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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zerschlissenen Gewand, der neben Sharifs und Abu Duns hoch aufgeschossenen Gestalten zwar wie ein Kind wirkte, aber große Würde ausstrahlte, gestikulierte aufgebracht mit beiden Armen und sprach mit der dünnen Fistelstimme des Alters, aber auch im Ton eines Menschen, der es gewohnt war, Befehle zu erteilen, denen nicht widersprochen wurde. »Andrej, da seid Ihr ja.« Sharif drehte sich lächelnd zu ihm herum, obwohl der Alte noch immer aufgeregt auf ihn einredete. »Pünktlich, wie ich erwartet habe. Wo sind die anderen?«
    »Sie warten vorder Stadt«, antwortete Andrej. »Man kann ja nie wissen.«
    »Ja, ich dachte mir, dass Ihr so umsichtig seid.« Sharif wandte sich mit einer knappen Geste an den Janitscharen. »Geh und hol sie, und sag ihnen, dass die Leute hier harmlos sind, wenn auch etwas nervös. Ich möchte nicht, dass etwas passiert. Diese Menschen sind unsere Verbündeten.«
    Der Mann zog sich hastig zurück, und Sharif deutete auf den kahlköpfigen Alten, der mittlerweile aufgehört hatte zu lamentieren und ihn aus Augen anstarrte, die trüb vom Alter waren, aber auch vor Zorn loderten. »Das ist Muhamad, der Dorfälteste. Ich habe ihn um seine Gastfreundschaft gebeten, und ich glaube, dass er sie uns auch gewähren wird. Die Menschen in diesem Land sind berühmt für ihre Gastfreundschaft.«
    Der Dorfälteste spie nicht vor ihm aus, doch sein Blick gab Andrej das Gefühl, er hätte es getan. »Ja, das hätte ich mir denken sollen!«, stieß er verächtlich hervor. »Ein Ungläubiger! Hat er dich vorausgeschickt, um seine schmutzige Arbeit zu tun?«
    »Muhamad, ich bitte Euch.« Sharif schüttelte seufzend den Kopf. »Ich kann Euch ja verstehen, aber Andrej Delany ist nicht nur ein guter Freund, sondern auch ein zuverlässiger Verbündeter.«
    »Ein Ungläubiger und ein Dieb!«, sagte der Alte verächtlich. »Ja, Ihr seid wahrlich ein Paar, das einander verdient!«
    »Muhamad, bitte«, sagte Sharif. »Ich achte Eure Position, und ich habe großen Respekt vor Eurem Alter, doch vergesst bitte nicht, mit wem Ihr sprecht.« »Einem Dieb?«, fragte Muhamad. Abu Dun lachte leise. »Einem Mann, der im Auftrag des Sultans unterwegs ist«, erwiderte Sharif. »Wenn Ihr Euch mir widersetzt, dann ist es genauso, als würdet Ihr Euch den Befehlen des Sultans widersetzen. Und Ihr wisst, welche Strafe darauf steht.«
    »Wenn das wahr ist, dann ist Euer Sultan auch nicht besser!«, erwiderte der Alte. »Ist ihm das Leben seiner Untertanen so wenig wert? Wir haben ihm stets gehorcht!
    Wir haben alle seine Befehle befolgt, immer unsere Steuern bezahlt und unsere besten jungen Männer geschickt, um in seiner verdammten Armee zu sterben, und jetzt verlangt er –«
    »Nichts als ein wenig Gastfreundschaft und etwas Wasser und Essen für meine Männer«, unterbrach ihn Sharif, noch immer mit fast bedauernder Miene, aber auch schneidend harter Stimme. »Zwingt mich nicht, mir mit Gewalt zu nehmen, was Ihr uns auch zum Geschenk machen könntet, alter Mann!«
    Auch darauf reagierte der Alte nur mit einem verächtlichen Laut, doch er war auch klug genug, nicht noch einmal offen zu widersprechen. Vielleicht sah er Sharif auch an, Dass er nahe daran war, die Beherrschung zu verlieren. Mit Stolz gerecktem Haupt und so schnell, wie es sein hohes Alter zuließ, stürmte er davon. »Inder Tat, Hauptmann, du weißt, wie man sich Freunde macht«, spöttelte Abu Dun. »Ich bin sicher, dass man sich in diesem Ort noch lange an deinen Besuch erinnern wird.«
    Sharif beließ es bei einem zornigen Blick und bedeutete einem seiner Männer, dem Alten zu folgen. Dann wandte er sich an Murida, die in ein paar Schritten Entfernung dastand und der hässlichen Szene mit unbewegtem Gesicht gefolgt war. »Wir bleiben eine Stunde hier, vielleicht auch zwei. Such dir irgendwo ein kühles Zimmer, und ruh dich aus! Der Rest des Tages könnte anstrengend werden.«
    »Vielleicht finde ich ja eine arme Familie, die ich aus ihrem Haus werfen kann, nachdem ich ihnen all ihr Hab und Gut gestohlen habe, versteht sich. Ich werde ihnen die besten Wünsche des Sultans ausrichten.« Sharif sah aus, als müsste er nicht nur im übertragenen, sondern auch wortwörtlichen Sinn eine Kröte schlucken, blieb aber erstaunlich ruhig. »Die Männer brauchen Wasser und Essen«, sagte er. »Dieser spanische Feigling hat fast unsere gesamten Vorräte mitgenommen, das weißt du … und wüsste ich es nicht besser, dann könnte ich sogar auf die Idee kommen, dass du es ihm

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