Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
kleine Drache die Nüstern gegen seine Halsgrube.
»Nicht so stürmisch«, sagte Kai verlegen. »Es geht ihm also offensichtlich besser.« »Seine Wunden heilen auffallend schnell«, erklärte Fi mit leiser Stimme, während Eulertin den Kleinen interessiert beäugte.
»Ja, das dürfte an der Paste liegen, die ich unserem kleinen Freund verabreicht habe«, erklärte der Drakologe begeistert. »Sie enthält Goldstaub. Ich habe schon immer vermutet, dass die Affinität der Drachen zu Gold mehr als nur ästhetische Gründe hat. Nur konnte ich meine Theorie bislang nicht in der Praxis ausprobieren ...« Kai lauschte dem Vortrag des Magisters nur mit halbem Ohr. Seine gute Stimmung verflog beim Anblick der Elfe. Fi wirkte abgespannt und traurig. Wieder einmal musste sich der Zauberlehrling dazu zwingen, nicht zu ihr zu gehen, um den Arm um sie zu legen. »Wir werden Gilraen finden«, sagte er und wusste selbst, wie dürr diese Worte klangen. Gilraen hatte nicht nur Sonnenfeuer und den Glyndlamir gestohlen, sondern auch Äschengrunds unsichtbares Pferd. Sicher war er längst auf dem Weg ins Albtraumgebirge. Unsichtbar würde ihn nicht einmal ein Greifenreiter aufspüren können.
Bevor Fi antworten konnte, waren vom Thron her heftige Atemgeräusche zu hören. Ihre Köpfe flogen zu dem Markgrafen herum, der nun mit den Augen blinzelte und sich verwirrt umsah.
»Magister Äschengrund?«, zürnte er mit dunkler Bassstimme. »Was geht hier vor sich? Wie komme ich hierher? Ich war doch gerade eben noch im Speisesaal. Wer sind all die Leute hier?«
»Eure Durchlaucht!«, rief der Drakologe überglücklich und rieb sich die lange Nase. Hektisch schickte er die Diener aus dem Raum und eilte mit großen Schritten zum Thron, um sich um seinen Herrn zu kümmern.
Kai musste wieder daran denken, welches Glück sie hatten, dass Äschengrund als erster Hofmagier Fryburgs ein so wichtiges Amt in der Stadt bekleidete. Allein seiner Autorität - und sicher auch dem seltsamen Benehmen des Markgrafen in den letzten Wochen - hatten sie es zu verdanken gehabt, von der Burgwache nicht sofort verhaftet worden zu sein.
»Lasst Euch erklären!« Die Stimme des Fryburger Magisters überschlug sich fast. »Ein finsterer Zauberbann lag für viele Wochen auf Euch, aber er ist jetzt von Euch genommen. Doch in der Zwischenzeit sind schlimme Dinge geschehen. Sehr schlimme Dinge ...«
Aufgewühlt berichtete Äschengrund von den Vorkommnissen in der Stadt. Und je länger er sprach, desto finsterer wurde der Blick des Grafen.
»Aus alledem schließen wir«, unterbrach Eulertin den Drakologen nach einer Weile, »dass sich Pelagor und Morgoya verbündet haben. Unter den Aufzeichnungen, die wir in der Hinterlassenschaft dieser Hexe gefunden haben, befanden sich astronomische Berechnungen, die daraufhindeuten, dass Pelagor noch in der folgenden Nacht etwas Großes beschwören will. Jedenfalls deuten wir dies aus einer seltenen Sternenkonstellation, die diese Roxana für heute ermittelt hat. Sie verheißt nichts Gutes.« »Der Drachenkönig wird versuchen, die Schattenklüfte zu öffnen?«, keuchte der Markgraf ungläubig.
»Haragius«, sagte Magister Eulertin und erhob sich mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Lüfte. Hastig reichte ihm Kai seine Hand, auf der sich der Däumling schnell niederließ. »Vielleicht unterrichtest du Seine Durchlaucht von unserem Plan.« »Ein Plan?« Der Markgraf blickte Eulertin aufmerksam an. Ob ihn die Gestalt des Däumlings überraschte, war ihm nicht anzumerken.
»Ja, wir waren in der Zwischenzeit nicht untätig«, führte Eulertin aus, bevor Äschengrund seine Stimme erheben konnte. »Euer erster Hofmagier ist schließlich der versierteste Drakologe weit und breit. Und zu unserem großen Glück weiß er, wo sich Pelagors Drachenhort befindet.«
»Ja, und?«
»Der Drachenkönig dürfte längst zu den Schattenklüften aufgebrochen sein, um dort sein schändliches Tun vorzubereiten. Daraus ergibt sich für uns eine einmalige Gelegenheit. Sein Hort ist unbewacht, und nach Aussage Eures ersten Hof-magus hat in den Jahrhunderten nach Sigur Drachenherz noch eine weitere Schar hoffnungsvoller Drachentöter versucht, Pelagor zu bezwingen. Vergeblich, sie alle sind umgekommen.« »Was soll daran gut sein?«
»Nun«, erklärte Eulertin mit feiner Stimme. »Pelagor hat mit den Siegen über sie auch ihre Zauberwaffen aus Mondeisen an sich gerissen. Zwar ist keine der Waffen vergleichbar mit dem legendären Schwert Sonnenfeuer,
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