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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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Aber das habe ich selber noch nie erlebt.“
    „ Woher weißt du es dann?“
    Brogu grinste scheel.
    „Man hört hier unten so dies und das. Außerdem hat mir Beatrix ein paar Stiche und Knoten gezeigt, die ich an Leder und Hühnerfleisch üben sollte. Da reimt man sich so einiges zusammen.“
    „ Du hast Hühner zusammengenäht?“, fragte Erich lachend. „So mit drei Köpfen?“
    Auch Brogu musste lachen. „Nein, daran habe ich leider nicht gedacht. Aber beim nächsten Mal probiere ich das vielleicht aus und setze es Bern vor die Tür. Oder Beatrix.“
    Sie kicherten noch ein paar Augenblicke, als sie sich zusammen vorstellten, was passieren würde, wenn Bern oder Beatrix ein dreiköpfiges Huhn finden würden, dann wurde Erich wieder ernst.
    „ Du, warst du eigentlich noch mal unten bei den Statuen?“, wollte er wissen.
    Brogu nickte. „Ja. Beatrix hat es mir zwar verboten, aber ich bin trotzdem hinuntergegangen.“
    „Und?“
    „ Eine von ihnen leuchtet immer noch schwach. Ich bin näher ran gegangen, um sie mir genauer anzusehen, aber ich konnte nichts weiter entdecken. Sie leuchtet halt, das ist alles.“
    „ Kommt es mir nur so vor, oder ist die Schale des Bundes aus dem gleichen Material wie die Statuen?“
    Brogu musste kurz überlegen. „Könnte sein. Zumindest haben sie eine ziemlich ähnliche Farbe, aber warum fragst du?“
    „Mir ist ein wenig mulmig, wenn ich an dieses Ritual am Tag des Bundes denke. Sich zu schneiden und sein Blut in eine Schale tropfen zu lassen erscheint mir irgendwie nicht richtig. Außerdem hat der ganze Ärger angefangen, als wir bei diesen Statuen waren, da habe ich ein wenig Angst davor, mit dieser Schale herumzuhantieren.“
    „ Welcher Ärger? Wovon sprichst du?“
    Erich fiel ein, dass Brogu ja gar nichts von dem zweiten Angriff draußen im Moor wusste und winkte ab.
    „Ach nichts, ich fühle mich halt einfach nicht wohl bei der Sache.“
    Brogu lächelte beruhigend. „Das geht allen am Anfang so. Aber du wirst sehen, wenn ihr nach einem Jahr nach Hornhus zurückkommt, wird alles ganz anders aussehen. Am liebsten würde ich mit euch kommen. Ein Jahr wieder unter freiem Himmel verbringen wäre toll.“
    Erich schluckte bittere Galle hinunter. Er konnte seinem Freund nicht sagen, dass die Verbannung nur vom Wortlaut her für ein Jahr und einen Tag galt, in Wirklichkeit aber endgültig war. Statt dessen versuchte er tapfer zu lächeln und antwortete so zuversichtlich wie möglich: „Ja, du hast Recht, bei meiner Rückkehr wird bestimmt alles ganz anders aussehen.“
    Sie verabredeten ein Treffen gleich nach dem Ritual, um sich voneinander verabschieden zu können, aber dazu kam es nicht mehr. Wenn sie gewusst hätten, was der Tag des Bundes an Überraschungen für Erich bereit hielt, hätten sie sich mehr Zeit für ihr Gespräch genommen.
     
    Der Tag des Bundes brach für Erich an, wie der Tag, an dem er in die Gemeinschaft aufgenommen worden war, ohne je wirklich in ihr anzukommen. Er war so unruhig, dass es sogar Sarn irgendwann zu dumm wurde und er ihn losschickte, um Wasser aus dem Tiefen Brunnen zu holen, obwohl sie noch mehr als genug Wasser hatten und gar nicht alles verbrauchen konnten, bevor sie am nächsten Tag losziehen würden. Aber Erich war froh über diese Aufgabe. Ihm war übel, er hatte das Gefühl nicht richtig Luft zu bekommen und seine Handflächen schwitzten. Sich zu bewegen half ein wenig.
    Auf dem Weg zum Tiefen Brunnen sah er überall die dünnen roten Bänder, die wie Blutfäden an den Häusern und Brücken hingen. Im leichten Aufwind, der ständig in Hornhus herrschte, wanden sie sich wie lebendige Wesen und mit einem Mal kam es Erich vor, als würde er die Stadt nun zum ersten Mal sehen. Alles war fremd und was die alteingesessenen Hürnin für Schmuck hielten, war in Erichs Augen eine Verhöhnung des guten Geschmacks.
    Wer ein Haus besaß, hatte ein Tier geschlachtet und mit dem Blut die Türstöcke oder die Stufen zum Eingang bestrichen. Erich erinnerte der Geruch, der in der Luft hing, an sein Dorf und er beeilte sich zu dem Brunnen zu kommen, der tiefer unten lag als alle Behausungen. Erst dort konnte er wieder atmen ohne würgen zu müssen. Es gab auch höhere Brunnen in der Stadt und die meisten Hürnin schöpften ihr Wasser sowieso aus den Zisternen, die das Regenwasser auffingen oder über ein ausgeklügeltes Rohrsystem aus dem Moor gefüllt werden konnten. Aber seit ihrer Verurteilung hatte Sarn darauf bestanden Wasser aus

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