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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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nahe der Spitze war eine Markierung eingeritzt, die ein wenig wie ein Pferdekopf aussah.
    Sorren sagte: »Das sieht scharf aus.«
    »Es ist scharf«, sagte die Ghya. »Es ist zum Stechen, nicht zum Schneiden. Ich kann dir so eins besorgen.«
    »Nein!« sagte Sorren sofort. »Nein. Ich will das nicht.« Die Bestimmungen, daß Leibeigene nicht einmal die gesetzlich erlaubten Waffen tragen durften, waren äußerst streng. Sie waren nur in geschlossenen Räumen, Küchen und dergleichen, erlaubt. »Nein!«
    »Du wirst aber was nötig haben«, sagte Kadra.
    »Nein.« Dieses ganze Gerede über Waffen bewirkte, daß sie ganz verkrampft wurde. »Ich brauche nichts.«
    »Man wird sehen«, sagte Kadra. Sie pochte auf die Karte. »Soll ich das noch für dich aufheben? Ich werde dir die Markierungen eintragen.«
    »Würdest du das tun?«
    »Ja, willst du denn nicht genau das? Komm nächste Woche wieder! Aber ich warne dich, ich werde besoffen sein wie eine Sau, und du wirst mich wieder aus dem Dreck hochziehen müssen.«
    »Warum?« fragte Sorren.
    Die Ghya sagte trübselig: »Wie du mal zu mir gesagt hast – es geht dich nichts an!«
    Sie stand auf. Sie war nicht ganz sicher auf den Beinen. Und sie stank und war dreckig, ihr Gesicht war ein fleckiges Gelb, wo die Prellungen von der Rauferei, in die sie geraten war, langsam abheilten. Sorren blieb wie festgenagelt stehen. »Wird man dich mit auf das Schiff nehmen, wenn du betrunken bist?« fragte sie.
    Kadra schlug nach ihr.
    Der Hieb ließ sie zur Seite taumeln, warf sie fast direkt neben der Landkarte zu Boden. Sie fing sich mit beiden Händen auf dem Grund ab und kroch beiseite und außer Reichweite. Kadra stand mitten auf dem Pfad und starrte Sorren mit versteinerten Augen an. Ihre Lippen waren vor Wut zurückgezogen, die Zähne gefletscht.
    Nach einer Weile entspannten sich die geballten Fäuste. »Ich hab' dir schon mal gesagt, du sollst auf deine Zunge achten!«
    Sorrens Gesicht brannte – vor Scham und von dem Hieb. Sie sagte: »Es tut mir leid.«
    Kadra gab den Weg frei. »Hau ab!«
    Benommen ging Sorren an ihr vorbei zur Straße. Sie hatte nicht erwartet, daß Kadra sie schlagen würde, und sie hatte nicht geahnt, daß die Ghya sich so blitzschnell bewegen könnte. Und sie wußte nicht, warum sie gesagt hatte, was sie gesagt hatte. Blöde Kuh, schalt sie sich selbst. Du bist eine sagenhaft blöde Kuh! Jedesmal wenn du mit Kadra sprichst, bringst du es fertig, was Falsches zu sagen!
    Wütend über sich selber, den Tränen nahe, eilte sie zum Med-Bezirk zurück. Auf halbem Weg hielt sie an und wusch sich das Gesicht an einem öffentlichen Brunnen. Die alten Tattergreise, die um den Brunnen hockten und tratschten, machten ihr höflich Platz, damit sie die Pumpe drücken konnte. Das kühle Wasser fühlte sich auf der heißen Haut wundervoll an.
    »Also mein Herr«, sagte eine unglaublich schöne Stimme an ihrem Eilbogen, »wie ist euer Botschaftertreffen in Nuath verlaufen?«
    Es war dieser Name – Nuath –, der Sorren veranlaßte, sich umzuwenden. Wasser tröpfelte von ihren Lidern, während sie zu erspähen versuchte, wer da gesprochen hatte. Etwas Weißes blitzte vor ihr auf. Sie hielt den Atem an – und merkte, daß eine Hexe ihr direkt ins Gesicht blickte.
    »Der Mann ist so störrisch wie ein Maulesel!« antwortete eine Männerstimme. Sorren kannte diese Stimme recht gut. Sie hatte sie vor nicht allzu langer Zeit im Salon des Med-Hauses gehört. Der Mann an der Seite der Hexe war Kim Batto.
    Sie legte die Handflächen aneinander und verneigte sich. Noch nie zuvor war sie einer Hexe so nahe gekommen. »Was für wunderhübsches Haar du hast, mein Kind«, sagte die Hexe. Sie besaß wirklich eine bemerkenswert schöne Stimme, tief und melodisch und verführerisch wie Honig. »Du hast geweint, nicht wahr? Hast du Kummer? Kann ich dir helfen?«
    Die Hexe war schön. Ihr dunkles Haar fiel ihr über das Kleid wie ein schwarzer Fluß, der durch ein Feld von Gänseblümchen fließt. Sorren bemühte sich, mit ruhiger Stimme zu sprechen. »Es geht mir ganz gut, damisen. Ich habe mich nur mit einem Freund gestritten.«
    Kim Batto hüstelte. »Ich kenne das Kind, lehi. Sie ist ein Nordlandmädchen, das als Leibeigene im Med-Haus dient. Bemühe dich ihretwegen nicht, wahrscheinlich geht es um ein Nichts.«
    »Schmerz ist niemals ein Nichts, mein Herr.«
    »Ach, ihr tut nichts weh! Das sieht man doch, wenn man sie anschaut. Was ist los, Sorren?« fragte er mit grober Stimme, als

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