Die Chroniken des Paladins 01. Tharador - Bellem, S: Chroniken des Paladins 1 Tharador
diesmal.
Mit den letzten Sonnenstrahlen erreichten sie den Rand der Todesklippen. Unweit der Steilküste fanden sie einen geeigneten Lagerplatz, den Faeron mit Hilfe seiner magischen Fähigkeiten noch etwas ihren Bedürfnissen anpasste. Er ließ das Gras um sie herum auf fünf Fuß anwachsen und sich etwas über ihren Schlafplatz beugen, sodass sie von weitem nicht auszumachen wären.
Calissa starrte erst fassungslos das gewachsene Gras an, dann Faeron und schließlich wieder das Gras. Tharador beruhigte sie mit einem wissenden Kopfnicken, und Khalldeg schnaubte nur »verrückter Elf« und prüfte mit der Handfläche den Abstand des Endes eines Grashalms zu seinem Kopf.
Als der letzte Grashalm sich in Position begeben hatte, zog Faeron die Hände aus der Erde und hob die Arme weit gespreizt in den Himmel. Nun begann er leise zu flüstern. Ohne Unterlass wiederholte er die Strophen, ohne dass sich eine wirkliche Veränderung ihrer Umgebung einstellte. Faeron zuckte leicht mit den Fingern, und Schweißperlen zeichneten sich auf seiner Stirn ab, als er seine Formel immer noch unablässig wiederholte.
Plötzlich spürte Tharador etwas. Er war sich nicht einmal sicher, ob es etwas mit Faerons Zauber zu tun hatte, doch der Paladin war der festen Überzeugung, dass sich gerade die Windrichtung geändert hatte. Bisher war eine leichte Brise vom Meer her geweht worden, doch mit einem Mal spürte Tharador den Wind im Rücken.
Faeron beendete seine Beschwörung und fiel erschöpft auf die Knie. »So, nun werden wir alles im Umkreis von zehn Meilen riechen können, bevor wir es sehen«, keuchte er schwach.
»Du hast die Windrichtung geändert, Elf?«, fragte Khalldeg erstaunt.
»Ja, ich habe mit dem Geist des Windes gesprochen und ihn gebeten, uns bis morgen früh zu schützen«, erklärte der Elfenkrieger schnaufend. »Aber das war nicht einfach. Der Wind ist launisch und lässt sich nicht gerne zu etwas überreden. Und schon gar nicht für eine so lange Zeit. Aber letztlich ließ er sich doch überzeugen«, fügte Faeron noch mit einem Schmunzeln hinzu, dann legte er sich hin und schlief fast augenblicklich vor Erschöpfung ein.
»Verrückter Elf«, brummte Khalldeg kopfschüttelnd vor sich hin. »Und dass mich ja niemand von euch weckt. Die erste Nacht, seit wir auf diesem verdammten Schiff waren, kann ich schlafen, ohne dass sich der Boden bewegt!«, ermahnte er Tharador und Calissa noch einmal, bevor auch er sich schlafen legte.
Tharador musste beinahe laut über den Zwergenprinzen lachen, doch eigentlich hatte er Mitleid mit dem armen Freund, denn Khalldeg hatte auf dem Schiff wirklich keine Nacht ein Auge zugetan.
Calissa und er blieben noch wach. Sie beide hatten auf dem Schiff viel Zeit miteinander verbracht. Calissa hatte sich häufig zu ihm gesetzt, und so hatten sie einfach gemeinsam die Ruhe genossen.
Auf See waren sie abgeschieden gewesen. Surdan wirkte während dieser Tage so unglaublich weit entfernt, und alles war ihm viel unbeschwerter und einfacher erschienen.
Mit einem Mal standen die Dinge wieder völlig anders. Morgen würden sie aufbrechen, und vermutlich würde sich innerhalb der nächsten Mondphase zeigen, ob Tharadors Entscheidung richtig war oder sie alle ins Verderben führte.
»Wir können nicht mehr zurück«, sagte sie ruhig, als sie bemerkte, was in Tharador vorging. Ihre Stimme war so warm und sanft, dass Tharador ein kleines Lächeln über die Lippen huschte, das die Sorgen für einen kurzen Moment aus seinen Gedanken vertrieb.
»Du meinst vielmehr, dass ich nicht mehr umkehren kann«, widersprach er ihr dann doch. »Ich habe euch nie gezwungen, mit mir zu gehen.«
»Und du glaubst, dass wir dich alleine gehen lassen würden?«, fragte sie offen heraus. »Wir kennen uns noch nicht lange, und doch fühlt es sich schon wie mein halbes Leben an. Du und Dergeron, seit ihr beide in mein Leben getreten seid, ist nichts mehr so, wie ich es gewohnt war. Ich kann jetzt nicht mehr zurück. Und Faeron und Khalldeg können es sicherlich auch nicht«, erklärte sie.
Tharador blickte ihr tief in die Augen und fand darin weder Trauer noch ein Anzeichen dafür, dass sie ihre Entscheidung bereute. Diese Frau war erstaunlich. Sie brachte die Dinge ebenso direkt zur Sprache wie Faeron, nur auf eine andere Art – eben menschlicher – als der häufig rätselhafte und melancholische Elf.
Und doch war etwas entscheidend anders.
Sie hatten beinahe eine Mondphase Zeit gehabt, sich näher kennen zu
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