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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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oder Staatsgäste untergebracht wurden. Auf dem Tisch wartete sogar ein weiteres Festmahl auf sie, und zwei diensteifrige Männer erkundigten sich so penetrant nach ihren Wünschen, dass Sharif sie schließlich anblaffte, sein einziger Wunsch sei, allein zu sein, und wenn es ihrer sei, noch eine Weile am Leben zu bleiben, dann sollten sie sich lieber trollen. Sie trollten sich.
    »Wenn das hier ein Gefängnis ist, dann sollten wir vielleicht umsatteln und hauptberufliche Diebe werden«, sagte Abu Dun, der in der Mitte des Raumes stand und sich langsam um seine eigene Achse drehte. »Und natürlich dafür sorgen, dass wir beizeiten gefasst und eingesperrt werden.«
    Andrej gab ihm im Stillen recht.
    »Dieben werden bei uns die Hände abgehackt, das solltest du eigentlich wissen«, sagte Sharif.
    Abu Dun spielte den Enttäuschten. »Und was muss man tun, um hier eingesperrt zu werden?« »Einen älteren Bruder haben, der dich nicht besonders mag, oder besser drei oder vier«, sagte Murida. Es waren die ersten Worte, die sie sprach, seit sie Andrej diese schallende Ohrfeige versetzt hatte – deren Grund ihm bisher noch nicht ganz klar war. Sie sah zwar in Andrejs Richtung, brachte es aber trotz ihrer vor Zorn funkelnden Augen fertig, geradewegs durch ihn hindurch zu starren. Abu Dun wirkte verwirrt, zumal das Mädchen keine Anstalten machte weiterzusprechen, sondern ihn nur einen Moment lang zornig anfunkelte und dann zu einem der zahlreichen Diwane ging, um sich auf ihm niederzulassen. »Das hier waren einmal die Räume des Sultans«, fuhr Sharif an ihrer Stelle fort. »Tatsächlich ist unser aller Herr in diesen Räumen aufgewachsen, zumindest die ersten zwanzig Jahre seines Lebens.« »Aha«, sagte Abu Dun. »Warum?«, wollte Andrej wissen.
    »Das Leben eines zukünftigen Sultans und Herrschers über die halbe Welt besteht nicht nur aus Müßiggang und Luxus, Mohr«, beschied ihm Sharif in nicht nur schulmeisterlichem, sondern auch eindeutig verärgertem Ton. »Wo könnte er sicherer aufwachsen als an einem Ort wie diesem?« »Ja«, sagte Abu Dun und kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Das leuchtet ein.«
    Andrej musste sich beherrschen, um nicht in ein breites Grinsen zu verfallen. Abu Dun spielte wie üblich den Dummkopf, aber er wusste vermutlich besser als er, dass Sharifs Erklärung … nun ja, fantasievoll war, um es vorsichtig auszudrücken. Zweifellos war ein Platz wie dieser ein sicherer Ort für einen angehenden Sultan, vor allem, wenn er noch etliche Brüder hatte, die nicht interessiert an jahrelangen Erbstreitigkeiten waren. Und wenn, dann allenfalls an solchen, die sich mit einem Dolch oder einem wohlgezielten Pfeil beilegen ließen … Abu Dun spielte noch einen kurzen Moment weiter erstaunlich überzeugend den tumben Mohren, hob dann die Schultern und wandte sich der reich gedeckten Tafel zu. »Aber bitte, greif doch zu«, sagte Sharif. »Falls du bereits wieder genug Appetit hast und sich dein … Magen beruhigt hat.«
    »Hat er«, bestätigte Abu Dun und biss in einen Apfel, dass der Saft spritzte. »Und er ist im Übrigen auch schon wieder leer.«
    »Dann solltest du ihn besser füllen«, sagte Sharif. »Wenn du mir versprichst, dass es diesmal auch so bleibt.«
    Er wartete vergebens auf ein – wenigstens angedeutetes -Lächeln des Nubiers und wandte sich dann an Andrej. »Euch würde ich dasselbe raten, Andrej. Ich habe diese Mahlzeit nicht nur auftragen lassen, weil es die Regeln der Gastfreundschaft von mir verlangen. Es könnte sein, dass Ihr und Euer Freund für eine ganze Weile … nicht mehr so gut essen könnt.«
    »Gibt es eine Staatskrise, und euer Geld reicht nicht mehr, oder streiken die Köche?«, fragte Abu Dun begeistert kauend, sodass die beiden letzten Worte kaum noch verständlich waren.
    »Wir bleiben nicht lange hier«, antwortete Sharif. »Eine Stunde vor Sonnenaufgang werdet ihr nach unten in den Kerker gebracht, wo es nicht ganz so behaglich ist.«
    Abu Dun hörte auf zu kauen und starrte ihn an, und Sharif fuhr fort: »Und das Essen ist auch nicht so gut, fürchte ich.«
    »Warum?«, fragte Abu Dun mit vollem Mund. »Weil du Dummkopf um ein Haar alles zunichte gemacht hättest«, antwortete Murida an Sharifs Stelle. »Falls du es nicht sogar schon getan hast!«
    »Ich kann mich nicht erinnern, irgendetwas getan zu haben, was dir schadet, meine Schöne«, antwortete Abu Dun treuherzig. Dann deutete er anklagend auf Andrej.
    »Ich weiß natürlich nicht, was dieser

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