Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
lange unter Kontrolle gehalten hatte, kreischte laut auf und kippte nach links ab. Ein gewaltiger Glutball schlug hinter ihnen in die Nachtkaskaden ein und sphärisches Heulen rollte von den Wänden, das als geisterhaftes Echo in der Schlucht widerhallte.
Das Brüllen wurde von zahlreichen anderen Drachen beantwortet. Ihr machtvolles Röhren ließ Kai die Haare zu Berge stehen. Fi versuchte aufzusteigen, doch zwei weitere Echsenleiber glitten aus dem Dunkeln heran und schnitten ihnen den Rückweg ab. Jäh tauchte vor ihnen eine gewaltige Feuerechse mit kalten Reptilienaugen und purpurfarbenem Schuppenleib auf. Sie verfügte nur über zwei Klauen, dafür aber über einen monströsen Flugschwanz mit einer stachelbewehrten Spitze. Mit weit ausgebreiteten Schwingen versperrte sie ihnen den Weg und öffnete ihren Rachen. Eine prasselnde Feuerwalze raste auf sie zu. Kai streckte den Arm mit dem Zauberstab aus. Der Glutschwall riss vor ihnen entzwei und zerstob wirkungslos in der Luft. Der Greif ließ sich laut fiepend in die Tiefe fallen, und sie schafften es nur unter Mühen, dem wuchtigen Schwanzhieb der Echse auszuweichen.
Immer mehr Drachen jagten jetzt auf sie zu. Fi schlug Haken und flog kühne Ausweichmanöver. Doch wieder und wieder schleuderten die Drachen ihnen ihren Feueratem entgegen. Kai kämpfte um ihr Leben, indem er die Flammenlohen ablenkte und Schutzwände erzeugte, an denen die Glut abprallte, doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass die Feuerechsen nur ein böses Spiel mit ihnen trieben. So, als ob sie lediglich versuchten einzuschätzen, über welche Kräfte sie verfügten. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sie der Übermacht unterliegen würden.
»Kai, ich weiß nicht mehr wohin!«, schrie Fi, der zunehmend die Kontrolle über den panischen Vogellöwen entglitt. Die Drachen waren einfach überall.
Bringt sie zu mir!, dröhnte es frostig hinter Kais Stirn.
Kai erschauerte und er wusste sofort, wer da zu ihnen gesprochen hatte: Glaciakor, der Herr des Eises!
Die Drachen um sie herum stießen ein enttäuschtes Rasseln aus und machten den Weg frei. Die Schneise, die die gewaltigen Leiber bildeten, führte direkt auf die Plattform des Schädelfelsens zu.
Argwöhnisch wandte sich die Elfe zu ihm um und Kai nickte ihr verzagt zu. »Tu es, wir haben eh keine Wahl.«
Der Greif stieß einen schrillen Schrei aus, stürzte sich auf das mondsilberne Tridekagramm und landete am Rand der Plattform.
Steigt ab!, peitschte Glaciakors gefühllose Stimme auf.
Fi und Kai waren dem Befehl kaum nachgekommen, als ein blauschwarzer Schatten hinter der Felskante hervorbrach. Gewaltige Reißzähne schnappten zu und der Greif stieß ein gellendes Kreischen aus. Der Sturmdrache hatte den Vogellöwen längst emporgerissen. Weitere Drachen glitten zornig heran, Krallen bohrten sich in den geflügelten Löwenkörper und das hässliche Geräusch knackender Knochen hallte von den Steilwänden wider.
In wenigen Augenblicken hatten die Drachen das stolze Tier zerfleischt. Alles, was von ihm übrig blieb, waren Knochenreste und blutige Federn, die in die nachtschwarze Tiefe trudelten.
Fi hob alarmiert ihren Bogen, doch die Drachen griffen nicht an, sondern umkreisten sie nur lauernd.
Den Abgrund im Rücken wandten sich Kai und Fi daher den drei Feuerechsen zu, die unweit von ihnen das mondsilberne Tridekagramm mit ihrem Feueratem bearbeiteten. Die mächtigen Geschöpfe beachteten sie kaum. Ihre gefühllosen Echsenaugen waren ganz auf die heiß glühende Stelle des Mondsilbersterns im Boden vor ihnen gerichtet. Aus der Nähe erkannte Kai, dass die Linien des Tridekagramms vor ihnen aus Hunderten ineinander verschlungener Zauberrunen und -glyphen bestanden. Erst ihr Zusammenspiel vermittelte den Eindruck, einen gewaltigen, dreizehnzackigen Stern vor sich zu haben.
Der Mondsilberstern war ein magischer Bannkreis, dessen Schenkel sich aus Worten in alter Zauberschrift zusammensetzten. Er musste vor langer Zeit von Sigur Drachenherz und seinen Gefährten in den Fels geschlagen worden sein.
Mit Entsetzen blickte er hinüber zu dem monströsen Dämonentor inmitten des Sterns. In der kraterförmigen Vertiefung waberte es immer heftiger und wie Geisterfinger tasteten sich bereits erste Schattenstränge über den Rand.
Er ahnte, wozu der Stern diente. Eilig riss er sich einen Knopf von seiner Jacke und warf ihn in Richtung der Mondsilberglyphen. Er kam nicht weit. Der Knopf prallte mit einem hellen Blitz gegen eine
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