Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi
ausbrach. Als es dem Soldaten schließlich über wurde, sie voller vorweggenommener Schadenfreude anzustarren, winkte er zum zweiten Mal. Zwei weitere Männer senkten ihre Waffen und gingen davon, kehrten aber schon kurz darauf zurück, einen dritten, weit kleineren Mann zwischen sich führend.
Sein Gesicht kam Andrej vage bekannt vor, aber er konnte nicht gleich sagen, woher.
»Ist er das?«, fragte der Soldat.
»Ja!«, antwortete der Mann. »Diesen Ungläubigen erkenne ich sofort wieder und seinen Begleiter erst recht! Wer könnte einen solchen Kerl vergessen?«
Es war der Waffenschmied, in dessen Werkstatt er das kostbare Schwert bewundert hatte, wie sich Andrej jetzt erinnerte. Aber er verstand noch immer nicht, was dieser Auftritt sollte, und stellte die Frage auch laut.
»Das fragst du auch noch?«, ereiferte sich der Mann. »Du bist ein Dieb, Ungläubiger, ein gemeiner, hinterhältiger –«
Der Soldat brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen.
»Erzähl uns noch einmal, was geschehen ist«, verlangte er.
»Dieser Kerl da und sein schwarzer Komplize« – der Mann deutete aufgeregt gestikulierend abwechselnd auf Abu Dun und ihn- »sind in mein Geschäft gekommen und haben sich meine kostbarsten Waren zeigen lassen!«
Wieder wurde er mit einer rüden Geste zum Verstummen gebracht. »Ist das wahr?«, fragte der Soldat.
Andrej nickte, und der Händler fuhr mit schriller Stimme fort:
»Mein allerbestes Stück haben sie sich zeigen lassen und die solventen Kunden gespielt. Mein bestes Schwert, einen Saif, den Saladin selbst in der Schlacht getragen hat!« »Ist das wahr?«, fragte der Soldat noch einmal. Andrej nickte auch jetzt. »Bis auf den Teil mit Saladin.« »Was erdreistest du dich, du Christenhund? Die Zunge soll dir abfaulen, so –«
»Genug!«, sagte der Soldat scharf. »Erzähl weiter.« »Sie sind gegangen, weil ihnen der Saif dann angeblich doch zu teuer war«, fuhr der Mann fort. »Aber dann haben sie und ihre Spießgesellen draußen auf der Straße einen Streit vom Zaun gebrochen, oder wenigstens so getan. Angeblich hat er eine junge Frau in mein Geschäft verfolgt, und sie haben miteinander gerungen. Alles kurz und klein geschlagen haben sie, meine besten Stücke ruiniert und genug Schaden angerichtet, um mich in den Ruin zu treiben! Und als sie fort waren, da war auch der Saif verschwunden!«
»Ist das wahr?«, fragte der Soldat zum wiederholten Mal. Aber er tat es auf eine Art, die Andrej davon überzeugte, dass es egal war, was er antwortete. Es war auch Abu Dun, der es tat. »Ja, und danach haben wir zwei unserer Komplizen getötet, damit es auch glaubhaft aussieht. Das klingt logisch.« »Tatsächlich«, antwortete der Soldat, »haben wir zwei Tote gefunden. Vielleicht waren es aufrechte Männer, die mutig genug waren, euch aufhalten zu wollen, und für diesen Mut mit ihrem Leben bezahlen mussten. Und einen dritten Mann, den ihr zum Krüppel geschlagen habt, sodass er nie wieder laufen kann … falls er es überhaupt überlebt.« »Ihr habt seinen gebrochenen Arm vergessen«, sagte Andrej. »Der, mit dem er mir das Messer in die Kehle rammen wollte. Sagt, kam er Euch vielleicht irgendwie bekannt vor?«
Darauf antwortete der Soldat nicht, vielleicht, weil in diesem Moment die beiden anderen Männer wieder aus dem Haus kamen. Einer hielt einen in ein Tuch eingeschlagenen Gegenstand in Händen, den er ihm reichte.
»Das war in ihrem Zimmer.«
Andrej war nicht einmal überrascht, als der Soldat das Tuch zurückschlug und die sanft gebogene Klinge eines Saif darunter zum Vorschein kam. Behutsam, fast schon bewundernd drehte er das Schwert in den Händen und wandte sich dann an den Händler. »Ist es das?«
»Das fragt Ihr noch?«, lamentierte der Mann. »Ich habe es doch hinlänglich beschrieben, oder? Erkennt Ihr etwa nicht Saladins Schwert?«
»Das heißt dann wohl ja«, seufzte der Soldat.
»Das ist lächerlich«, sagte Andrej, »und das wisst Ihr auch.«
Der Soldat sah ihn auf schwer zu deutende Art an, wickelte den Saif dann sorgfältig wieder ein und gab seinen Begleitern einen Wink. »Durchsucht sie nach Waffen«, sagte er. »Und dann bindet sie. Wir nehmen sie mit.«
Es war ganz gewiss nicht das erste Gefängnis, indem sich Abu Dun und er wiederfanden, aber das seltsamste. Es hatte ein vergittertes Fenster, und die Tür war ausgesprochen massiv und ließ sich nur von außen öffnen, doch damit hörten alle Ähnlichkeiten mit den diversen Kerkerzellen und Verliesen auch
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