Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
Bergen und die Sterne am schwarzen Himmel funkelten in kaltem Licht, während Kai und Fi durch die Nacht jagten. Mit rauschenden Schwingen näherte sich der Greif einer finsteren Berggruppe. Während die schneebedeckten Kuppen und Höhenzüge rings um sie herum weiß im Sternenlicht funkelten, schien das schroffe Gestein unter ihnen das Licht förmlich aufzusaugen, so schwarz war es.
Kai hielt bang den Atem an, als eine tiefe Schlucht vor ihnen auftauchte. Die unheimliche Klamm sah aus, als sei sie mit einer gewaltigen Axt in das Gebirge geschlagen worden. Er hatte ein ungutes Gefühl, als er die steil aufragenden Wände der Schlucht beäugte. Sie bewegten sich.
»Du meine Güte, Fi!«, rief er nach vorn. »Siehst du das? Was ist das?«
»Die Nachtkaskaden!«, antwortete die Elfe. »Es heißt, in den Schattenklüften fallen die Schatten wie Wasser die Berg-flanken herab.«
Inzwischen hatten sie sich dem unheimlichen Ort so weit angenähert, dass sie erkennen konnten, dass vom Grund der Klamm ein hoher Felspfeiler wie ein monströser Dorn aufragte. Kai stellte schockiert fest, dass er wie ein in die Länge gezogener Totenschädel geformt war.
Der Schädelfelsen gloste auf Höhe der Augen-, Nasen- und Mundöffnungen in tiefem Schwarzblau und mündete oben in einer weitläufigen Plattform. Ganz so, als habe man dem Totenkopf auf Höhe der Stirn die Schädelplatte abgehauen.
Ebenso gespenstisch war der Serpentinenpfad, der in die Riesenfratze hineingemeißelt war. Er schraubte sich vom Grund der Schlucht spiralförmig hinauf bis zu der Plattform, als würde sich eine Schlange um den geisterhaften Steinschädel winden. Kai schauderte bei dem Anblick.
Etwas funkelte auf dem Dach des Schädelfelsens silberhell auf, wurde im nächsten Moment aber von einer schlangengleichen Bewegung verdeckt. Immer wieder züngelte greller Feuerschein auf.
»Drachen!«, rief Fi alarmiert.
Die meisten der gefährlichen Feuerechsen umkreisten mit mächtigen Schwingenschlägen die unheimliche Felsenplattform, doch drei der Geschöpfe hatten sich dicht gedrängt auf dem Klippenrand der Plattform niedergelassen und zielten mit ihrem Feueratem im raschen Wechsel auf eine bestimmte Stelle im Felsgestein. Immer wieder loderten dort hohe Glutwolken auf, so als versuchten die Drachen etwas aus dem Gestein zu brennen.
Kai suchte hektisch die Schlucht ab und zählte ein gutes Dutzend der gefährlichen Kreaturen. Die meisten ihrer Gegner besaßen blau schimmernde Leiber. Sturmdrachen. Doch er sah auch einige mit grünem und violettem Schuppenkleid.
Der Anblick war niederschmetternd. Mit einer solchen Übermacht hatten sie nicht gerechnet. Glaciakor war kein Risiko eingegangen.
»Was machen wir jetzt bloß?«, schrie er gegen den Flug-wind an.
»Warten, bis die Greifenreiter anrücken, oder die Dunkelheit nutzen und heimlich auskundschaften, was diese Biester da unten eigentlich vorhaben«, schlug Fi vor »Lass uns einen Blick riskieren!«, antwortete Kai.
»Gut«, rief die Elfe. »Festhalten!«
Der Greif drehte ab, und im Schutz der Dunkelheit rasten sie an einer der Steilwände auf die Talsenke zu. Erstmals kamen sie den Schattenkaskaden so nahe, dass Kai sie genauer betrachten konnte.
Es war so, wie Fi gesagt hatte. Wie Wasser wälzten sich dort lichtlose Schwaden in die Tiefe. Die rauchartige Substanz verwirbelte, und hin und wieder zeichneten sich darin die Konturen monströser Krallen und Tentakel ab. Kaum waren sie zu sehen, vergingen sie wieder.
Endlich waren sie dem Felsen so nahe gekommen, dass Einzelheiten deutlich wurden. Kai stellte zu seinem Erstaunen fest, dass auf der Plattform des Schädelpfeilers ein gewaltiges, dreizehnzackiges Tridekagramm aus Mondsilber eingelassen war. Fahl schimmerte es im Sternenlicht. Seine Erschaffer hatten den mondsilbernen Stern um einen tiefen Krater im Zentrum der Plattform gezogen, der ihnen unheilvoll entgegengähnte. Dämonische Schlieren wirbelten und schäumten darin wie in einem Kessel, der unter Feuer stand. War das jene Dämonenpforte, hinter welcher der Eisige Schatten lauerte ?
Immerzu spien die drei Drachen ihr Feuer auf eine Stelle des großen Tridekagramms, das bereits in rotgoldenem Licht erstrahlte. Hin und wieder stieg eine der Echsen auf und ein anderer Drache nahm ihren Platz ein.
»Komm, das reicht«, rief Kai. »Weg hier!«
In diesem Moment brandete über ihnen wütendes Drachengebrüll auf und ein zorniger, blauschwarzer Schatten raste auf sie zu. Ihr Greif, den Fi so
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