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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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sah mit Entsetzen, wie ihr Fleisch verbrannte und sie den Mund zu einem Schrei öffnete, den er besser kannte als den Klang seiner eigenen Stimme. Er hatte ihn schon einmal gehört, damals vor dem brennenden Auto, als er seine Mutter nicht vor den Qualen bewahren konnte, die sie erleiden musste. Er wusste, dass dieser Ton ihn schwanken lassen würde – genug vielleicht, damit er fiel. Mit aller Kraft rief er das Licht in sich, fühlte es aufbranden wie ein rettendes Meer und ertrug die Kälte, die seine Gedanken durchdrang, während er sich vorwärtstastete, bis dicht an den Rand der Scholle. Er schaute Mara an, sie wirkte so echt, als könnte er sie berühren, doch er drängte das Bedürfnis danach mit aller Macht zurück. Da stand er nun über dem namenlosen Abgrund, und das Licht der Engel strömte über seinen Körper wie flüssiges Gold. Die Kälte verlangsamte seinen Atem und ließ ihn ruhiger werden, so ruhig, dass er kein Entsetzen mehr spürte und keinen Schmerz, und gerade in dem Moment, da der erste Ton über Maras Lippen drang, stieß er sich ab und sprang. Mitten hinein in diesen Schrei flog er, der Klang zerbrach an ihm wie Glas, und ebenso zerschlug er den Körper des Schemens und jagte dahin. Die Hindernisse stürzten hinter ihm zusammen, er hörte die Stimmen der Schatten unter sich, und kaum dass die letzte Scholle unter seinen Füßen zerbrach, landete er auf einem schmalen Holzstück, nicht mehr als wenige Armlängen von der anderen Seite entfernt. Er sah den Engel an, der dort auf ihn wartete, starrte in dessen Augenhöhlen wie in einen Abgrund und hörte die Finsternis nach ihm rufen. Er brauchte nur nach unten zu schauen, um noch einmal ungetrübte Freude zu empfinden, kindliche Neugier, behüteten Frieden – all das, was er einst in diesen Erinnerungen gefühlt hatte. Er rechnete damit, die Sehnsucht niederringen zu müssen, die ihn angesichts dieser Aussicht stets überfiel, doch stattdessen empfand er … nichts. Antonios Gesicht tauchte in ihm auf, das Gesicht eines Engels, das ein Menschenkind geopfert hätte für sein eigenes Ziel, und er spürte dieselbe Gleichgültigkeit, dieselbe Leere tief in seinem Inneren. Ein kurzer Schreck durchpulste ihn angesichts der Kälte, die ihn erfüllte, und diese Regung genügte, um ihn schwanken zu lassen. Doch nur für einen Moment. Zur Hölle, er gebot über die Lehre des Lichts, er war nicht ihr Sklave! Dieser Gedanke war es, der ihn sich selbst von außen sehen ließ, von Licht durchströmt inmitten der Finsternis, und dieses Bild trug ihn noch einmal über die Dächer Roms. Nein, nicht die Engel waren es, die den Kern dieser Stadt bildeten, das hatte er bei diesem Anblick gefühlt, und er selbst war auch kein Engel. Eiskalt spürte er die Schleier des Lichts in sich, aber stärker als sie war das Gefühl, das dunkel in ihm brannte: Das Herz dieses Lichts war das eines Menschen. Schweigend sah er Hadros in die Augen. Er fühlte, dass er zitterte, doch er schwankte nicht auf seiner Planke. Er würde nicht fallen.
    »Nun, Jäger des Lichts«, brachte er hervor und verhinderte nicht, dass Zorn in seiner Stimme mitklang. »Wollt Ihr mich nun anhören auf Eurer Seite des Abgrunds?«
    Hadros erwiderte nichts, aber er neigte unmerklich den Kopf.
    »Ihr seid ein Held«, fuhr Nando fort. »Ja, das seid Ihr für mich, ebenso wie für die meisten Engel und viele Nephilim. Ich habe Euch bewundert als einen Krieger des Lichts, doch nun sehe ich, dass Ihr Euch in den Schatten versteckt aus Gründen, die nur Ihr kennt. Aber das ist es nicht, was ein Krieger tun sollte. Deshalb werde ich mich auf den Weg zum Teufel machen, ob mit Schwert und Pfortenschlüssel oder ohne. Es liegt an Euch: Wollt Ihr mich an die Engel ausliefern, wollt Ihr mich gleich töten? Wollt Ihr warten, bis der Fürst der Hölle oder einer seiner Schergen das für Euch erledigt?« Er hielt kurz inne, überdeutlich spürte er nun das Gift in seinen Gliedern. Er konnte kaum noch aufrecht stehen, schmerzhaft krampfte sich sein Herz in seiner Brust zusammen. Dennoch wandte er den Blick nicht ab. »Oder wollt Ihr mir helfen, meine Bestimmung zu erfüllen? Wollt Ihr mir helfen, den stärksten aller Dämonen zu bezwingen und die Welt von seinem Hass zu befreien? Verflucht, Krieger des Lichts, seid Ihr das denn nicht gewesen: der mächtigste Jäger aller Zeiten?«
    Die Schwärze in Hadros’ Augen war undurchdringlich, aber plötzlich meinte Nando, einen seltsamen Glanz weit hinten in den Schatten zu

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