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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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knirschte. Arré unterdrückte den dringlichen Wunsch, vom Gitter zurückzutreten. »Das Fundament des Hauses ist die älteste Bauschicht, aber es ist auch die stärkste, weil sie das übrige zu tragen hat. Wenn das Fundament schwach ist, stürzt das Haus in sich zusammen. Unser Fundament – die Grundlage, auf der Arun ruht – ist nicht schwach; es setzt sich aus vielerlei zusammen: aus unseren Adelsfamilien, aus dem Reichtum unserer Städte, der Fruchtbarkeit unserer Erde und der Pracht unserer verschwenderischen Flüsse, ohne die der Boden austrocknen und davonwehen würde, aus unseren Liedern und unseren Tänzen, unseren Wahrheiten, unserem Glauben und Vertrauen in das Chea – und unsere Tüchtigkeit im Waffengebrauch ist ein Teil davon! Ohne unseren Kampfesmut und unsere Waffentechnik wären wir vor vierhundert Jahren von Anhard überrollt worden. Du sagst mir, du hast gegen die Aufnahme des Weißen Clans in den Rat gestimmt. Ich kann dir da nur beipflichten. Das Hexenvolk ist nützlich, aber nicht wertvoller als die Bauern oder die Kaufleute – oder die Soldaten. Der Frieden ist ein wertvolles Gut, er ist wesentlich, um Not abzuwenden, und jedermann sehnt sich nach ihm –, aber nicht um den Preis, daß wir einen der Grundpfeiler unseres Fundaments ausgraben und fortwerfen. Der Bann war ein schwerer Fehler, Arré Med. Ein Land braucht seine Krieger. Und ich spreche nicht von einem Heer. Der Bann war ein Fehler, und die Hexer haben sich geirrt. Sie hätten – ihr hättet – die chearis niemals vertreiben dürfen!«
    Seine Leidenschaftlichkeit war beeindruckend. Während seiner feurigen Rede hatten sich die Härchen in Arrés Nacken aufgerichtet, und sie sagte nun, wie um sich zu verteidigen: »Aber die Leute lernen ja noch immer die Schwertkunst. Außerhalb der Städte, oder?«
    »Nein. Warum sollten sie auch? Arun lebt im Frieden. Die Menschen brauchen es nicht mehr zu lernen. Die Chearis haben ihnen einen Grund geboten: jedes Mädchen in irgendeinem Dorf, wenn sie gut genug dazu war, schnell genug, graziös und diszipliniert, konnte eine cheari werden. Aber als ihr ihnen die Städte verboten habt, habt ihr eine ganze Kaste vernichtet, ihr habt ihnen ihr größtes und wichtigstes Publikum gestohlen. Die Stadt ...« – er ließ den Arm über den Fluß, die Docks, die Barkassen, die Menschen gleiten –, »du hast immer hier gelebt, darum weißt du nicht, was es für einen Jungen aus dem Galbareth bedeutet, hierher in die Stadt zu kommen. Die Stadt ist der Mittelpunkt von allem, was lebendig und aufregend und anders und schöpferisch ist. Und die Chearis – nun, man sagt, sie sind aus den Roten Bergen gekommen. Vielleicht. Vielleicht. Aber ...« – seine Hände hoben sich in die Luft – »die Stadt ist wie ein Springbrunnen. Wasser aus allen Ecken Aruns speist ihn, und er sendet seinen lebensspendenden Sprühregen zurück über ganz Arun.« Seine Hände beschrieben einen weiten Kreis in der Luft, stellten die Fontäne des Brunnens dar.
    Arré fühlte sich zerschlagen, geschlagen, durchnäßt, in seinen Worten ertrunken. Er legte die Hände über der Brust zusammen und schaute sie voll Spannung an. Sie fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Tarn Ryth«, sagte sie, »du bist ein außergewöhnlicher Mensch.«
    Er verneigte sich, schwieg aber.
    »Ich ... ich muß über das nachdenken, was du gesagt hast. Deine Ideen ...« – sie zögerte, o Chea, wo hatte der Mann bloß diese Ideen her? – »verwirren und erstaunen mich – und ich weiß nicht im geringsten, ob ich dir vertrauen kann.«
    Er grinste, schwieg aber immer noch.
    »Aber wenn du der bist, der zu sein du scheinst – und ich habe mich noch nicht entschieden, was das ist, und ich will nicht, daß du es mir sagst –, dann möchte ich dir gern sagen, daß wir beide keine Feinde sind!«
    »Sind wir dann Freunde?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Nachdenklich sagte er: »Ich glaube, wir könnten Freunde sein. Das heißt, wenn du dich überwinden kannst, mit einem barbarischen Hinterwäldler vom Oberlauf des Flusses Freundschaft zu schließen.«
    »Wenn Kim Batto das kann«, sagte sie, »dann kann ich es schon lange.«
    »Kim Batto ...« – sein Gesicht zuckte, als habe ein abstoßender Geruch ihn gestreift, etwas Verfaultes – »ist ein chaba'ck!«
    »Was heißt das?« fragte Arré.
    Wieder grinste er. Das Lächeln hinter seinem mächtigen Bart ließ ihn wie einen Banditen oder einen Flußpiraten aussehen. »Ein Loddel, ein Zuhälter«,

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