Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
habt«, sagte er schließlich.
»Wir verfügen über einige Beweisstücke, die einen Teil der Geschichte belegen«, erwiderte Jaryd vorsichtig. »Den Rest wirst du uns glauben müssen.«
Alayna fuhr sich mit der Hand durch ihr langes Haar. »Wir hätten mehr gehabt - Orris hat die Waffen gesehen, die die Fremden benutzten -, aber Sartol hat sie alle zerstört.« »Ihr habt gesehen, wie er das tat?«
Sie schüttelte den Kopf. »Wir können nur annehmen, dass er es getan hat.«
Niall holte abermals tief Luft. »Vielleicht solltet ihr mir eure Beweise zeigen. Wir werden sehen, ob es genügt.« Es genügte beinahe. Niall fand die Beweise zwar nicht vollkommen überzeugend, aber es reichte aus, um seinen Glauben an Sartol zutiefst zu erschüttern. Jaryd und Alayna waren eindeutig in Therons Hain gewesen, wie sie behaupteten. Aber obwohl die Gegenstände, die sie angeblich in Wasserbogen mitgenommen hatten, seltsam, ja sogar fremdartig aussahen, bewiesen sie nicht unbedingt, dass die Angriffe von Fremden durchgeführt worden waren. »Ihr werdet diese Geschichte dem Rest des Ordens erzählen müssen«, sagte er den jungen Magiern und brach damit das ausgedehnte Schweigen, das ihrer Beschreibung der Ereignisse vor Therons Hain und in der zerstörten Stadt gefolgt war.
»Ihr werdet mit mir kommen und morgen an der Verhandlung teilnehmen.«
»Nein«, mischte sich Sonel zum ersten Mal seit Nialls Eintreffen auf der Lichtung ein.
»Du bist nicht in der Position, mir zu widersprechen, Sonel. Man hat mir die Autorität übertragen -«
»Ich weiß, dass du nicht dumm bist, Niall«, unterbrach ihn die Eulenmeisterin mit ruhiger Stimme. »Ich weiß ebenso, dass du niemals wissentlich dem Orden oder einem seiner Mitglieder schaden würdest.« Sie trat vor, mit geradem Rücken und hoch erhobenem Kopf, bis sie direkt vor ihm stand und ihre Augen, grün wie das Gras der Lichtung, auf gleicher Höhe waren wie seine. »Aber es kommt mir so vor, als hättest du diesen beiden da nicht zugehört. Sie sind die einzigen Zeugen für Sartols Verbrechen. Er hat schon einmal versucht, sie umzubringen. Wenn du sie nach Amarid zurückbringst, wird er es zweifellos wieder versuchen.« »Ich habe eine Verantwortung gegenüber dem Orden, Sonel!«, entgegnete Niall. »Du bezichtigst Sartol des Verrats und des Mordes, aber er behauptet, dass Baden und Orris diese Verbrechen begangen haben und nicht er. Ich kann selbst nicht entscheiden, wer lügt und wer die Wahrheit sagt. Das muss der gesamte Orden herausfinden.« »In Ordnung«, erwiderte sie freundlich. »Aber niemand hat diese beiden irgendwelcher Verbrechen bezichtigt - es hieß immer nur, sie seien tot. Deine Pflicht gegenüber dem Orden schließt doch zweifellos nicht ein, ihr Leben in Gefahr zu bringen.«
»Ich kann nicht sicher wissen, dass ihr Leben in Gefahr ist. Ich habe nur dein Wort dafür und das ihre.«
»Die Möglichkeit allein sollte genügen!«, fauchte Sonel, deren Geduld abrupt ein Ende gefunden hatte. »Denk doch daran, was du gerade von ihnen gehört hast! Sieh dir noch einmal an, was sie mitgebracht haben! Es sollte genügen! Es sei denn, deine Loyalität gehört eher Sartol als Tobyn- Ser.«
Niall wich zurück, als hätte sie ihn geschlagen. »Wie kannst du es wagen, so etwas auch nur anzudeuten!«, keuchte er. Sonel begegnete ungerührt seinem zornigen Blick. »Ich habe nichts über dich gesagt, was du nicht bereits über mich gedacht hast.«
Niall öffnete den Mund, eine Erwiderung auf den Lippen. Dann schloss er den Mund wieder. Sie hatte selbstverständlich Recht. Er hatte sie ebenfalls im Geist des Verrats bezichtigt. Sartol hatte ihn vor den Gefahren gewarnt, die mit der Entdeckung einer Verschwörung verbunden sind, und von der Notwendigkeit gesprochen, nicht in Panik zu geraten. Aber, so begriff Niall plötzlich, der Eulenmeister hatte auch alles getan, um Nialls Ängste zu nähren und ihn zu ermutigen, überall Verschwörer zu wittern. Was hervorragend zu Alaynas und Jaryds Geschichte passte: Falls es Sartol gelingen sollte, ein Klima gegenseitiger Verdächtigungen unter den Magiern zu schaffen, würde der Verdacht nicht auf ihn fallen.
»Ich weiß nicht, welcher von uns der stärkere Magier ist, Niall«, sagte Sonel gerade, »aber ich würde annehmen, dass der Unterschied wenig ausmacht. Wenn du Jaryd und Alayna zurück in die Stadt bringen willst, wirst du erst gegen mich antreten müssen. Und mit diesen beiden auf meiner Seite hast du keine Chance. Also
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