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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Mensch schien ihr auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu schenken, ihr, der einsamen kleinen Wandernden auf der Landstraße ... Sie begann sich zu langweilen.
    Am Abend schoß sie sich ein Kaninchen für die Abendmahlzeit. Sie häutete es ab und nahm es aus und verwendete dafür Kadras Messer. Sparsamkeit bewog sie, das Fell sauberzuschaben und etwas vom Feuer entfernt mit Pflöcken zum Trocknen auszuspannen; das Fleisch schnitt sie in Streifen, hielt es in die Flammen und aß es. Ein Beerenstrauch nahebei lieferte ihr eine würzige Zukost. Sie hatte nur einen Pfeil gebraucht, um das Kaninchen zu erlegen, und sie war recht stolz auf sich. Und weil sie so stolz war, holte sie dann doch ihre Trommeln hervor. Ich jagte Beute, trommelte sie. Pah-pah-pah-dam-pah. Sie machte ein Liedchen daraus, ahmte das Huschen des Kaninchens nach, das Aufprallen des Pfeiles. Und der Fluß hinter ihr sang seine dunklere Melodie dazu. Schließlich vergrub sie sich in einem Nest aus trockenem Gras, wickelte den Mantel um sich und lauschte den Zikaden und dem Wasser und wünschte sich, jemand wäre bei ihr, damit sie mit ihm sprechen könnte.
    Gegen Mittag des dritten Tages langte sie in Mahita an. Je näher sie kam, desto heftiger pochte ihr Puls: das da, das war eine richtige Stadt, kein Dorf. Der Trubel um die Tore zog sie magisch an. Sie wollte hinein.
    Aber sie benötigte nichts vom Markt. Wenn sie den Ort betrat, verschwendete sie nur ihre Zeit. Darum zwang sie sich energisch zur Ordnung und ging die Straßen entlang, die zu den Toren führten, und wanderte um die Stadt herum. Auch in dieser Nacht schlief sie wieder am Straßenrand. Sie lag lange wachend da, schaute der Glut zu, die in ihrem Feuer verglomm, und dachte an Kadra. Die Ghya wäre sicher stolz auf sie gewesen, darauf, wie rasch sie es gelernt hatte, ein Feuer zu bauen, zu jagen, sich aus dem Land zu ernähren.
    Sie brauchte noch vier Tage, bis sie die Shanan-Kreuzung erreichte. Als sie dort anlangte, regnete es. Die Wegekreuzung war in Wirklichkeit eine kleine Ansammlung von Häusern für sich: es gab einen Stall, ein Badehaus, elf Kaschemmen und einen Markt, auf dem die Fahrenden Nahrung und Vorräte und sogar Pferde erstehen konnten. Sorren gab etwas von ihrem Geld für einen Strohhut aus, für einen Schirm und eine Schnur Räucherfisch. Nach der Shanankreuzung war die Landschaft verändert. Zwar verlief die Straße noch immer am Fluß, doch die Felder buckelten sich zu braunen Hügeln auf. Fette Schafe weideten an den Hängen, und niedrige Steinmäuerchen grenzten die Felder der Bauersleute ein. Auf beinahe jeder Anhöhe kreisten schaufelarmige Windmühlen.
    Ihre Karte verriet ihr, daß sie nun bald an die Straße gelangen mußte, die nach Elath führte. Während sie den Habichten zuschaute, die in den Stoppelfeldern jagten, überlegte sie: Soll ich nach Elath gehen? Soll ich nicht nach Elath gehen? Sie war eine Hexe, war eine von ihnen, und sie war eine Freie, keine Leibeigene mehr. Man würde sie nicht festhalten, wenn sie fortzugehen beschloß. Neugier regte sich in ihr. Sie hätte doch gern gewußt, wie diese Stadt aussehen mochte, wer dort lebte – nichts außer Hexen? –, wie der Tanjo – der allererste Tanjo, hatte Rinti gesagt – aussehen mochte. Sie stellte sich vor, daß er aus Stein war, doppelt so groß wie der in Kendra-im-Delta. Wenn sie nun in die Stadt gehen würde, wie lange könnten die sie dort festhalten wollen? Zwei Wochen? Drei Wochen? Einen Monat? ... Sie drehte an dem Silberreif an ihrem Handgelenk, ertappte sich bei der Geste und kicherte.
    Wenn sie sich mehr als nur ein paar Tage in Elath aufhalten ließe, dann würde im Norden der Winter hereingebrochen sein und es wäre zu spät, um zu reisen. Dann würde sie das Reststück der Fahrt bis in den Frühling verschieben müssen. Nein, das wollte sie nicht. Und überhaupt – was hatte Elath ihr schon zu bieten? Die würden sie dort zu Sorren-Vergangenheitsseherin machen. Und sie hatte nicht die Absicht, ihr ganzes restliches Leben lang durch Visionen aus der Vergangenheit zu reisen. Nein, sie wollte nach Tornor Keep ziehen!
    Sentas Stimme, die Tukaths Worte aussprach, meldete sich in ihrem Hinterkopf. Man kann eine Begabung nicht so leicht aufgeben.
    Vor den Mauern von Shonet erblickte sie die erste bewaffnete Patrouille von Soldaten. Sie ritten in einer Sechsergruppierung; an den Schultern trugen sie goldene und schwarze Abzeichen, und in Wehrgehängen hingen ihnen Schwerter auf dem

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