Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
mit deiner Hilfe, das Licht des Amuletts auf andere Weise zu entzünden!« Gilraen sah Fi herausfordernd an. »Unser Gesang! Und eine Flamme, heiß wie der Atem eines Drachen. Wenn es Kai gelingt, Pelagor mit dem Amulett gegenüberzutreten und seinem Drachenhauch zu widerstehen, dann ...« »Gilraen, dieser Vorschlag ist vollkommen irrsinnig!«
»Beim Traumlicht, Fi, wir beide wollen doch das Gleiche. Wir wollen Albion und unser Volk aus den Klauen Morgoyas befreien. Warum siehst du nicht, wohin uns das Schicksal geführt hat? Von Albion aus in den tiefsten Süden des Kontinents. Dorthin, wo die Macht des Glyndlamir am dringlichsten gebraucht wird. Pelagor versucht nichts Geringeres, als die Schattenklüfte zu öffnen. Der Glyndlamir hat bereits einmal geholfen, die neun Albtraumkreaturen zu bannen.«
Fi schwieg und schüttelte fassungslos ihr Haupt.
»Wo«, ereiferte sich Gilraen weiter, »ist in der Prophezeiung davon die Rede, dass sich das Schicksal des Amuletts auf Albion selbst erfüllen muss? Deine Mutter hat das behauptet. Aber die Überlieferung spricht nur davon, dass der Glyndlamir dazu beitragen wird, Albion zu retten. Ich sage dir, deine Mutter hat sich geirrt. Wir sind jetzt seine Hüter. Wir müssen unserem eigenen Gewissen folgen. Ich bin mir sicher, ein Sieg hier auf dem Kontinent wird der Auslöser für die Befreiung Albions sein. Das ist mit der Prophezeiung gemeint.«
»Ich vertraue den Worten meiner Mutter«, erklärte Fi mit gepresster Stimme, »und ich lasse mich nicht davon abbringen. Muss ich dich erst daran erinnern, dass sie uns nachdrücklich davor gewarnt hat, dass sich das Licht des Glyndlamir nur noch einmal entzünden lässt ? Ich bin nicht bereit, ein unnötiges Risiko einzugehen.« »Warum bist du so uneinsichtig?«, herrschte sie der Elf an.
»Und ich verstehe nicht, warum du an eine solche Wahnsinnstat auch nur denkst«, erwiderte Fi bestürzt. »Dein Hass auf Morgoya verzehrt dich, Gilraen.« »Nein, im Gegenteil!« Der Elf zitterte. »Mein Hass hat mich all die Jahre am Leben gehalten! Statt zu träumen und zu hoffen, sollten wir der Realität endlich ins Auge sehen. Der Krieg hat den Kontinent längst erreicht. Wir müssen uns dem Feind dort stellen, wo er uns begegnet. Er ist bereits hier, Fi!«
Das mächtige Rauschen von Schwingen zerschnitt die Nacht und für einen kurzen Augenblick fiel ein großer Schatten auf die Anhöhe. Alarmiert griffen die beiden Elfen zu ihren Waffen, doch es war glücklicherweise nur Dystariel, die von den Wipfeln der Bäume zu ihnen herabjagte. Wenig später schwebte auch Eulertin heran und winkte Kai, Fi und Gilraen heran.
»Ihr werdet die Reise gen Süden auf dem Wasser fortsetzen, das ist ungefährlicher. Ganz hier in der Nähe fliest ein Fluss. Ich habe den Flusslauf ausgekundschaftet. Dystariel wird uns Geleitschutz geben, und ich persönlich werde euch auf unserem neuen geschuppten Freund begleiten.«
»Ihr wollt auf Olitrax reiten?«, fragte Kai verwundert.
»Ja, genau. So kann ich das dichtbewachsene Ufer im Auge behalten, während ihr auf dem Wasser seid. Wer weiß, ob sich Morgoyas Häscher nicht längst im Schwarzen Wald herumtreiben. Ganz abgesehen davon ist die Luft eben mein Element.« Verblüfft sahen die Gefährten zu, wie Eulertin den kleinen Drachen zu sich heranwinkte und auf seinen Rücken kletterte. Olitrax schlug begeistert mit den Flügeln und sauste mit dem Magister davon.
Die Gefährten packten ihre Sachen zusammen und folgten Eulertin, der auf Olitrax voranflog, in Richtung Fluss.
Hinter einem sandigen Hügel fanden sie schließlich jenen Waldfluss, dessen Rauschen Kai bereits vernommen hatte. Das Mondlicht malte silberne Reflexe auf die Wasseroberfläche, während das Wasser über Steine und Felsen an ihnen vorbeigurgelte.
Kai folgte einem schmalen Weg am Ufer entlang und entdeckte dort ein altes Fischerboot. Jemand hatte es zwischen zwei dicken Wurzeln ans Ufer gezogen und mit Tannenzweigen abgedeckt. Doch das alles musste schon länger her sein, denn die grünen Nadeln waren längst stumpf und grau geworden.
»Hierher!« Hastig winkte der Zauberlehrling seine elfischen Begleiter zu sich heran. Gilraen begann, Zweige und vermodertes Pflanzenwerk aus dem Bootsrumpf zu räumen.
Gemeinsam gaben sie dem Boot einen letzten Schubs und sprangen hinein. Der Elf stieß sie mit einem Ast vom Ufer ab, doch nur eine knappe Bootslänge später schrammte der Bug gegen einige Steine unterhalb der Wasserlinie und sie
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