Die Chroniken des Paladins 03. Das Buch Karand - Bellem, S: Chroniken des Paladins 3 Buch Karand
»Die nächste Zeit dürfen wir uns keine Störung erlauben; sonst könnte er sein Rückgrat wiederfinden.«
»Das könnte ich ihm rasch brechen.« Verren lachte verschlagen.
»Erst, wenn er mich zur Gräfin gemacht hat, Liebster«, flüsterte sie. »Du solltest ihn nicht warten lassen.«
Verren spannte die sehnigen Muskeln an. Seine Zähne mahlten aufeinander. »Er wartet so lange, wie es mir passt.«
Alynéa bedachte ihn mit einem entwaffnenden Lächeln. »Liebster, noch bin ich nicht Gräfin, und du bist noch nicht mein Gemahl.«
»Erst Shango, dann Dergeron und nun dieser Schwächling.« Verren trat einen schnellen Schritt auf sie zu und zog sie mit einem kräftigen Ruck zu sich heran. »Wann gehörst du endlich mir allein?«
Sie wand sich geschickt aus seiner Umklammerung und hielt ihn eine Armeslänge auf Abstand: »Erst muss ich Gräfin sein, Cantas. Erst dann.«
»Treib keine Spielchen mit mir«, knurrte er leise und verließ das Zimmer.
Schnaubend und fluchend stapfte er durch die verlassenen Gänge. Die Sonne war längst untergegangen, und jeder Diener, der nicht zwingend Dienst verrichten musste, hatte sich vor einen wärmenden Kamin verzogen oder unter warme Decken verkrochen.
Wer könnte mich jetzt noch aufhalten? , dachte Verren. Seine Finger wanderten verspielt über den Knauf des Schwertgriffs.
Vor der Tür des Grafen hielt er inne.
Wer kann mich aufhalten? , ging es ihm erneut durch den Kopf.
Seine Hand schloss sich um den Türgriff. Er wusste, wie das Arbeitszimmer des Grafen aussah. Er könnte die Tür aufstoßen und Totenfels mit zwei langen Schritten erreichen. Ein sauberer Schnitt durch die Kehle, und alles wäre vorbei.
Alles wäre vorbei.
Ganz Totenfels würde in einen Bürgerkrieg stürzen. Aus jedem Winkel würden entfernte Verwandte des Grafen auftauchen und den Thron für sich beanspruchen. So uneins sie auch wären, in einem Punkt würden sie rasch übereinkommen: Man würde Alynéa aus der Stadt jagen, wenn man sie nicht gar tötete.
Verren zog die Hand zurück und klopfte stattdessen zweimal laut gegen die schwere Holztür.
»Ja?«, erklang die Stimme des Grafen aus dem Inneren.
Verren öffnete die Tür und trat ein. Zu seiner Überraschung hatte Totenfels zwei Soldaten neben dem Eingang postiert.
Totenfels entging der Augenblick der Unsicherheit nicht: »Da mein Kommandant samt meinem Leibwächter getötet wurde, hielt ich es für angemessen, mir neue Bewacher zu besorgen. Besonders im Hinblick auf die letzten Ereignisse.«
»Es sind Eure Männer, nicht meine«, gab Verren zurück.
»Ihr wart doch auch auf dem Gipfel«, fuhr der Graf ungerührt fort. »Was ist dort oben geschehen?«
»Das wisst Ihr bereits. Wir gerieten in einen Hinterhalt von Dergerons Mitverschwörern.«
»Ja, aber wieso ausgerechnet dort? Wieso habt ihr euch dort getroffen?«
Verren zögerte kurz und suchte nach einer Erklärung für die Schwachstelle ihrer Lüge. »Wie es scheint, Herr, hat Dergeron einen Pakt mit den Gnomen geschlossen.«
»Einen Pakt?«
»Unter den Todfelsen sammelt sich eine gewaltige Armee, mein Herr. Offenbar hat Dergeron nicht nur für Euch Krieger ausgewählt.«
»Er wollte Totenfels angreifen?«
»Mehr als das. Dieses Heer wäre zusammen mit Euren Männern gewaltig genug, um alle Ländereien von hier bis zur Westküste im Sturm zu erobern.«
Seine Äußerung ließ die beiden Soldaten unruhig von einem Fuß auf den anderen treten.
»Und das ist Eure Einschätzung als Spielmann?«, fragte der Graf abfällig und verdeutlichte damit seine geringe Meinung von Verren.
Der Meuchler ignorierte die Beleidigung, wohl wissend, dass Totenfels den längeren Arm besaß. Noch.
»Nein, das ist meine Einschätzung als Mann, der schon in hunderten Gefechten gestanden hat. Die Gnome sind kein Gegner, den man unterschätzen sollte, Herr.«
»Also hinterging mich Dergeron tatsächlich«, sagte Totenfels schließlich nach einer kurzen Pause.
»Ja.«
»Und nun brauche ich einen neuen Kommandanten«, fuhr Totenfels fort. »Einen Mann, dem ich vertrauen kann. Uneingeschränkt. Meine bezaubernde Verlobte schlägt jemanden vor, den ich nicht kenne – den sie aber seit Jahren kennt. Also sagt, kann ich Euch vertrauen?«
»Ihr solltet dem Urteil Eurer Verlobten vertrauen«, gab Verren zurück.
Totenfels nickte langsam. Er wirkte in Gedanken versunken.
»Sie ist so anders als meine erste Frau«, sagte er plötzlich. »Voller Geheimnisse und Überraschungen. Manchmal strahlen ihre
Weitere Kostenlose Bücher