Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
dem ich zu vermuten begann, dass Sartol mit den Fremden verbündet war - ein Verdacht, den er am folgenden Abend in Wasserbogen bestätigte. Die Männer, denen wir dort begegneten, haben Sartol erkannt; einer von ihnen setzte sogar dazu an, mit ihm zu sprechen. Deshalb versuchte ich Sartol davon abzuhalten, sie zu töten, und deshalb war ich so zornig, als er es trotzdem tat. Ich wollte diese Männer verhören, wollte herausfinden, wer sie waren und woher sie kamen. Aber dank Sartol war das unmöglich. Als sich Sartol aufmachte, um den Bewohnern der Stadt zu helfen, und man mich ins Gefängnis brachte, schlich sich Orris auf den Marktplatz. Dort fand er die mörderischen mechanischen Vögel, von denen ich zuvor gesprochen habe, und die seltsamen Stäbe, die auf Knopfdruck Flammen spuckten.«
»Ja, ja«, schnitt Sartol dem Eulenmeister verächtlich das Wort ab. »Das haben wir alles schon gehört, Baden. Aber wo sind deine Beweise?« Er lächelte - er musste einfach lächeln, denn die Sache fing an, ihm Spaß zu machen. »Du kannst solch lächerliche Behauptungen nicht einfach aufstellen und erwarten, dass wir dir ohne Beweise glauben.« Baden starrte ihn wütend an. Vielleicht war ihm sogar bereits der Verdacht gekommen, dass Sartol herausgefunden hatte, was er zu seiner Verteidigung plante. Aber Sartol erhielt nicht die Gelegenheit, über diese Möglichkeit weiter nachzudenken. Denn in diesem Augenblick schwangen die großen Holztore am anderen Ende der Halle langsam auf, und Sonel betrat den Versammlungssaal. Dies allein hatte nicht viel zu bedeuten - Niall hatte ja erwähnt, dass sie davongekommen war, und Sartol hatte angenommen, dass sie vielleicht auftauchen würde. Aber dann sah er, wie sie Baden anschaute, sah, wie sich ein Lächeln über ihr Gesicht ausbreitete und sie ihm zunickte. Sartol starrte Niall an und entdeckte, dass der Eulenmeister seinen Blick grinsend erwiderte: ein widerwärtiges, herausforderndes Grinsen, dessen Bosheit bis in die dunklen Augen des älteren Magiers drang. »Du verlangst Beweise, Sartol?«, rief Baden triumphierend. »Dann sollst du sie bekommen!«
Und mit einem Gefühl, als hätte man ihn direkt an den Rand eines gewaltigen Abgrunds geschleudert und den eigenen Tod schmecken lassen, musste Sartol mit ansehen, wie Alayna und Jaryd den Saal betraten und ihre wunderbaren Falken und einen Gegenstand mitbrachten, den er kaum begreifen konnte.
9
A m Tag zuvor, als er Sonel durch die schattendunklen Gassen und die Menschenmenge auf Amarids altem Markt gefolgt war, hatte es einen Augenblick gegeben, in dem Niall von einer seltsamen Begeisterung ergriffen wurde und die Spannung und die Gefährlichkeit dessen, was er tat, ihn berauschten. Über die Zufriedenheit und den Stolz hinaus, vom amtierenden Weisen für eine solch schwierige Aufgabe ausgewählt worden zu sein, genoss er auch die Herausforderung, die Eulenmeisterin unbemerkt zu verfolgen. Es schien unter den Umständen ein wenig seltsam, aber es machte ihm Spaß.
Sonel war sich offenbar durchaus der Gefahr bewusst, dass Sartol sie verfolgen lassen könnte, und nahm eine umständliche Route zum Falkenfinderwald, kehrte mehrmals auf ihrem eigenen Weg zurück und bewegte sich unberechenbar durch die verschiedenen Viertel der Stadt. Zweimal hätte Niall sie beinahe verloren: einmal in dem Labyrinth kopfsteingepflasterter Gassen, die zwischen den weißen und grauen Gebäuden Amarids hindurchführten, und ein zweites Mal in dem Gewimmel inmitten des alten Stadtkerns. Beide Male allerdings gelang es ihm, sie wiederzufinden. Er hatte erwartet, dass Badens Auftrag sie irgendwann aus der Stadt herausführen würde, und da der Larian Amarid an drei Seiten umfloss, ging er davon aus, dass sie eine der Brücken benutzen würde. Zu wissen, wo sie wieder auftauchen würde, machte die Verfolgung viel einfacher. Seine Aufgabe wurde etwas schwerer, nachdem Sonel den Wald betreten hatte. Er wusste, wie schwierig es sein würde, lautlos durch den Wald zu schleichen, wollte sie aber auf keinen Fall so viel Abstand gewinnen lassen, dass sie ungesehen vom Weg abbiegen konnte, und daher bewegte sich Niall mit quälender Sorgfalt. Es zahlte sich aus. Bis schließlich die Nacht hereinbrach, war Sonel offenbar überzeugt, dass niemand ihr folgte. Warum sonst hätte sie sich den Weg mit ihrem hellgrünen Ceryll beleuchtet und sich nicht die Mühe gemacht, das Schimmern zu dämpfen? Dies gab Niall die Gelegenheit, ihr in erheblich sichererer
Weitere Kostenlose Bücher