Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
Drigg es bemerkte lächelte er schmallippig.
„ Keine Angst. So lange ihr in eurer eigenen Welt bleibt könnt ihr tun und lassen was ihr wollt.“
„ Warum ist die Flamme dann hier hergekommen?“
Drigg legte den Kopf in den Nacken und atmete tief durch. „Ich weiß es nicht. Ich bin schon zufrieden, wenn ich ihn hier finde.“
„Und wenn nicht?“
Drigg blickte mich so durchdringend an, dass ich meinen Blick abwenden musste.
„Dann ist es an mir die Linie des Feuers fortzuführen.“
Er brachte uns innerhalb weniger Tage in Sichtweite der großen Straße auf der inzwischen wieder reger Verkehr herrschte und lenkte unseren Weg dann in einigem Abstand davon nach Norden. Nach weiteren zwei Tagen mit wenig Nahrung und nur einigen wenigen Schlucken zu trinken für mich und Hund erreichten wir eine ausgewaschene Felsformation in deren Mitte sich glasklares Wassre zu einem Teich gesammelt hatte. Während wir gierig unseren Durst stillten, kletterte Drigg auf einen der rauen Sandsteinfelsen, um die Gegend auszukundschaften. Als ich ihm folgte, stellte ich fest, dass sich die Straße nicht weit vor uns teilte. Eine Abzweigung, der alle Wagen und Reiter folgten, bog nach Nordwesten ab, während der Rest der Straße weiter geradewegs nach Norden führte. Eine schwarze Rauchsäule stieg am Horizont in den Himmel. Keiner der Reisenden schien dort hin zu wollen oder von dort zu kommen.
„Ich gehe nach Norden.“, sagte Drigg wenig später. „Ich spüre, dass die Flamme dort auf mich wartet. Wo Rauch ist, ist auch Feuer.“
Ich war zu erschöpft, um ihn zu fragen, woher er das wusste und warf stattdessen dem Halken einen fragenden Blick zu. Ich glaubte zwar nicht, dass er etwas Konstruktives zu dem plötzlichen Entschluss des Magiers beizutragen hatte, aber er überraschte mich mit einer schnellen Antwort:
„ Wir begleiten dich bis es dunkel wird. Danach trennen sich unsere Wege. “
Drigg hob eine seiner pechschwarzen Augenbrauen, sagte aber nichts. Die Flammen über seinem Kopf flackerten unruhig. Schließlich nickte er.
Obwohl wir uns bereits mehrere Tage in der Domäne der Dämonen aufhielten, war es schwierig einzuschätzen, wann ein Tag beginnen und wann er zu Ende gehen würde. Dunkle Wolken schoben sich manchmal unvermittelt vor die Sonne und ließen eine unstete Dämmerung hereinbrechen, während es nachts passieren konnte, dass fließende Lichtbänder am Himmel die Dunkelheit zerschnitten wie verirrte Sonnenstrahlen.
Drigg hatte mit seiner Beschreibung dieser Welt vollkommen Recht. Sie war primitiv, roh und augenscheinlich an vielen Stellen in ihrer Entwicklung stehen geblieben. Sie war auf eine Art und Weise unfertig, die man nicht mit wenigen Worten erklären konnte. Es war nicht leicht das an bestimmten Dingen festzumachen, aber wir alle konnten es am Klang unserer Füße auf dem Boden, am Aroma der Luft und am Schlagen unserer Herzen erkennen. Diese Welt folgte anderen Gesetzen aber obwohl stets eine unausgesprochene Bedrohung in der Luft zu liegen schien, fühlte ich mich auf seltsame Art und Weise geborgen. Das hier war meine Heimat und hier gehörte ich hin.
Wir mochten etwa eine Stunde unterwegs gewesen sein, seit wir den Teich hinter uns gelassen hatten, als wir wieder daran erinnert wurden, dass wir hier jederzeit mit Überraschungen rechnen mussten. Ohne Vorwarnung überquerten wir eine unsichtbare Grenze und sahen uns plötzlich einem Landstrich gegenüber, der zuvor noch nicht da gewesen war. Wir wichen überrascht einige Schritte zurück und das Land vor uns verschwand und wurde wieder von der staubigen Ebene abgelöst, die wir zuvor gesehen hatten. Doch ein einziger Schritt nach vorn brachte uns in einen seltsamen dunklen Wald, der von etwas durchzogen war, das ich nicht in Worte fassen kann. Mir wurde von dem Anblick schwindelig und als ich sah, dass sich in dem Etwas, das den Wald durchzog, Augen auf mich richteten, stolperte ich voll Panik wieder zurück.
Vorsichtig steckte Drigg seine Hände aus.
„Das Gewebe der Welt ist dünn hier.“, murmelte er und führte seine Fingerspitzen an einer Barriere entlang, die keiner von uns sehen konnte. Aber sie war da. Es genügte den Kopf nach vorn zu recken und schon breitete sich in meinem leeren Magen ein Gefühl von Übelkeit aus. Unten war oben. Innen war außen. Das was den Wald durchzog war hohl. Und der Wald …
„ Wurzeln.“, flüsterte ich, als ich endlich begriff. In einer Verkehrung alles Gewohnten, ja alles Möglichen war
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