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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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vergossen, dachte Sorren. Die Stufen knarrten, als sie hinaufstieg, und sie erinnerte sich, wie sie in der Dunkelheit auf der obersten Treppenstufe gehockt und geweint hatte und wie sie Isaks Trainingsrhythmus immer und immer wieder getrommelt hatte.
     
    Ron Ismenin traf in der Stunde vor dem Mittag im Med-Haus ein. Er war ohne Sänfte, war zu Fuß gekommen. Arré hatte Befehl gegeben, daß man ihn in den kleinen Salon führe, in dem Marti und sie ihn erwarteten. Lalith meldete ihn an, und er kam mit langen ungeduldigen Schritten ins Zimmer, als überquere er eine verkehrsreiche Straße.
    Arré schlang die Hände im Schoß fest zusammen. Sie vergaß immer, wie blond die Ismeninas waren. Und Ron war ebenso hellhäutig wie Sorren. Er trug die Farben seines Hauses, Gold und Grau, und an der rechten Hand hatte er einen riesigen Goldring. Er sah müde aus und verärgert.
    »Meine Verehrten«, sagte er knapp und neigte den Kopf zu einem Gruß von gleich zu gleich. Er blickte sich suchend nach einem Stuhl um, sah keinen und verzog finster das Gesicht. »Ich hoffe, daß es wichtig ist; ich habe nämlich viel zu erledigen. Und ich schätze es nicht, Einladungen zu erhalten, die wie ein Befehl klingen.«
    Arré sprach: »Es ist wichtig, und du warst nicht gezwungen zu kommen, wie du ja weißt.«
    Steif sagte er: »Ich nahm an, es geht um Ratsangelegenheiten.«
    »Zum Teil«, gab Arré zurück. Ihre Augen fühlten sich wie verklebt, und ihr Mund war wie Filz. Marti saß steif wie eine Statue in ihrem Sessel. Nur ihre Augen leuchteten. »Vielleicht vergibst du mir meine Kürze. In der vergangenen Nacht sind vier Männer in dieses mein Haus eingedrungen und haben versucht, mich umzubringen.«
    Ron Ismenins langes Kinn sackte herab. »Was?« Die hellen blauen Augen wichen den ihren aus. Arré beobachtete, wie sein Blick zuckend von einer Ecke des Zimmers in die andere fuhr. Er räusperte sich. »Es freut mich zu sehen, daß sie erfolglos geblieben sind.«
    Arré dachte kalt: Er kann nicht schauspielern! »Du fragst mich gar nicht, wer die Leute waren«, sagte sie.
    »Wer waren sie?«
    »Thugs. Gedungene Mörder«, sagte Arré, »von meinem Bruder Isak gedungen. Einer von ihnen steckt im Gefängnis, die andern sind tot. Mein Bruder steht unter Gewahrsam, und der Rat hat ihn aus der Stadt exiliert. Der Beschluß wird bei Sonnenuntergang vollstreckt. Ich dachte mir, du würdest das gern erfahren wollen, bevor die öffentlichen Proklamationen an den Straßenecken auftauchen.«
    Ron Ismenins Gesicht wurde so bleich, daß seine Sommersprossen zu brennen schienen. »Das ... das ist schrecklich«, stammelte er.
    »Was von beidem«, fragte Marti Hok leise, »ist schrecklicher? Der Mordversuch an Arré – oder Isak Meds Verbannung?«
    »Der Mordversuch, selbstverständlich.« Wieder schaute er sich suchend nach einer Sitzgelegenheit um. »Ich ... ich kann's einfach nicht glauben!«
    Arré sagte mit flacher Stimme: »Ron Ismenin, du bist ein Lügner. Du hast davon gewußt!«
    Er trat einen Schritt zurück. »Du bist verrückt!« keuchte er. »Wie hätte ich von sowas wissen können?«
    Arré zählte die Sätze an den Fingern ab. »Erstens: Du hast Isak das Geld gegeben, mit dem er die Mörder bezahlt hat; das hat er eingestanden. Zweitens: Man hat dich gestern nacht im Park gesehen. Drittens: Einer der Mordbuben war der Jongleur, der sich bei der Verlobungsfeier deines Bruders produziert hat. Viertens: Ein anderer von den Mördern hatte ein Schwert, das in den Waffenschmieden der Ismeninas angefertigt wurde und das durch deine Machenschaften in die Stadt geschmuggelt worden ist. Alle Beweise deuten auf dich.«
    Ron Ismenin schluckte, und sein Kehlkopf zuckte über dem Kragen auf und ab. »Du kannst mir nicht beweisen, daß ich von der Tat gewußt habe«, flüsterte er. »Ich hab' es nicht gewußt.« Seine Stimme schwoll an. »Ich hab' nichts gewußt!«
    Er ist ein feiger Hund, dachte Arré. Und sie fragte sich, ob Tarn Ryth das auch wußte. Sie ließ ihn nicht aus den Augen, während sie zur Glocke griff und läutete, und sie gab sich dabei keine Mühe, ihre Verachtung zu verheimlichen. Lalith kam an die Tür. »Sag Toli, er soll noch einen Sessel bringen.«
    Der Küchenjunge schwankte mit einem Sessel aus dem Salon herein und stellte ihn neben Ron Ismenin ab.
    »Du kannst dich setzen«, sagte Marti Hok.
    Langsam ließ Ron sich nieder. Er kämpfte sichtlich, um die Fassung wiederzugewinnen. Er holte tief Luft und stieß sie heftig wieder

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