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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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aus. »Ich kann es nicht glauben, daß du deinen eigenen Bruder zum Gesetzlosen erklären lassen willst, Arré Med!«
    Du Narr, dachte Arré. »Es ist bereits geschehen.«
    Die Farbe war in Ron Ismenins Wangen zurückgekehrt. »Es muß ganz bequem sein, wenn man den Rat der Stadt im Sack hat«, sagte er. »Aber ich glaube nicht, daß es dir so leicht fallen wird, mit mir das gleiche zu machen.«
    Arré zwang ihre Stimme, träge zu klingen, obgleich ihre Muskeln gespannt waren wie Stahlfedern. »Ich würde den Versuch nicht unternehmen. Die Räte sind darin einer Meinung, daß du so etwas wie ein Tor bist, daß du dich von Isak hast spielen lassen wie eine Trommel, aber wir ziehen es vor, mit dir zu tun zu haben und nicht mit deinen jüngeren Brüdern.«
    Er runzelte die Stirn über die Beleidigung, aber Arré sah, daß seine Schultern sich entspannten. »Hast du mich hierhergebeten, um mir zu eröffnen, was du nicht zu tun gedenkst?«
    Und wie ein Kontrapunkt zu dieser Frage begann der Klang der Flöte durch die Tür zu schwingen. Ich bin ein Fremdling in einem fremden Land, ich bin verstoßen, wohin ich immer geh ... Arré schauderte zusammen. Sie würde dieses Lied niemals hören können, ohne an Isak zu denken. Schweißtropfen rieselten ihr an den Schläfen herab, und die Sonne blitzte vom Glas des Schriftrollenschrankes in ihren Augen. »Bist du ein Spieler, Ron Ismenin?« fragte sie.
    Seine Augen verengten sich argwöhnisch. »Ich bin kein Glücksspieler«, antwortete er.
    »Aber man hat gehört, daß du schon mal eine Wette eingehst«, sagte Arré.
    »Ja.«
    »Ist dir je in den Sinn gekommen, daß Politik wie ein Spiel ist?«
    Sie sah, wie er sich versteifte. »Nein!«
    »Dann denk mal darüber nach«, sagte Arré. Sie beugte sich vor. Aus dem Augenwinkel sah sie Marti Hok unmerklich nicken. »Sie ist wie ein Spiel, Ron Ismenin, und der Einsatz, um den es geht, ist Macht. Aber dieses Spiel ist kompliziert, und du hast dabei bereits zu viele Fehler gemacht. Zweiunddreißig Menschen haben in diesem Jahr ihr Leben verloren, nur weil du ehrgeizig bist. Aber du bist nur ein Werkzeug, Ron Ismenin. Du bist von meinem Bruder benutzt worden, bist benutzt worden von Jerrin-no-Dovria i Elath und sogar von Tarn Ryth. Du hast keine Ahnung von Politik und nicht die allergeringste Ahnung von dem, was Macht bedeutet.« Sein Gesicht war kreideweiß vor Wut geworden. Arré lächelte. »Ja, jetzt bist du zornig. Aber ich versichere dir, daß ich die Wahrheit spreche. Nur weil du bei dem Spiel deinen Einsatz verloren hast und darum jetzt keine Gefahr mehr bist, kannst du hier sitzen und bist nicht im Gefängnis. Wünschst du zu behalten, was du hast, Ron Ismenin? Dann scheide aus dem Spiel aus. Ein kluger Spieler weiß, wann er seine Knochen in Sicherheit bringen muß.«
    Ron Ismenin funkelte sie an. »Das ist Gassengeschwätz«, sagte er.
    »So ist es«, pflichtete Arré ihm bei. »Aber du hast die Wahl, guter Mann. Zieh ab oder bleib hungrig.«
    Seine Brust wogte, während er von Arré zu Marti blickte. Schließlich stand er auf. »Ich geb auf«, sagte er, machte wirbelnd auf dem Absatz kehrt und schoß durch die Tür, wobei er fast die Schiebetür aus der Schiene riß. Arré stieß die Luft aus. Ihr war ganz schwindlig vor Anspannung.
    Dann fragte sie: »Hab' ich's gut gemacht?«
    Marti Hok lächelte und hob die Teetasse vom Lacktischchen. »Meine Teure, deine Mutter hätte es nicht besser machen können«, sagte sie. »Du warst besser als gut. Du warst grandios!«
     
    Bei Sonnenuntergang führte Paxe Isak Med ans Nordwestliche Tor. Sie hätte es nicht zu tun brauchen; Kaleb hatte sehr deutlich zu verstehen gegeben, daß er den Exilierungsbefehl mit Wonne durchführen würde. Doch Paxe hatte darauf bestanden, daß er sie wecke. Er kam dazu die Treppe herauf. Von der Schlafzimmertür her rief er ihren Namen, doch sie hatte ihn bereits gehört und begann schon aufzustehen. Der Arm schmerzte sie, und sie verzog das Gesicht, als sie sich auf ihn stützte.
    Kaleb trat einen Schritt vor. »Laß mich das mal anschaun!«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es heilt schon.«
    Er schaute sie finster an. »Dickköpfiges Weib. Du bist keine zwanzig mehr, weißt du!«
    »Der Koch hat's vernäht. Laß es in Ruhe!« Sie schwang den Arm, um zu prüfen, wie weit sie ihn bewegen könne. Es schmerzte, doch damit war zu rechnen gewesen, und der Schmerz war klar und scharf, keine Spur von jenem unangenehmen trockenen Brennen, das bedeutet hätte, daß

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