Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
Handwerksgesellen, die mit hängenden Köpfen am Kanal entlangtrotteten, während sich unweit von ihnen entfernt ein Besenbinder grußlos an zwei Marktfrauen vorbeischleppte, die teilnahmslos einen Gemüsestand aufbauten.
»Sehr lebendig wirkt das alles nicht«, murmelte Fi. »In Hammaburg ist um diese Zeit mehr auf den Straßen los.«
»Ja, seltsam«, sagte Eulertin. Noch immer schwebte er wie ein dicker Käfer über der Straße, ganz darauf vertrauend, dass ihn aufgrund seiner Größe niemand erkannte. »Was ist das für ein merkwürdiger Turm dort vorne?«, fragte Kai.
»Der Fryburger Schattenzwinger«, erklärte Eulertin leise. »Auch bekannt als >Fryburger Monsten. Er steht hier seit der Kaiserzeit. Seine Mauern bestehen aus Titanenerz, und es heißt, in früheren Zeiten habe man darin Kreaturen der Nacht eingesperrt, denen man nicht anders Herr wurde.«
»Da drinnen sind Monster eingesperrt?«, wisperte Kai entgeistert.
»Vermutlich«, erwiderte der Däumlingszauberer. »Wenn sie nach all der Zeit überhaupt noch existieren oder sich nicht gegenseitig aufgefressen haben. Denn das Ganze ist lange her. Seit den Schattenkriegen wird der Turm gemieden. Viel befremdlicher finde ich allerdings das Verhalten der Fryburger. Seht nur.« Der Däumlingsmagier deutete auf zwei Stadtwächter, die mit Laternen und Hellebarden über den Platz stapften. Ein Bauer mit Handkarren schleppte sich auf sie zu und machte sich nicht einmal die Mühe, ihnen auszuweichen. Die beiden Männer schubsten den Mann wütend aus dem Weg, er fiel hin und erhob sich langsam wieder. Schwerfällig zog er den Karren weiter. Hatte er die Schläge nicht gespürt?
»Hier stimmt doch etwas nicht«, überlegte Gilraen.
»Nein, in der Tat nicht«, murmelte der Magister.
Eulertin wartete, bis die Wächter den Platz überquert hatten, dann wies er sie an, ihm zu folgen. Eilig liefen sie an dem düsteren Schattenzwinger vorbei und gelangten in eine Straße, über die lange Leinen mit Wäsche gespannt waren. Im Dämmerlicht sahen die aufgehängten Kleidungsstücke klamm und schmutzig aus, so als seien sie schon seit Tagen den Launen des Wetters ausgesetzt.
Kai schüttelte verwundert den Kopf und nahm am Ende der Straße, jenseits der Hausgiebel, ein trutziges Bollwerk wahr, das sich schwarz vor dem beginnenden Morgenrot abhob. Eine Burg. Ihre Gründer hatten sie auf einem Hügel direkt vor der Stadt errichtet. Eine große, schwarz-rote Fahne wehte über dem Bergfried. Einzelheiten waren nicht zu erkennen, doch der Zauberlehrling zweifelte nicht daran, dass es sich dabei um die Kriegsstandarte Morgoyas handelte, von der Dystariel gesprochen hatte. Sie erinnerte ihn wieder daran, wie vorsichtig sie sein mussten, solange sie sich auf dem Fryburger Stadtgebiet aufhielten.
»Lebt dort oben der Markgraf Fryburgs?«, fragte er.
»Ja«, antwortete der Magier leise. »Auf Burg Gryffenegg ist auch die markgräfliche Greifenreiterei untergebracht.« »Es wird höchste Zeit, dass wir Haragius finden. Ich hoffe, er kann uns einige Fragen beantworten. Kommt, weiter!«
Wenig später erreichten sie eine Kreuzung. Eulertin schwebte auf ein weiß gekalktes Gebäude mit angrenzendem Erkerturm zu. Obwohl es mitten im Stadtgebiet lag, verfügte das Haus über einen winzigen Vorgarten mit zwei hohen Apfelbäumen. Ihre Kronen überragten die hohe Backsteinmauer, die das Anwesen von der Straße abgrenzte. Vorsichtig traten sie an ein gusseisernes Tor heran, in dem unübersehbar ein verschlungenes, fünfzackiges Pentagramm eingelassen war. In seinem Zentrum befand sich ein Drachenkopf aus Bronze.
»Hier wohnt Haragius«, erklärte Eulertin überflüssigerweise. »Entweder schläft er noch oder er ist nicht da. Die Fenster sind geschlossen.«
»Die Mauer stellt kein Problem dar«, erklärte Fi, die bereits einen überhängenden Zweig ins Auge fasste.
»Nicht so voreilig, junge Elfe«, hieß sie der Magister innezuhalten. Eulertin sprach einen Zauber und ein sanfter blauer Schimmer legte sich über Mauer und Tor. »Magie. Seht ihr?«, sprach er. »Lasst mich kurz nachdenken. Haragius hat sein Heim damals immer auf besondere Weise betreten. Er ist Drakologe. Soweit ich mich erinnere, hat er stets eine Drachenschuppe gegen den eisernen Reptilienkopf gedrückt. Kai, wärst du bitte so nett und rufst unseren kleinen Freund herbei?«
Der Zauberlehrling verrenkte seinen Hals, um nach der Feuerechse Ausschau zu halten und streckte seinen freien Arm aus.
Er pfiff leise und der
Weitere Kostenlose Bücher