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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zugeschnappt war.
    Schrecken malte sich auf seinem Gesicht, dann fuhr er auf dem Absatz herum, beugte sich über die Reling und machte eine befehlende Geste zu den Männern unten auf Deck.
    »Aber das ergibt doch überhaupt keinen Sinn«, murmelte Fernandes.
    »Das muss es auch nicht«, sagte Sharif grimmig, machte aber keinerlei Anstalten, diese Bemerkung zu erklären, sondern nickte Andrej anerkennend zu. »Ihr habt gute Augen, Andrej, mein Kompliment. Und Ihr, Kapitän, solltet vielleicht diese Kanone laden, die Ihr da habt. Möglicherweise brauchen wir sie.« Fernandes bedeutete zwar dem Mann, der ihm das Fernrohr gegeben hatte, mit einer knappen Geste, zu tun, was Sharif verlangte, schüttelte aber zugleich den Kopf und sagte noch einmal: »Das ergibt keinen Sinn! Wie wollen sie uns denn hier angreifen?«
    Bevor Sharif antworten konnte, begannen unter ihnen auf dem Deck hektische Aktivität und Lärm auszubrechen, als mehr und mehr Janitscharen aus ihren Quartieren in den Laderäumen der Elisa auftauchten und an der Reling in Stellung gingen. Mäntel wurden zurückgeschlagen und Musketen schussbereit gemacht, und das alles mit einer solchen Präzision und Schnelligkeit, dass Andrej plötzlich ein bisschen besser verstand, woher der legendäre Ruf dieser Soldaten kam.
    Aber er verstand auch Fernandes’ Verwirrung. Die Elisa war kein Kriegsschiff, doch allein ihre Größe und ihre Position auf dem krokodilverseuchten Fluss machten sie praktisch unangreifbar, von den hundert Musketen und zwei Kanonen gar nicht zu reden.
    Das Schiff kam endgültig zum Stillstand, auch jetzt wieder, ohne dass Fernandes den Befehl dazu gegeben hätte, und Andrej spürte, wie sich die Ruder gerade fest genug gegen die Strömung stemmten, damit es nicht zurückgetrieben wurde oder sich gar zu drehen begann, was in der schmalen Fahrrinne nur in einer Katastrophe enden konnte. Der Lotse kam angelaufen, und er schäumte vor Wut. »Was soll das?«, fuhr er Sharif an, noch bevor er die letzte Stufe überwunden hatte. »Wie soll ich meine Arbeit tun, wenn ich ständig weggezerrt werde? Habt Ihr überhaupt eine Vorstellung, in welche Gefahr Ihr das Schiff und jeden Mann an Bord bringt, mich ausgerechnet jetzt –« »Das ist eine gute Frage«, unterbrach ihn Sharif. » Was soll das?, meine ich. Wenn du am Leben bleiben willst, dann solltest du uns jetzt besser sagen, was hier vorgeht.« »Ich verstehe nicht, was –«, begann der Lotse, doch Sharif schlug ihm so hart mit dem Handrücken ins Gesicht, dass er zurückstolperte und vermutlich gestürzt wäre, wäre er nicht so hart gegen die Reling geprallt, dass Andrej hören konnte, wie eine seiner Rippen brach. Trotzdem zeigte sein Gesicht nicht einmal eine Spur von Schmerz, als er sein Gleichgewicht wiederfand und sich erneut an Sharif wandte. »Warum schlagt Ihr mich?«, fragte er. »Ich tue nur das, was Ihr von mir verlangt habt! Ich habe Euch gewarnt, dass es gefährlich ist, ein solches Schiff –« »Die Männer dort auf der Insel«, unterbrach ihn Sharif. »Wer sind sie?«
    Ein Gefühl vager Beunruhigung von gänzlich anderer Art ergriff von Andrej Besitz. Es ging von Abu Dun aus und wurde zu etwas anderem und sehr viel Schlimmerem, kaum dass er seinen Blick vom bleichen Gesicht des Lotsen losgerissen und den Nubier angesehen hatte. Abu Dun stand stocksteif da, und seine Hand hatte sich so fest um den Schwertgriff geschlossen, dass das Blut unter seinen Fingernägeln wich und sie zu weißen Halbmonden wurden. Sein Gesicht war starr, doch es war eine Art von Starre, die Andrej kannte und die ihm Angst machte, und seine Nasenflügel waren gebläht, wie bei einem Bluthund, der Witterung aufgenommen hatte.
    Andrej versuchte, möglichst unauffällig neben ihn zu treten, doch er sah, dass Fernandes es bemerkte hatte. »Beherrsch dich, Pirat«, flüsterte er. »Das ist jetzt nicht der richtige Moment.«
    Abu Dun deutete ein Nicken an, das so knapp ausfiel, dass selbst Andrej es fast nur erriet. Nervös fuhr er sich mit der Zungenspitze über die Lippen, den Körper bis aufs Äußerste gespannt.
    »Wahrscheinlich sind es nur ein paar Fischer, die darauf warten, dass dieses Ungetüm von Schiff aufläuft, um den Anblick zu genießen«, sagte der Lotse trotzig, »oder das Wrack zu plündern, sobald es gekentert ist.« Fernandes’ Augenbrauen hoben sich ein wenig. »Aber das wird nicht geschehen, keine Angst. Es sei denn, Ihr hindert mich noch länger daran, meine Arbeit zu tun.« »Gehörst du zu

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