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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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konnte jetzt die Rüstung erkennen, von der Chiludes gesprochen hatte. Wie Gilcris und der Halken war Chiludes gepanzert, aber es steckte auch etwas von einem Horndämon in ihm. Ich sah mit an, wie sein Körper und die Flügel zerbrachen und zu feiner Asche zerfielen, die vom Wind davongetragen wurde. Nur die Rüstung, in der der Speer steckte, blieb wie eine Statue stehen.
    Gilcris packte den Speer mit beiden Händen und zog daran, aber er bewegte sich nicht. Mit einem markerschütternden Schrei wandte er sich ab und kam mit mächtigen Schritten auf mich zugelaufen.
    Bevor ich wusste, wie mir geschah, sprang er mich an. Sein Körper prallte auf meinen und klammerte sich fest, während sein Geist in mich eindrang. Meine Flügel schlugen wie wild und obwohl sein Gewicht schwer wie Blei an mir hing, hoben wir ab und bewegten uns schnell in Richtung Westen, bevor einer der anderen etwas dagegen unternehmen konnte.
    Ich weiß nur noch sehr wenig von diesem wilden Flug. Ich konnte mir noch nicht einmal im Ansatz ausmalen, wie stark Chiludes' Tod Gilcris verändert hatte. Vielleicht lag es an der veränderten Gestalt, die sich nun in Gilcris Bahn brach, vielleicht war es auch die erschreckende Größe seines Erbes, das auf ihm lastete. Was auch immer es war, ich konnte nicht mehr mit Sicherheit sagen, was Gilcris dachte und fühlte.
    Wenn ich schon damals Worte für diese Erkenntnis gefunden hätte und wenn ich die Gelegenheit gehabt hätte mit Gilcris darüber zu sprechen, dann wäre vielleicht manches anders verlaufen. Aber so war er wie ein fliegender Pfeil und eine Windböe würde reichen, um ihn von seinem Kurs abzubringen.
    Meine Kraft reichte nicht aus um die Küste zu erreichen und ich weiß nicht mehr, wie wir es an Land geschafft haben. Aber ich erinnere mich, dass mich ein dampfender und zischender Koloss auf seinen Armen aus dem Wasser trug und mich halb bewusstlos am Strand absetzte. Danach setzte Gilcris seinen Weg unbeirrbar nach Nordwesten fort um der Spur der Hämolithen zu ihrer Quelle zu folgen und sein Volk zu befreien.
    Ich war zu erschöpft um ihm zu folgen und viel zu erschöpft, um zu Drigg, dem Halken und Hund zurückzukehren. Der Flug hatte meine Kräfte aufgebraucht. Ich kroch auf allen Vieren ein Stück den Strand hinauf und fiel dann in einen tiefen, bleiernen Schlaf. Es muss Stunden gedauert haben, bis ich wieder zu mir kam und es dauerte Tage, bis meine Flügel nicht mehr schmerzten.
    Als ich meine Augen öffnete, hoffte ich für einen Moment, dass Gilcris zu mir zurückgekehrt wäre, aber es war der Halken, der nicht weit entfernt die Ruder ins Boot warf und ins hüfttiefe Wasser sprang. Das Meer um ihn herum brodelte und für einen kurzen Moment schien er Flügel aus Dampf zu besitzen.
    „ Wo ist er? “, fragte er und half mir auf. Meine Flügel brannten wie Feuer. Meine Augen waren schwer. Ich war noch immer benommen, schaffte es aber eine Antwort zu murmeln: „Fort. Nach Norden.“
    Ich spürte, wie der Halken mich zurück in den weichen Sand sinken ließ und hörte, wie er sich mit Drigg unterhielt. Erneut fiel ich in tiefen Schlaf und ich weiß noch, dass ich mir überlegte, ob es nicht das Beste wäre nie wieder daraus zu erwachen. Mein Herr und Gefährte hatte sich gegen mich gewendet. Er hatte mich zurückgelassen. Er wusste nun wer er war und machte sich auf den Weg seine Bestimmung zu erfüllen. Ich konnte es ihm nicht verdenken, dass er keine Verwendung mehr für mich hatte. Ohne Zweifel würde er erfüllen, was Chiludes vorausgesagt hatte: Er würde die Hürnin befreien und sie als ihr Herrscher zu neuer Größe führen. Als unbedeutender Horndämon ohne besondere Fähigkeiten hatte ich in der neuen Welt, die daraufhin anbrechen würde, keinen Platz. Schlimmer noch: Ich gehörte zu denen, die die Hürnin verraten hatten.
    Drigg weckte mich unsanft. „Ein Sturm zieht auf, wir müssen gehen.“, sagte er bestimmt nicht zum ersten Mal. Er legte meinen Arm um seine Schulter und zog mich hoch. Ich musste die ganze Nacht und einen Teil des Morgens durchgeschlafen haben, denn die Sonne stand gerade hoch genug am Himmel, um ihr Licht unter der dicken Wolkendecke hindurch zu schicken, die wie Rauch über dem Wasser lag. Der Himmel war voller Feuer.
    Das Delta der Draach und die sich fächerförmig durch die Wolken ausbreitenden Blitze standen sich wie zwei wütende Tiere gegenüber. Das Wasser des Flusses schäumte, aufgepeitscht vom Wind und die Wolken ballten sich wie Fäuste.
    Mit

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