Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
aber sobald die Angriffe begannen ...» Er hielt inne und schüttelte den Kopf. »Die Untätigkeit des Ordens ist unverzeihlich. Ihr seid träge geworden. Was ist mit Amarids Gesetzen? Was ist aus Eurer Verpflichtung geworden, die Menschen dieses Landes zu schützen?«
»Wir sind hier, Wolfsmeister«, sagte Baden schlicht. »Zwar spät, aber wir sind hier.«
»Ja«, fauchte Phelan verächtlich. »Zuerst ignoriert ihr das Problem, und nun kommt ihr zu mir und hofft, dass ich euch vor eurem Versagen retten kann. Was hat eure Eulenweise die ganze Zeit getrieben? Wäre ich noch Oberhaupt des Ordens, dann hätten die Angriffe schon lange ein Ende gefunden.«
»Unsere Weise ist tot«, zischte Baden gereizt. »Der Verräter hat sie getötet.«
»Nun, vielleicht wird ja ein neues Oberhaupt besser für den Orden sein.«
»Das reicht jetzt!«, rief Baden, trat einen Schritt vor und ignorierte das Knurren des Wolfs. »Jessamyn war ein weises und mutiges Oberhaupt, und ich werde nicht zulassen, dass jemand schlecht von ihr spricht! Selbst du nicht, Phelan! Vielleicht konnte zu deiner Zeit ein Weiser dem gesamten Orden seinen Willen aufzwingen, aber heute führt ein Weiser nur mit Zustimmung der anderen, zum Guten oder zum Schlechten. Wir sind alle für das verantwortlich, was geschehen ist. Wir alle! Nicht nur Jessamyn!« Lange Zeit starrte der Wolfsmeister Baden nur an, seine Augen kalt und hell, sein Mund eine dünne, angespannte Linie. Dann breitete sich langsam ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. »Es steckt also doch noch Leidenschaft in dir«, stellte er fest. »Vielleicht ist noch nicht alles verloren.« Badens Miene hatte sich nicht verändert. »Wir haben keine Zeit für so etwas. Hast du nun vor, uns zu helfen, oder nicht?«
Wieder antwortete der Geist nicht sofort. Stattdessen ließ er den Blick von Baden zu den anderen Magiern und dann wieder zurück zum Eulenmeister wandern. »Ich werde für euch tun, was ich kann«, erwiderte er schließlich. »Aber um ehrlich zu sein, das ist nicht viel.«
»Kannst du uns helfen, die Fremden zu finden?«
»Ich kann euch sagen, wo sie sind.«
»Kannst du uns zu ihnen bringen?«
Phelan schüttelte den Kopf. »Nein. Wie ich schon sagte, meine Fähigkeit, euch zu helfen, ist begrenzt. Ich kann euch sagen, wo sie sind, aber bis ihr dort hinkommt, werden sie schon weitergezogen sein. Und allein kann ich nicht auf bedeutungsvolle Weise mit eurer Welt in Beziehung treten.«
»Aber ich dachte, die Unbehausten wären reiner Ausdruck von Magie«, warf Jaryd ein. »Ihr existiert als pure Macht, nicht wahr?«
Phelan sah den jungen Magier mit unverhohlener Neugier an. »Das ist wahr«, bestätigte er, »und daher habe ich keinen Einfluss auf die körperliche Welt.«
»Aber du könntest uns töten, wenn du wolltest«, hakte Jaryd unbeirrt nach, »genau wie Theron jene getötet hat, die sich in seinen Hain wagten.«
»Das ist eine interessante Art zu argumentieren«, bemerkte der Geist mit einem spöttischen Lächeln. »Ich kann mich aus meinen Lebzeiten an ähnliche Geschichten über Therons Hain erinnern. Der Eulenmeister war der Erste von uns, und bei weitem der Mächtigste. Seine Fähigkeit, Dinge in der wirklichen Welt zu verändern, mag meine und die meiner Brüder und Schwestern überschreiten. Ich weiß es nicht.« Er wandte sich wieder Baden zu. »Dein Freund hat Recht. Wir sind die Verkörperung reiner Magie. Aber unsere Macht ist begrenzt, zumindest, wenn wir auf uns allein gestellt sind.«
Baden sah den Geist forschend an. »Das ist nun das zweite Mal, dass du diesen Punkt betonst. Bedeutet das, dass du zusammen mit den anderen Unbehausten mehr erreichen könntest?«
»Ja. Soweit ich weiß, könnten wir etwas in eurer Welt bewirken, wenn wir alle gemeinsam handelten. Aber«, fuhr er mit einer Spur von Trauer fort, »das ist in den vierhundert Jahren seit meinem Tod nie geschehen.« Wieder warf er Jaryd einen Blick zu. »Therons Verbitterung gegen den Orden hält bis heute an. Er ist mächtiger als jeder von uns, vielleicht sogar mächtiger als wir alle zusammen. Ohne seine Mitarbeit können wir euch nicht helfen, und er würde jede Anstrengung, die wir unternehmen, um etwas für euch zu tun, sofort zunichte machen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er mit uns zusammenarbeiten würde.«
Jaryd grinste. »Vielleicht würde er dich überraschen.« Und als er den Stab hob, den er an seiner Seite gehalten hatte, sah der Falkenmagier, wie der Geist staunend die Augen
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