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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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dem Weg zu Kadra.
    Der Duft der kadashi und pitof, dieser würzigen Asechbrote, wehte durch die Straßen. Sorren blinzelte gegen die Sonne an. Sie liebte die Feste der Asech sehr; es gefiel ihr, wie sie sich mit denen der Stadtbewohner abwechselten: das Winterfest, die Frühlingsfeier, das Fest des Pferdes, das Fest der Stadtgründung, die Mittsommernachtfeiern, das Ochsenfest, die Herbst- und Erntefesttage und so fort. »Ya-hata-ha-tay«, sang eine Frauenstimme, und Sorren schlug mit den Fingern gegen den Schenkel, trommelte mit dem Rhythmus und synkopisch gegen ihn an.
    Das einzige, was ihr derzeit Sorgen bereitete, war Paxe. Seit Rickys Fortgehen war Paxe wortkarg geworden und hatte sich von ihr zurückgezogen. Das schmerzte sie. Und sie hoffte, es möge bald vorüber sein. Sie hatte die Hofmeisterin sogar gefragt, ob sie böse mit ihr sei, und Paxe hatte das geleugnet. Aber sie hatte während der vergangenen vier Tage so getan, als sehe sie Sorren nicht, wenn diese auf ihrem Stammplatz auf dem Zaun des Kampfhofes hockte.
    Die Pflaumenstraße lag im Battobezirk, in der Nordostecke der Stadt, wo die Straßen vom Asechland hereinführten. Es war keine sehr wohlhabende Straße: von den Dächern hingen lose Ziegel, die kleinen Katen waren alt, eng und verwahrlost. Sorren fragte sich, wie sie hier Kadras Haus finden sollte. Sie befand sich hier in einem Asechghetto, das verrieten ihr schon die Gerüche, und auf vielen Türbalken sah man das Ochsenzeichen zu Ehren des Festes.
    Ein kleines Mädchen kam auf die Straße gewandert. Sie trug zwei Klötze aus Holz, sang tonlos vor sich hin und schlug die Hölzer aufeinander. Sorren rief ihr zu: »Chelito, weißt du, wo Kadra-die-Botin wohnt?«
    Das Kind hob den Kopf und begaffte die große Fremde; goldene Reifen baumelten an den kleinen braunen Ohrläppchen. Dann nickte das Kind.
    »Willst du es mir zeigen, Kleines?«
    Wieder schaukelten die Ringe.
    Die kleinen Häuser am entfernten Ende der Gasse standen etwas zurückgesetzt, und zwischen ihnen und den Straßen lagen kleine Gartenflecken. In einigen wuchsen Himmelskrautpflanzen inmitten der normalen Kräuter. Das Asechkind blieb vor einem Haus stehen. »Bé«, sagte das Mädchen, was bedeutete: »Hier.«
    Hier gab es kein Ochsenzeichen über der Tür, und aus dem Innern drang keine Musik.
    »Kadra lebt hier?« fragte Sorren.
    »Dosh.« Das hieß »ja«. Sorren reckte die Schultern und ging zur Tür der Kate. Das Asechmädchen beobachtete sie dabei. Sie klopfte. Es rührte sich nichts. Sie klopfte erneut.
    »Bé!« rief das Mädchen. Sorren drehte sich um; das Kind deutete zu einem Staubpfad, der um die Westseite des Hauses herumführte, dicht daneben lag die Mauer des nächsten Häuschens. Verwirrt, aber guten Willens machte Sorren sich auf den Weg. Nach ein paar Schritten erinnerte sie sich an das Mädchen und drehte sich um, um ihm zu danken, doch das Kind war verschwunden, die Straße lag verlassen da.
    Der Boden hinter der Kate war unbebaut, und es stand da eine Holzhütte mit einem Spitzdach. Es roch nach Ziege und nach noch etwas anderem. Wenn es da drin einmal eine Ziege gegeben hat, sagte sich Sorren, dann hat sie sich längst den Weg in jemand anderes Garten freigefressen. Der andere Geruch – sie trat näher auf den Schuppen zu. Neben dem Stall lag eine Flasche in einem Lederetui. »Kadra!« sagte Sorren.
    »Yaa?« sagte Kadras Stimme. Sorren ging zu dem Stall. Die Ghya saß darinnen, eine zweite Flasche in der Hand. Kadra wirkte betrunken.
    Der Gestank nach Ziege und Wein drehten Sorren fast den Magen um. »Du bist blau«, sagte sie.
    »Yaa.«
    »Du wolltest mir doch helfen. Du hast es versprochen. Und wie kannst du mir helfen, wenn du dich ständig betrinkst?« Enttäuschung und Ärger ließen ihre Stimme scharf werden. Sie wandte sich zum Gehen.
    »Verflucht, Mädchen, bleib hier!« sagte die Ghya. Sie kam aus dem Stall, stand schwankend da und preßte die Knöchel auf die Augen. »Ich hab' gedacht, du kommst nicht.«
    »Ich pflege meine Versprechen zu halten«, sagte Sorren.
    »Schnippisch, was?« Kadra klappte wieder zusammen und hockte elend da. »Komm her! Ich hab' was für dich.«
    Zögernd trat Sorren zu ihr hin. Die Ghya hob eine Rolle von der schmutzigen Erde und reichte sie ihr. Sie entrollte das Blatt mit spitzen Fingern. Es war eine Reihe von Linien mit feinen Markierungen darauf eingezeichnet. »Was soll das?«
    »Oh, du heiliger Wächter! Mädchen, das ist eine Landkarte!« schnaubte die Ghya.

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