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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zu reizen.
    Doch der Hauptmann machte einen von einer einladenden Geste begleiteten Schritt zurück.
    »Wenn du das möchtest.«
    Jetzt war sogar Abu Dun so perplex, dass er nur eine Grimasse zog, und Sharif gestattete sich ein knappes Lächeln, wiederholte aber seine einladende, vielleicht befehlende Geste. »Kommt! Es geziemt sich nicht, meinen Herrn warten zu lassen.«
    Zu Andrejs Erleichterung verzichtete Abu Dun auf weitere Frechheiten, während sie ihr luxuriöses Gefängnis verließen. Draußen trafen sie auf zwei Männer, die zwar Musketen trugen, sie aber nicht im Anschlag hielten und sie sehr aufmerksam, aber nicht unbedingt feindselig beäugten. Andrej spürte die Nähe anderer Männer, die ihnen – vermeintlich unbemerkt folgten.
    Sharif führte sie in scharfem Tempo durch ein wahres Labyrinth aus Gängen, Treppen und Fluren und schließlich über einen von prachtvollen Arkadengängen gesäumten Innenhof, der größer als so manches Dorf war, das sie gesehen hatten. Die Sonne war untergegangen, und überall brannten Fackeln und Öllampen mit bunten Gläsern. Sie durchquerten einen Garten, der beinahe die Ausmaße eines künstlich angelegten Waldes hatte und in dem trotz der vorgerückten Stunde noch zahlreiche Gärtner arbeiteten. Überall plätscherte Wasser, und ersah eine Unzahl exotischer Blumen und blühender Büsche. Bunte Vögel in zierlichen Käfigen schrien melodisch nach Freiheit, und von irgendwoher kam leise Musik. Alles war künstlich und für seinen Geschmack eine Spur zu grell, kam der Vision eines gläubigen Moslems vom Paradies aber vermutlich recht nahe. Seiner eigenen übrigens auch. »Wohin bringt Ihr uns?«, wandte ersieh an Sharif, als sie den Garten fast durchquert hatten. Er bekam keine Antwort. Sie näherten sich einer breiten Marmortreppe, die zu einem gewaltigen zweiflügeligen Tor hinaufführte. Krieger in blitzendem Harnisch und mit funkelnden Waffen, die aber hauptsächlich der Zierde dienten, flankierten die Tür, und auch dahinter brannte Licht in verschwenderischer Fülle. Andrej hatte eine recht klare Vorstellung, wohin sie gebracht wurden … auch wenn er sich nicht erklären konnte, warum.
    Weitere Krieger schlössen sich ihnen an, als sie das Gebäude betraten und weitere mit nun wahrhaft überbordendem Prunk und Schmuck ausgestattete Räume und noch mehr Treppen hinter sich brachten. Schließlich blieben sie vor einer Doppeltür stehen, deren Größe die der meisten Kirchenportale überstieg, vor denen Andrej jemals gestanden hatte, und die nur zehnmal prachtvoller war. Sharif wechselte ein paar geflüsterte Worte mit einem der beiden Wächter, die davor postiert waren, woraufhin der Mann die Tür gerade weit genug öffnete, um durch den Spalt zu schlüpfen.
    »Ihr werdet mit gesenkten Häuptern eintreten und meinen Herrn nicht direkt ansehen, es sei denn, dass er es euch erlaubt«, sagte Sharif. »Und ihr werdet nur sprechen, wenn ihr ausdrücklich dazu aufgefordert werdet.« »Sonst werden wir getötet«, vermutete Abu Dun. »Sehr langsam und unter unsäglichen Qualen«, bestätigte Sharif, und dieses Mal suchte Andrej vergeblich nach einem spöttischen Funkeln in seinen Augen. Der Wächter kam zurück, zog die Tür nun ganz auf und bedeutete ihnen mit einem wortlosen Nicken, einzutreten. Abermals war es eine vollkommen andere Welt, die sie empfing. Das Licht war gedämpft, aber sehr warm, und schwere, süßliche Gerüche bestürmten seine Sinne ebenso heftig wie das schiere Übermaß von Gold und Rot, in dem der Raum geradezu ertrank. Überall waren Kissen und kleine Sofas und zierliche Möbel aus den edelsten Hölzern, und in der Mitte des saalgroßen Raumes plätscherte ein marmorner Springbrunnen, der auch auf den Prachtstraßen Roms nicht unangenehm aufgefallen wäre.
    Der Herr über all diesen Punk thronte auf dem gewaltigsten Diwan, den Andrej jemals gesehen hatte. Im ersten Moment fiel es ihm schwer, das Gesicht unter dem riesigen goldfarbenen Turban zu erkennen, das fast zur Gänze hinter einem gewaltigen gezwirbelten Schnauzbart verschwand.
    Flankiert wurde er von zwei glutäugigen Schönheiten, die zwar eine Menge Stoff am Leib trugen, der aber nicht wirklich dem Zweck zu dienen schien, ihre Reize zu verbergen, denn er war zum allergrößten Teil durchsichtig.
    Der Raum erinnerte an einen Harem und mochte es wohl auch sein.
    »Senkt die Häupter«, raunte Sharif, »und macht kleine Schritte und nicht zu hastige Bewegungen.«
    »Weil wir sonst getötet

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