Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht
Nixenhaar!«
Kai spitzte interessiert die Ohren.
»Es war schwierig genug, es zu besorgen«, fuhr die schnarrende Stimme fort. »Wer sich einmal in diesem Netz verfängt, dem helfen nicht einmal mehr Zauberkräfte, um sich daraus zu befreien. Nehmt es zu meinem Preis oder lasst es hier.«
Die beiden Männer grunzten unwillig, dann war das klingende Geräusch eines Geldbeutels zu hören, der den Besitzer wechselte.
»Na, geht doch«, krächzte der Ladenbesitzer zufrieden.
Einer der Männer warf sich das grünlich schimmernde Netz über die Schulter, dann wandten sich die beiden dem Ausgang zu. Ihre Gesichter waren narbenzerfurcht und sie musterten Kai argwöhnisch, als sie an ihm vorbeigingen. Kurz darauf war wieder das Klingeln der Schiffsglocke zu hören.
»Manchmal kann zu viel Neugier ein tödlicher Fehler sein. Meint Ihr nicht auch?«, zischelte es auf einmal hinter ihm. Kai wirbelte herum und blickte erschrocken das Wesen an, das zwischen den Regalreihen aufgetaucht war. Der Besitzer des Ladens reichte ihm nur bis zum Bauchnabel und mit seinen großen, behaarten Ohren und den Reihen spitzer Zähne erinnerte es Kai fatal an eine Fledermaus. Bei allen Moorgeistern! Vor ihm stand ein Kobold. Er sah genauso aus wie in den Geschichten, die ihm seine Großmutter erzählt hatte. Davon abgesehen trug sein Gegenüber eine vornehme Weste, aus deren Brusttasche eine silberne Uhrkette hervorguckte.
»Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht«, entgegnete Kai lässig und war selbst überrascht darüber, wie selbstbewusst er klang.
»Nun, was kann ich für Euch tun?«, wechselte der Kobold das Thema. »Ich, äh, ich wollte Euch fragen, was das da für ein Geschöpf ist.« Kai deutete auf die flackernde Flammengestalt in der Flasche.
»Ah. Dies ist also das Objekt Eures Begehrens«, kicherte sein Gegenüber und rieb sich die überlangen Finger. Aufmerksam musterte der Kobold Kai und zuckte dann mit seinen Fledermausohren. Sein Blick blieb an Flöte und Bernsteinbeutel hängen. »Wie ich sehe, seid Ihr ein Irrlichtjäger, richtig?«
Kai nickte erstaunt.
»Habe ich es mir doch gleich gedacht.« Wieder kicherte der Kobold. »Da wünscht man sich dieser Tage doch gleich, dass man ein anderes Handwerk erlernt hätte, was? Einen Beruf, der weniger gefährlich ist...«
Kai antwortete nicht, sondern starrte den Kobold wachsam an. Und so wechselte dieser abermals das Thema.
»Euer fachkundiger Blick hat natürlich gleich das erlesenste Stück meiner bescheidenen Gebrauchtwarensammlung erfasst«, schmeichelte er ihm und bleckte seine Nadelzähne. »Vor Euch seht Ihr ein Elmsfeuer. Sie sind mit den Irrlichtern entfernt verwandt, doch weitaus seltener und gefährlicher. Hin und wieder zeigen sie sich auf den Masten stolzer Schiffe. Vornehmlich dann, wenn sich das Schiff in einem schweren Sturm befindet. Elmsfeuer gelten als Unglücksbringer. Seid Ihr denn an Unglück interessiert?«
Kai schüttelte den Kopf. Dieser Kobold war ihm nicht geheuer. Besser, er sah zu, dass er wieder nach draußen kam. »Nein, bin ich natürlich nicht«, meinte er in bemüht gleichgültigem Tonfall. »Außerdem habe ich kein Geld.«
Mit einem Kopfnicken verabschiedete sich Kai und versuchte seinen Abgang nicht wie eine Flucht aussehen zu lassen. Als er wieder draußen stand, atmete er erleichtert die salzige Hafenluft ein. Er konnte spüren, wie ihm der merkwürdige Kobold durch die Fenster seines Geschäfts nachstarrte.
In diesem Moment öffnete sich nebenan die Tür der Bäckerei und der dicke Meister Mehldorn trat heraus. Auf seiner ausgestreckten Hand stand Magister Eulertin. »Danke. Danke. Danke, Magister. Ihr glaubt nicht, welchen Gefallen Ihr mir erwiesen habt.«
»Nun, das war nicht schwer«, antwortete der Däumling und klopfte sein blaues Zaubergewand ab. Es war über und über mit Mehl bestäubt. »Und lasst Euch nicht einfallen, den Schlinger einem missliebigen Konkurrenten unterzujubeln. Ihr liefert ihn wie vereinbart morgen bei einer der Wachstuben ab.«
»Aber natürlich, hoch verehrter Magister. Was denkt Ihr denn von mir?« Der Bäcker tat empört, wirkte aber wie ein Lehrling, der beim heimlichen Griff in die Kasse ertappt worden war.
»Komm her, Junge, damit du mich wieder tragen kannst«, rief der Magister, als er Kai erblickte.
Der tat, wie ihm geheißen wurde, und gemeinsam ließen sie weitere Dankesbekundungen des Bäckers über sich ergehen.
Anschließend bedeutete Eulertin seinem Schüler, in eine breite
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