Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)
Engel brach: Sie würde den Sohn des Teufels nicht entkommen lassen, der so dumm gewesen war, sich mitten in den goldenen Glanz derer hineinzubegeben, die ihn hassten. Er ließ die Kälte seines Oreymons aufflammen und verbarg sein Geheimnis darin, aber Carmenyas Gesänge durchschnitten sein Licht mühelos und weckten die Sehnsucht in ihm, dem Wind zu folgen, dem Gesang des Frosts in den Wipfeln der Bäume und den Worten des Teufels, die nun in ewiger Lockung in ihm widerklangen.
Tu es , raunte dessen Stimme ganz nah bei ihm. Tu es und sei, der du bist. Du wirst es nicht mehr lange verbergen können, mein Sohn – du wirst es nicht wollen! Die Dunkelheit ruft nach dir … kannst du sie denn nicht hören?
Doch, Nando hörte sie, verführerisch durchdrang die Stimme seinen Geist, aber ehe sich das Lächeln des Teufels auf seine Lippen legen konnte, ballte er die Fäuste. Verflucht, es war Schwarze Magie, die ihn umfing! Er hatte sich freiwillig in ihre Fänge begeben – aber er würde sich ihr nicht unterwerfen! Entschlossen schürte er das Licht in sich. Eiskalt brach es durch seine Gedanken, und da fühlte er sie wieder, die Kraft, die ihn in diesem Glanz durchströmte. Schemenhaft konnte er Carmenya erkennen, sie murmelte noch immer dunkle Worte, um seine Wälle zu durchbrechen – doch, zur Hölle noch eins, es war seine Kälte, die sie davon abhielt! Mit aller Kraft riss Nando die Arme in die Luft, und da brach sein Licht in schneeweißen Strahlen aus seinem Körper. Zischend suchte es sich seinen Weg durch die Ringe der Farben, ließ sie aufflirren und verlangsamte ihre Drehungen, obgleich Carmenya mit lauter werdender Stimme dagegen ankämpfte.
Doch Nando widerstand ihrer Lockung, widerstand der Wärme, die sie ihm versprach. Er fixierte die Farben ihres Zaubers, und als er das Eis in sie hineinschickte und sie klirrend gefroren, da hörte er für einen winzigen Augenblick nichts mehr als die reglose Stille über einem Feld aus Asche. Wie von ferne spürte er den Triumph in seiner Brust, er sah Carmenya weit unter sich, Schnee verfing sich in ihren Haaren, und er fühlte kaum seinen Herzschlag, der durch seinen starren Körper pochte. Er hatte sie bezwungen. Er hatte ihre Schwarze Magie mit seinem Licht in die Knie gezwungen, hatte das Geheimnis in sich verwahrt – und nun würde er sie dazu bringen, ihn auf Hadros’ Spur zu führen, und wenn er sie ebenso zerbrechen musste wie ihren verdammten Zauber!
Er hatte bereits die Hände nach den gefrorenen Ringen ausgestreckt, um sie zu zerschlagen, als Carmenya seinen Blick erwiderte. Er hörte seine eigenen Gedanken und wusste plötzlich, was das für ein Feld aus Asche war, das sich in seinen Gedanken auftat – nicht das Feld des Triumphs, sondern das Feld der toten Nephilim, auf dem der Teufel ihm begegnet war.
Wie gelähmt sah er Carmenya an. Sie kannte die Wahrheit über Hadros, das fühlte er, doch er durfte sie nicht auf dem Weg der Kälte aus ihr herausreißen. Sie würde sie ihm sagen – für seinen wahren Namen. Er schmeckte die Ascheflocken auf seinen Lippen, als er die Finger fest um die erstarrten Farben schloss. Donnernd brachen sie in ihn hinein und vermengten sich mit seinem Licht. Er fühlte, wie ihre Gedanken durch die Bahnen seines Inneren flossen und sein Geheimnis fanden, tief verborgen unter der Maske des Engels. Er spürte ihren Schreck angesichts dieser Erkenntnis, schmerzhaft zog sich seine Brust zusammen, doch gerade als etwas wie Furcht in ihre Augen trat, schickte er seine Erinnerungen durch die Farben ihres Zaubers. Bilder einer fallenden Stadt, Bilder von sterbenden Kindern in den Brak’ Az’ghur, Bilder von Silas in seinem eigenen Blut, er sandte ihr die Tränen der Eltern, die ihre Söhne und Töchter im Kampf gegen das Licht verloren hatten, die Schreie der Verzweiflung während jener Schlacht in Bantoryns Gassen und seinen Zorn, seine Hingabe, seine Hoffnung angesichts eines Engels, der in einem Feld aus Mohn für ihn gestorben war. Carmenya sah ihn an, die Furcht wich aus ihrem Gesicht. Und dann, mit einem lautlosen Seufzen, brach der Zauber zusammen und fiel in flammenden Funken um sie nieder.
Nando stürzte ungebremst zu Boden. Er schlug hart auf und konnte nicht aufstehen, zu sehr hatte dieser rasche Wechsel aus Kälte und Hitze ihn geschwächt. Noemi war an seiner Seite, ehe er den Blick heben konnte. Kaya legte den Kopf auf sein Herz, und er fühlte den Heilungszauber, den Avartos in seine Glieder sandte. Er
Weitere Kostenlose Bücher