Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
neigte er den Kopf, um Gilcris und den Halken anzublicken.
„ Gilcris.“ , wisperte er zärtlich. „Begleitet von einem schwarzen Halken.“
Und dann lachte er wie die Zeit lacht wenn sie Königreiche zu Staub zerfallen lässt.
Gilcris antwortete ebenso sacht wie Chiludes. Seine Stimme zitterte und ich konnte die Flammen unter seinem Panzer unruhig flackern sehen. Ich war so gebannt, dass ich seine ersten Worte gar nicht hörte. Erst als Chiludes seine Arme hob, klang etwas in meinen Ohren nach, das sich wie 'Familie' anhörte.
Chiludes schloss Gilcris in seine Arme, die ein letztes Mal die Kraft dafür fanden und für einen endlos erscheinenden Augenblick klärte sich der schwarze Rauch, der aus seinem Mund drang und seine Augen leuchteten heller.
„Ich habe so lange auf dich gewartet.“ , flüsterte Chiludes. „ Aber nun bist du heimgekehrt. Endlich. “
Gilcris wurde von seinen Gefühlen übermannt. Er versuchte etwas zu sagen, fand aber keine Worte. Auch der Halken war so ergriffen, dass er auf die Knie gesunken war, um ein stummes Dankgebet an die Ahnen zu senden. Und Chiludes hörte ihn.
Er schloss lächelnd die Augen und begann ein Lied zu summen, das vom Wind erzählte, der über den Ozean strich, von den Fischen, die er sah, von den Wolken, die er zu tragen hatte und von der Einsamkeit der Sterne. Es erzählte vom Schlaf der Bäume, vom endlosen Hunger des Mondes nach Licht und davon worüber Regentropfen während ihres kurzen Lebens miteinander sprachen.
Es war kein trauriges Lied aber es rührte alle, die es hörten zu Tränen. Selbst Hund, der sich winselnd am Boden wälzte.
„Der Sänger am Ende der Welt hat sein letztes Lied angestimmt.“ , sagte Chiludes und öffnete seine Augen. Sie waren klar und trotz der Glut in ihnen beinahe menschlich. „ Nun beginnt die Zeit der Stille. “ Er blickte auf Gilcris herab. „Weine nicht, denn du bist heimgekehrt. Spät, aber nicht zu spät. Es steht uns nicht zu unsere Zeit zu wählen.“
Ich musste ein unbewusstes Geräusch gemacht haben, denn Chiludes wandte plötzlich den Kopf, um mich anzusehen.
„ Ah, du hast Gefährten mitgebracht. Das ist gut. Auch ich hatte einmal einen Gefährten. Vor langer Zeit. Sein Name war … “
„ Chon .“, wisperte Gilcris.
Chiludes nickte, sagte aber eine Weile nichts mehr. Dann forderte er mich, Drigg und Hund mit einer qualvoll langsamen Handbewegung auf, aus den Schatten hervorzutreten. Wir versammelten uns vor ihm und er musterte uns, wie er zuvor Gilcris und den Halken gemustert hatte.
„ Dämonen, Menschen und Hürnin. “, raunte er nachdenklich. „ Keine Freunde aber Weggefährten. Es wird genügen. “ Seine linke Hand ruhte immer noch auf Gilcris' Schulter und er hob sie, um sacht über seine Wange zu streichen, wo eine Feuerträne ihre Spur hinterlassen hatte. „ Du bist Blut von meinem Blut. Fleisch von meinem Fleisch. Feuer von meinem Feuer. Du bist Gilcris, Sohn von Chilles, meinem Sohn. Du bist der Herr der Hürnin. “
Kapitel 17 – Herr der Hürnin
Gedämpft fuhr er fort: „ Sigwar ist verschollen und ich … “ Er verstummte vor dem Offensichtlichen.
„ Was ist mit dir geschehen? “, wollte Gilcris wissen und als er nicht gleich eine Antwort erhielt fügte er hinzu: „ Und warum? “
„ Ich habe sie alle verraten: Menschen, Dämonen und Hürnin. Ich bin mit ihnen allen eine Verbindung eingegangen und habe sie verraten. “
Erst jetzt schien Gilcris Chiludes' Flügel zu bemerken. Erst jetzt begriff er, dass diese in dieser Welt eigentlich nur den Dämonen vorbehalten waren. Und noch nicht einmal allen Dämonen.
Gilcris fragte nicht, aus welchem Grund Chiludes zum Verräter geworden war, oder worin sein Verrat im Detail bestanden hatte. Das Feuer in den Augen seines Großvaters reichte aus, um ihm zu sagen, dass er einen guten Grund dafür gehabt haben musste.
„ Du bist nun der neue Herr der Hürnin – wenn du sie zurück nach Hause führen kannst.“
„ Das sind sie längst. Sie sind nach der Schlacht auf dem Sommerfeld nach Hornhus zurückgekehrt. Ich kann nicht der Herr der Hürnin sein. Ich suche nur meine Eltern.“
Chiludes machte ein Geräusch des Mitleids und der Verachtung.
„Dein Vater ist tot. Deine Mutter Banisasch gefangen. Vielleicht ist auch sie tot. Und diese anderen Hürnin sind nur Schatten und Geister.“ , zischte er. „Kaum wert den Namen Hürnin zu tragen. Kaum wert …“
Er verstummte und das Feuer in seinen Augen
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