Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Spanisch gesprochen, sondern er wohl auch unwillkürlich in derselben Sprache geantwortet hatte. »Ihr seid wirklich ein Mann voller Überraschungen, Senior Delany«, sagte er schließlich und jetzt wieder in dem sehr guten, aber bemühten Arabisch, das er bisher gesprochen hatte. »Ja, das hört man des Öfteren, wenn man sich in seiner Nähe aufhält«, sagte Abu Dun in genauso akzentfreiem Spanisch wie Andrej zuvor. Fernandes machte sich nicht mehr die Mühe, weiter Arabisch zu sprechen, aber seine Stimme klang deutlich weniger gereizt. »Was Euer Angebot angeht, so danke ich Euch, aber es wird nicht notwendig sein. Ich habe schon mehr Hilfe, als mir lieb ist.«
    Andrej verstand die kleine Spitze sehr wohl, die sich Fernandes weder verkneifen konnte noch wollte, hielt es aber für klüger zu schweigen, und zu seiner Erleichterung beließ es auch Abu Dun bei einer Grimasse. Nach einer kleinen Weile und in ebenso verächtlichem wie zugleich fast versöhnlichem Ton fuhr der Kapitän fort: »In einer Stunde beginnt es zu dämmern. Wir ankern vor jener Insel und warten dort die Nacht ab.« Seine ausgestreckte Rechte wies nach vorne, und als Andrejs Blick ihr folgte, empfand er eine sachte Verwunderung. Die Insel, von der der Kapitän sprach -einer von unzähligen grünen Flecken, die das braune Band des Flusses sprenkelten und allein durch ihr bloßes Dasein eigentlich jedem klarmachen mussten, wie wenig geeignet der Nil für ein so großes Schiff wie die Elisa war –, lag sicher noch zwei Meilen vor ihnen und ein Stück weiter zur Flussmitte hin als die meisten anderen. Er nahm eine Bewegung wahr, war sich jedoch nicht sicher, ob es nicht nur der Wind war, der mit den Palmwedeln spielte.
    Umso sicherer war er sich jedoch, dass sie sie niemals binnen einer Stunde erreichen würden, wenn das Schiff weiter so langsam dahin kroch. Gerade wollte er Fernandes darauf hinweisen, als dieser ihm zuvorkam.
    »Die Fahrrinne wird gleich tiefer, und wir können Fahrt aufnehmen. Jedenfalls behauptet das unser geschätzter Lotse … allerdings«, fügte er nach einer winzigen Pause und in verändertem Ton hinzu, »sagt er das seit einer guten Stunde.«
    »Er ist schon an Bord?«, wunderte sich Abu Dun. »Seit wir Cairo passiert haben.« Fernandes deutete auf eine Gestalt in einem schwarzen Kaftan, die am Bug der Elisa stand und sich mit einer Hand an einem Tau festhielt, während sie mit dem anderen Arm komplizierte deutende und ausholende Bewegungen machte. Andrej mutmaßte, dass es eine Gestensprache war, mit der sich der Mann verständigte … aber mit wem eigentlich? »Und Ihr traut ihm?«, fragte Abu Dun.
    »Nein«, antwortete Fernandes geradeheraus. »Aber ich habe ihm klargemacht, dass ich ihn persönlich kielhole, wenn er das Schiff auf Grund setzt.«
    »Ist das nicht ein wenig schwierig?«, wollte Abu Dun wissen. »Ich meine, jemanden kielholen, wenn das Schiff auf einer Sandbank liegt? Es könnte eine Weile dauern.«
    »Eben«, sagte Fernandes grimmig.
    Andrej lächelte zwar flüchtig, doch da war etwas, das ihn störte. Nichts Konkretes, nur eine vage Beunruhigung. Er versuchte sich einzureden, dass es nur seinem allgemeinen Unbehagen entsprang, aber es gelang ihm nicht.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte Abu Dun. Sein Blick tastete unstet zwischen der einsamen Gestalt im Bug und dem flachen Eiland hin und her. Er wechselte wieder ins Deutsche. »Wenn ich noch in meinem alten Beruf tätig wäre, dann würde ich genau dort einen Hinterhalt legen und hoffen, dass jemand dumm genug ist hineinzutappen.«
    »Welcher alte Beruf?«, fragte Fernandes. Auf Deutsch. Anscheinend war Andrej nicht der Einzige hier, der für die eine oder andere Überraschung gut war. Ohne sich sein Erstaunen anmerken zu lassen, antwortete Abu Dun: »Er nennt mich nicht nur Pirat, um mich zu ärgern, Capitan. Früher war ich es wirklich. Nur keine Sorge«, fügte er hinzu. Seine Zähne blitzten schon fast unnatürlich weiß in seinem nachtschwarzen Gesicht. »Das ist lange her, und man wird ruhiger im Alter.« Das Lächeln, mit dem Fernandes auf diese Worte reagierte, wirkte leicht verkrampft. »Ich schaue mir den Kerl einmal genauer an«, verkündete Abu Dun, ließ die rechte Hand klatschend auf den Schwertgriff fallen und fuhr mit wehendem Mantel herum, um seine Worte unverzüglich in die Tat umzusetzen. Andrej war nicht begeistert. Ganz im Gegenteil. Durch das Kat, das Abu Dun gerade genommen hatte, befand ersieh in einer fast euphorischen Stimmung,

Weitere Kostenlose Bücher