Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi
zur Not bin ich ja auch noch da«, fügte Abu Dun schmatzend hinzu. »Mach dir keine Sorgen, mein Täubchen.«
»Euer Freund begleitet mich«, bestätigte Sharif. »Falls ihr jemanden braucht, um kleine Kinder zu erschrecken?«, fragte Murida. Abu Dun feixte nur. Sharif deutete mit dem Kopf auf das reiterlose Pferd neben sich.
Er schwieg, bis Murida aufgesessen war, demonstrativ an ihr vorbei zum Fluss hinabstarrend. Mittrotziger Miene griff sie nach den Zügeln und zwang ihr Pferd grob herum. Erst als sie ein gutes Stück entfernt und sicher außer Hörweite war, wandte er sich wieder an Andrej.
»Ihr solltet nicht vergessen, wer dieses Mädchen ist, Andrej.«
»Jedenfalls nicht Eure Tochter, Hauptmann«, sagte Andrej. »Auch wenn man meinen könnte, sie wäre es, so wie Ihr Euch aufführt.«
»Ihr versteht es immer noch nicht«, fragte Sharif. »Ich liebe dieses Mädchen, als wäre es meine eigene Tochter, aber ich bin nicht blind, und ich bin auch nicht dumm.«
»Warum führt Ihr Euch dann auf wie eine eifersüchtige Glucke?«
»Tue ich das?« Sharif schnaubte abfällig. »Das täte mir leid. Murida ist eine erwachsene Frau. Selbst wenn sie meine Tochter wäre, ginge es mich nichts an, was sie tut und mit wem. Ihr scheint es zu sein, der etwas vergessen hat, Andrej. Murida ist nicht mehr die Frau, die wir beide gekannt haben. Sie steht unter dem Einfluss des Machdi.
Was immer sie Euch gesagt hat –«
»Wir haben nur geredet.«
»Ihr solltet Euch fragen, mit wem Ihr geredet habt«, fuhr Sharif unbeirrt fort, während er bereits damit begann, sein noch immer nervös tänzelndes Pferd auf der Stelle zu wenden. »Mit der Tochter des Sultans oder der Stimme und dem Auge und Ohr des Machdi. Vielleicht will ich ja gar nicht sie vor Euch schützen, sondern Euch vor ihr.«
»Das ist wirklich zu nett von Euch, Hauptmann.« »Ja, ich weiß«, seufzte Sharif. »Das war schon immer mein größter Fehler. Ich bin einfach zu nett. Aber ich kann auch nicht aus meiner Haut. Wenn Ihr Euch dafür erkenntlich zeigen wollt, dann tut, worum ich Euch gebeten habe, und übernehmt für den Rest des Weges die Führung. Der Ort liegt nur ein paar Meilen entfernt am Ufer, Ihr könnt ihn gar nicht verfehlen.«
»Ihr überlasst mir Eure Männer? Ich gehöre nicht einmal zu Euch.«
»Die Männer wissen Bescheid. Sie werden Euch gehorchen. Und bevor Ihr fragt, warum ich das tue, Andrej – ich weiß, dass Ihr nicht mein Freund seid, aber bei Euch weiß ich wenigstens, woran ich bin.« Was Andrej eine Menge über das Verhältnis zwischen Sharif und seinen Männern sagte. Er glaubte ihm, fragte aber dennoch: »Was sollte mich daran hindern zu verschwinden, kaum dass Ihr weg seid?« »Ungefähr vierzig Musketen, deren Besitzer darauf brennen, mir ihre Treffsicherheit unter Beweis zu stellen«, antwortete Sharif. »Und außerdem habe ich Murida bei mir. Ihr würdet nie ohne sie gehen, habe ich recht?«
Andrej funkelte ihn nur zornig an, und das schien genau die Reaktion zu sein, die Sharif erwartet hatte, denn er lachte und sprengte los, um zu Murida aufzuschließen. Abu Dun schob sich ein grünes Blatt zwischen die Lippen und sagte: »Mach dir keine Sorgen, Hexenmeister! Ich passe auf, dass deiner Herzallerliebsten kein Haar gekrümmt wird.« Erschien auf eine Antwort zu warten, die ihm Anlass zu einer weiteren gehässigen Bemerkung gegeben hätte, hob schließlich fast enttäuscht die Schultern und wendete sein Pferd, um als Letzter zu verschwinden. Missmutig sah Andrej ihm nach und machte sich dann auf den Weg zur Spitze der Marschkolonne. Sharifs Entscheidung, ihm das Kommando über den Rest ihrer zusammengeschmolzenen Armee zu übertragen, hatte ihn überrascht, und nun plagte ihn die Frage, was er eigentlich tun sollte, um die Soldaten zu kommandieren. Zumindest diese Entscheidung wurde ihm abgenommen. Zwar machten ihm die Männer ausnahmslos Platz und sahen ihn auf eine Artan, von der ersieh vergeblich einzureden versuchte, dass sie respektvoll war, doch niemand versuchte sich ihm zu widersetzen oder stellte auch nur eine Frage. Offensichtlich hatte Sharif die Männer sorgfältig instruiert, bevor er sie in seine Obhut übergeben hatte. Ersetzte sich einfach an die Spitze des Trupps, sah stur nach vorne und redete sich ein, ganzallein zu sein. Auf diese Weise hatte er wenigstens etwas zu tun. Und dass er das Gefühl hatte, die Blicke aus vierzig Augenpaaren wie dieselbe Anzahl glühender Messerklingen zwischen den
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