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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Sorren beugte sich vor. Es war ihr nie in den Sinn gekommen, daß irgend jemand auf den Feldern sich an sie oder an ihre Mutter erinnern könnte.
    »Nein, nicht sehr gut«, sagte Nado. »Sie war immer – so anders.«
    Sorren dachte: Ich sollte sie nach den Karten fragen. Doch dann würde sie sie wohl aus dem Pack holen müssen, und das wollte sie nicht. Plötzlich sprang Jenith auf, und Stimmen ertönten aus den Reihen der Rebstöcke.
    »Yaaaa!«
    »Yipp-yipp-yipp-yipp!« antwortete Jenith. Zwei Frauen kamen auf den freien Platz geeilt. Jenith strahlte vor Freude und lief ihnen entgegen. Dann brachte sie sie ans Feuer. Es waren braune, untersetzte Gestalten, und sie sahen ihr ähnlich; die ältere Tochter wurde Jezi genannt, die jüngere Aisha. Diese hatte Goldringe in den Ohrläppchen, genau wie ihre Mutter, doch Jezis linkes Ohrläppchen fehlte, und wenn im rechten ein Loch gewesen sein sollte, so hatte es sich wieder geschlossen. Auf den Hemden trugen sie Kreise aus Perlstickerei, auf der Brust und auf den Ärmeln.
    »Seid gegrüßt«, sagten beide zusammen, und dann lachten sie mit blitzend weißen Zähnen. Aisha machte ein Zeichen mit der Hand.
    Jezi sagte: »Ich will sprechen.« Sie grinste. »Wir würden uns freuen, wenn du unser Gast sein möchtest, für so viele Nächte, wie es dir gefällt, bei uns zu bleiben.« Aisha schubste sie mit dem Ellbogen und sagte etwas in der Asechsprache zu ihr, und die ältere Schwester schüttelte den Kopf zu einem Nein. »Unser Zelt liegt nicht weit von hier.«
    »Ich danke euch«, sagte Sorren, »ich würde das gern annehmen.«
    Nado klatschte in die Hände. »Wa'hai«, sagte sie. »Und nun, das Essen ist fertig. Wir werden essen. Und danach wirst du uns alles Neue erzählen.«
    Nun sammelten sich auch die restlichen Weinleser am Feuer. Das Essen war einfach: Maiskolben, in der heißen Asche an der Feuergrube geröstet, Streifen Ziegenfleisch, Melonenschiffchen, Wein. Es gab keine Teller und keine Messer zum Essen, und das Fleisch kam aus einem Topf für alle: man fuhr mit den Fingern hinein und nahm sich, soviel man wollte. Es gab Butter für die Maiskolben und Honig für die Melonenschnitze. Die Unterhaltung rings um das Feuer fand überwiegend in der Asechsprache statt. Jenith saß bei ihren Töchtern und sah diebisch stolz und vergnügt dabei aus. Sorren aß gemächlich. Ihre Beine pochten, und ihre Lider waren schwer vor Müdigkeit; das ist vom Wandern, sagte sie zu sich selber. Und dann war die Mahlzeit beendet. Viel zu früh für sie.
    »Und jetzt«, sagte Nado, während ringsum die Kinder der Erntearbeiter herumwuselten und die abgenagten Maiskolben und Knorpel für die Schweinemast einsammelten. »Was kannst du uns Neues berichten?« Und Jenith erzählte: daß Isak Med vier Männer bezahlt hatte, um seine Schwester zu töten, daß er jetzt ein Gesetzloser war, daß Myra Ishem Med sich in Kendra-im-Delta aufhielt und in einigen Tagen zu den Weingärten zurückkehren werde.
    Sorren beteiligte sich nicht an den Berichten. Sie hatte sich die Stiefel ausgezogen und saß nur so da und gähnte unablässig. In der Dunkelheit sehe ich nicht so sehr wie eine Fremde aus, dachte sie. Jenith ließ beim Sprechen die Hände tanzen. Auf der anderen Seite der Feuerstelle warteten die Trommeln. Und wenn die Reden zu Ende sein würden, würden die Trommeln sprechen.
    »Entschuldige!« Eine Männerstimme. Ein Schatten ragte an ihrer Seite auf. Automatisch rückte sie beiseite, um dem Neuangekommenen Platz zu machen.
    »Sorren?« fragte die Stimme.
    Sie starrte ihn an. Der Schein des Feuers prallte von seinem Gesicht zurück. »Ricky? Bist du das wirklich?« fragte sie.
    »Ich bin's – und ich hoffe, du hast nichts dagegen.« Seine Stimme war dunkler geworden. »Ich bleib nicht lang. Ich hab' die Trommeln gehört und mir gedacht, ich geh her und hör mir die Neuigkeiten an. Aber ich hab' nicht gewußt, daß du die Botin sein würdest.«
    »Das bin ich auch nicht. Die Botin ist Jenith.«
    Er machte es sich an ihrer Seite bequem. Sie sah es rot an seinem Ohrläppchen schimmern und begriff, daß er sie sich hatte stechen lassen. Sie verlangte danach, daß er sie ausfragte, doch er machte keine Anstalten dazu. Er saß nur still da, lauschte den Worten Jeniths, mit denen sie die Geschichte von Isaks Verrat wob.
    Schließlich verstummte Jenith und faltete die Hände im Schoß, Nado sprach ein paar Worte in der Asechsprache. Die Feldarbeiter zogen sich vom Feuer zurück, manche gingen zu

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