Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht
Außerdem habe ich einige von Rufus' Angelhaken entdeckt, die ich auswerfen werde. Wer weiß, vielleicht ist uns Frau Elbe bis zum Morgen gewogen?«
Mit diesen Worten erhob sich Fi und ging zum Boot, das zwischen den Schilfhalmen im Wasser dümpelte. Er grub im Schlick nach Würmern und wenig später hörte Kai, wie etwas ins Wasser plumpste. Beschämt deckte Kai die beiden Irrlichtlaternen ab, kroch unter seine Decke und schloss die Augen. Es dauerte nicht lange und er war eingeschlafen.
Als Kai erwachte, war es tief in der Nacht. Es war windig und hoch über ihm am Himmel jagten die Wolken vor der bleichen Mondscheibe vorbei. Er erinnerte sich vage daran, dass ihn düstere Träume gequält hatten. Doch das war es nicht, was ihn aufgeweckt hatte. Vielmehr hatte er wieder Hunger.
Vorsichtig spähte Kai auf das eingerollte Bündel neben sich. Fi schien fest zu schlafen. Kai versuchte, es ihm gleichzutun, doch das bohrende Gefühl in seinen Eingeweiden ließ nicht nach. Im Gegenteil. All seine Gedanken kreisten um Berge ge rösteten Brotes und Teller voll von köstlichem Schinken und gebratenem Speck. Unruhig wälzte er sich hin und her, schließlich erhob er sich leise. Hatte Fi nicht gesagt, dass noch Brot übrig sei? Sicher hatte er nichts dagegen, wenn er einen Kanten davon aß.
Er schlich zum Ufer, wo sie ihr Boot festgemacht hatten. Um ihn herum gluckste es, während er mit fliegenden Fingern die Reisetasche unter der hinteren Sitzbank durchwühlte. Schnell fand er das Gesuchte: einen halben Laib Brot. Mit knurrendem Magen brach er einige Stücke davon ab und stopfte sie sich in den Mund. Er hatte noch immer Hunger. Was schadete es, wenn er noch ein klein wenig mehr nahm? Kai aß und aß, bis schließlich nur noch einige wenige Krümel übrig waren. Erschrocken keuchte er auf, doch bereits im nächsten Moment geisterte sein Blick hinüber zu den Angelschnüren, die der Elf ins Wasser geworfen hatte. Ob schon ein Fisch angebissen hatte? Krampfhaft unterdrückte er den Wunsch nachzusehen. Etwas stimmte nicht mit ihm. So viel Hunger konnte ein normaler Mensch doch nicht haben.
Kai atmete tief ein, unterdrückte das unangenehme Gefühl und stakste widerwillig zu ihrem Schlaflager zurück.
Fi schien glücklicherweise nichts bemerkt zu haben. Wie sollte Kai ihm den Zwischenfall morgen bloß erklären? Zerknirscht verkroch er sich wieder unter seine Decke und schloss die Augen.
Er hatte noch immer Hunger.
Als er wieder aufwachte, war es bereits hell. Die Sonne tauchte Land und Fluss in rotes Morgenlicht. Kai fühlte sich sterbenselend. Wo war nur Fi? Der Schlafplatz neben ihm war leer.
In diesem Moment stieg der Geruch von Rauch und gebratenem Fisch in seine Nase. Kai sprang erregt auf. Tief in seinem Bauch rumorte es. Erst jetzt entdeckte er das kleine Lagerfeuer, das sein Begleiter entfacht hatte. Fi hockte neben der Glut und wendete drei Fische, die an langen Stöcken über dem Feuer brieten.
»Ich hätte dir gern noch etwas Brot angeboten«, meinte der Elf, ohne Kai dabei anzusehen, »aber du hast ja vorgezogen, dich letzte Nacht damit voll zu stopfen.« Dann hatte Fi also doch wach gelegen ?
Erst jetzt blickte ihn der Elfenjunge an. Der zornige Ausdruck in seinen Augen wich jäher Bestürzung. »Bei den Zähnen eines Trolls, du siehst gar nicht gut aus.« Kai schüttelte gereizt den Kopf und stierte die brutzelnden Fische an. »Ist das Essen fertig?«
Fi nickte und erhob sich zögernd.
Ohne weiter darüber nachzudenken, stürzte Kai zum Feuer, rupfte mit zitternden Händen die Fische von den Stöcken und verschlang sie, ohne auf Schuppen und Gräten zu achten. Gierig leckte er sich die Finger ab und bemerkte erst jetzt, wie ihn der Elf entgeistert anstarrte.
»Was ist?«, zischte Kai wütend. »Ich hatte eben Hunger. Du hast selbst Schuld, davon wird doch keiner satt.«
Aufgebracht lief Kai wieder zurück zum Schlafplatz, las wütend seine Sachen auf und warf sie in das Boot. »Und jetzt lass uns endlich losfahren, damit wir dieses verdammte Hammaburg erreichen«, tobte er. »Es war sowieso eine dumme Idee, Lychtermoor zu verlassen. Ja, eine ausgesprochen dumme Idee.«
Einen Moment lang wurde Kai schummrig vor den Augen, doch er bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen. Knurrend sprang er in das schwankende Gefährt und nahm wie schon am Vortag im Bug Platz. Fi löschte still das Feuer und verstaute auch den Rest ihrer Ausrüstung. Dann löste er die Leine. Schweigend stieß er das Boot ab und
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