Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

überall standen mitunter mannshohe Brocken und Platten herum. Der Stein roch leicht metallisch und ich mochte das Gefühl des glatten Hämoliths unter meinen nackten Fußsohlen ganz und gar nicht. Obwohl der Stein fest war, fühlte er sich irgendwie schmierig an, so ähnlich wie feuchte Seife. Ihn abzubauen und zu verarbeiten war bestimmt nicht einfach. Außerdem wurde es immer kälter, je weiter wir nach unten kamen. Im Mondlicht glaubte ich sogar eine dünne Schicht Reif am Grund des Kraters glitzern zu sehen.
    Wir umrundeten einen weiteren Hämolithblock und der Halken blieb abrupt stehen. Direkt vor uns befand sich eine Gruppe von fünf Bewaffneten, die sich auf ihre Speere stützten und leise miteinander redeten.
    Ich legte dem Halken die Hand auf die Schulter und wies ihm dann an, dass er wieder den Gefangenen spielen sollte. Dann schlich ich im Schatten des Kraters näher an die Gruppe heran.
    „Sie werden ihn schon wieder einfangen.“, sagte gerade einer der Männer.
    „ Ich sage dir doch, dass keiner der Staubfresser den Flieger getötet hat. Die Wächter hätten ihn niemals vorbeigelassen.“, erwiderte ein anderer mit zischender Stimme.
    „ Dann war es ein Geist aus dem Wald oder was sich sonst noch so da rumtreibt. Ich verstehe nicht, warum man deshalb so einen Aufstand veranstaltet. Ich könnte jetzt in meiner Hütte liegen und …“
    „ Du könntest jetzt auch mit aufgeschlitzter Kehle am Grund der Grube liegen!“, zischte der andere zurück und der Rest der Männer stimmte ihm brummend zu. „Etwas oder jemand treibt sich hier herum und … Achtung!“
    Ich war aus dem Schatten herausgetreten und bewegte meine Flügel, so als wäre ich gerade eben in der Nähe gelandet.
    „Ein kleines Schwätzchen, was?“, fragte ich und legte so viel Hohn in diese Worte wie ich nur konnte.
    „ Nein, das heißt, verzeiht Berater, aber … wir …“ Der Dämon verstummte und blickte schuldbewusst zu Boden.
    „ Was gibt es zu berichten?“, wollte ich wissen und hoffte, dass es für diese Art von Frage keine festgelegte Formel gab.
    „ Nichts, Berater. Alles ruhig. Schon seit Stunden. Keine Vorfälle seit dem Tod des Kommandeurs.“
    Ich nickte. „Und die Bluter?“
    „Verhalten sich ruhig. Sind wahrscheinlich froh, dass sie nicht arbeiten müssen. Faules Pack. Wir sollten sie …“
    „ Danke das genügt.“, beeilte ich mich zu sagen, als ich hinter mir ein leises Scharren hörte. Vor meinem geistigen Auge sah ich den Halken schon mit ausgefahrener Schlangenpeitsche auf die Männer zustürmen. „Bleibt in Bewegung. Man kann nie wissen.“
    „ Ja, Berater.“, sagte der Wortführer der Gruppe und einer nach dem anderen verschwanden die Männer mit einem respektvollen Nicken in meine Richtung in der Dunkelheit. Schnaufend trat der Halken aus dem Schatten hinter mir. Ich konnte sehen, wie die Glut in seinen Augen pulsierte und hörte, wie seine Finger knackten, weil er seine Hände krampfhaft zusammenballte und wieder öffnete. Die Schlangenpeitsche war tatsächlich ein Stück aus seinem Arm gefahren und schwankte mit suchendem Blick von einer Seite zur anderen.
    „ Beruhige dich.“, flüsterte ich. „Du wirst noch genug Gelegenheit haben zu kämpfen.“
    Er erwiderte nichts darauf, aber das Geräusch seiner aufeinander mahlenden Zähne war Antwort genug.
    Das Dorf der Arbeiter war von einer hohen Mauer aus Blutstein umgeben, in der nur eine einzige Lücke klaffte, die natürlich streng bewacht wurde. Wir hätten zwar versuchen können an einer anderen Stelle über die Mauer zu klettern, aber ich entschied mich für den direkten Weg. Wenn wir bei dem Versuch unbemerkt ins Dorf zu gelangen entdeckt worden wären, hätten wir keine Möglichkeit mehr gehabt uns da wieder irgendwie herauszureden. Direkt am Tor konnte ich versuchen die Wachen zu täuschen. Es hatte bereits zwei mal funktioniert und ich war zuversichtlich, dass es auch ein weiteres Mal funktionieren würde. Aber nicht ohne einen Plan.
    „ Hund muss hier bleiben. Er würde zu sehr auffallen. Hund, versteck dich in einer der Felsspalten bis wir dich holen.“, sagte ich und der Dämon des Halken stimmte mir mit einem dumpfen Bellen zu. Dann ging ich zusammen mit dem Halken in Richtung Tor los und gab ihm einen ordentlichen Schubser, als die Wachen auf uns aufmerksam wurden. Diese Männer unterschieden sich von den Kriegern, mit denen wir es bisher zu tun bekommen hatten. Diese hier waren größer, in weite Lederumhänge gekleidet und mit