel in dem die Insel unter mir wie das Gesicht eines Ertrinkenden aussah, der seinen Kopf nur noch halb aus dem Wasser recken konnte.
Obwohl ich die Insel lange vor Gilcris und den anderen erreichte, ließ ich ihnen den Vortritt und landete erst, nachdem Sudra sein Gefährt ein gutes Stück oberhalb des Strands auf einem Felsen abgestellt hatte. Hund hatte tapfer durchgehalten und stand nun dampfend und mit heraushängender Zunge neben den anderen, die sich aufmerksam umschauten. Seine verkümmerten Flügel hatten ihm dabei geholfen über Wasser zu bleiben.
Erst auf der Insel konnte man das ganze Ausmaß der Zerstörung erkennen. Kreisrunde Krater übersäten den Strand und die schwarzen Felsen. Sie waren nicht einfach nur aus dem Untergrund gesprengt sondern sauber ausgehöhlt wie Löcher in einem Käse. Manche waren inzwischen mit Sand gefüllt, andere, die über uns in den Felswänden klafften, hatten nichts von ihrer erschreckenden Präzision verloren. Die Krater hatten eine Größe dass der Halken mit etwas Mühe in ihnen Platz finden würde, lagen aber unterschiedlich dicht an der Oberfläche.
Wie diese Krater entstanden waren, entzog sich meiner Kenntnis, ich hatte aber kein gutes Gefühl, wenn ich sie betrachtete.
„Damit ist mein Versprechen erfüllt.“, sagte Sudra mit einer leichten Verneigung. „Ich werde in meine eigene Welt zurückkehren.“
Drigg hob rasch seine Hand, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und wandte ein: „Wir werden dein Gefährt brauchen, um wieder von dieser Insel herunterzukommen.“
Sudra wies auf eine Spalte zwischen zwei Felsen, in der etwas im Schatten verborgen lag. „Dort findet ihr ein Boot. Lebt wohl.“
Er verbeugte sich ein letztes Mal, sprang auf seine Maschine und war dann bald im Dunst über dem Wasser verschwunden. Wir verschwendeten nicht viel Zeit damit ihm nachzusehen.
Gilcris und der Halken begannen sofort nach einem Weg zu suchen, der die Felsen hinaufführte. Hund und ich folgten ihnen, Drigg bildete nach einem letzten Blick zurück die Nachhut.
Wir waren etwa eine halbe Stunde lang in dem unwegsamen Gelände
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